JudikaturVfGH

U32/2014 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
24. September 2015

Spruch

Die Beschwerde wird für gegenstandslos erklärt und das Verfahren wird eingestellt.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

1. Mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 27. November 2013 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes, mit welchem dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß §9 Abs2 Z3 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005), BGBl I 100 idF BGBl I 122/2009, von Amts wegen aberkannt, die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß §9 Abs4 AsylG 2005 entzogen und festgestellt wurde, dass im Hinblick auf die getroffenen Länderfeststellungen eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan unzulässig sei, abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die – vorliegende – auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet sowie die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung begehrt wird. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Jänner 2014 ist der Beschwerde gegen die angefochtene Entscheidung die aufschiebende Wirkung gemäß §85 Abs2 und 4 VfGG zuerkannt worden.

2. Aus Anlass des Beschwerdeverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof am 3. Juli 2015 beschlossen, die Verfassungsmäßigkeit des §9 Abs2 Z3 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen. Wie dem Verfassungsgerichtshof nach diesem Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 10. August 2015 bekannt gegeben wurde, wurde dem Beschwerdeführer – in Folge einer neuerlichen Asylantragstellung – mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. Dezember 2014 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

3. Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes gemäß §86 VfGG gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er sich nicht als klaglos gestellt erachte, weil durch die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27. November 2013 und die erst am 11. Dezember 2014 erfolgte Zuerkennung des Status des Asylberechtigten eine "aufenthaltsrechtliche Lücke" entstanden sei, die konkrete Nachteile beim Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft oder bei einer etwaigen Erlangung des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt – EU" bewirke.

4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes führt nicht nur die formelle Aufhebung des angefochtenen Bescheides oder wie im vorliegenden Fall der angefochtenen Entscheidung des Asylgerichtshofes, sondern auch der Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Zuge eines verfassungsgerichtlichen Verfahrens zu dessen Einstellung, weil der Verfassungsgerichtshof im Rahmen einer nach Art144 B VG erhobenen Beschwerde zu einer rein abstrakten Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Entscheidung nicht berufen ist. Ergibt sich im Zuge eines derartigen Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, dass eine fortwirkende Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers durch die angefochtene Entscheidung nicht (mehr) gegeben ist, sodass auch eine stattgebende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes keine (weitere) Veränderung seiner Rechtsposition bewirken würde und die in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen damit nicht mehr fallbezogene, sondern nur noch theoretische Bedeutung besitzen, dann führt dies zur Einstellung des verfassungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. zB VfSlg 17.291/2004, 16.228/2001, 15.209/1998).

Die angefochtene Entscheidung des Asylgerichtshofes ist zwar nicht mit einem formellen Akt aus dem Rechtsbestand beseitigt worden, mit der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde dem Anliegen des Beschwerdeführers im Ergebnis jedoch in bestmöglicher Weise Rechnung getragen. Damit sind aber die vom Beschwerdeführer behaupteten nachteiligen Folgen (nämlich der Verlust des Aufenthaltsrechts) der angefochtenen Entscheidung (materiellrechtlich) beseitigt. Selbst eine Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof würde keine Veränderung der Rechtsposition des Beschwerdeführers bewirken.

5. An diesem Ergebnis vermag der mit Schriftsatz vom 4. September 2015 geltend gemachte Einwand, dass durch die auf Grund der angefochtenen Entscheidung und der erst ein Jahr später erfolgten Zuerkennung des Asylstatus bedingte "aufenthaltsrechtliche Lücke" im Hinblick auf den Erwerb eines dauerhaften Aufenthaltstitels bzw. der österreichischen Staatsbürgerschaft ein konkreter Nachteil bewirkt werde, aus folgendem Grund nichts zu ändern: Mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verfassungsgerichtshof mit dem oben genannten Beschluss vom 17. Jänner 2014 wurde der Eintritt der Rechtswirkungen der angefochtenen Entscheidung insgesamt hinausgeschoben. Die angefochtene Entscheidung vermochte also vorläufig keine Rechtswirkungen zu entfalten (vgl. VfSlg 17.510/2005, 7433/1974). Durch die gewährte aufschiebende Wirkung der Beschwerde wurde daher auch der durch die angefochtene Entscheidung bewirkte Verlust der befristeten Aufenthaltsberechtigung iSd §8 Abs4 AsylG 2005 aufgeschoben, sodass die vom Beschwerdeführer befürchtete "aufenthaltsrechtliche Lücke" nicht eintritt.

6. Der Beschwerdeführer ist somit durch die angefochtene Entscheidung nicht mehr beschwert, weshalb die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren hierüber in sinngemäßer Anwendung des §86 VfGG einzustellen ist.

7. Kosten sind nicht zuzusprechen, weil eine Klaglosstellung iSd §88 VfGG nicht vorliegt (zB VfSlg 19.502/2010, 18.868/2009, 18.434/2008, 18.172/2007, 17.291/2004).

8. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z3 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöf-fentlicher Sitzung beschlossen werden.

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