E599/2014 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.
II. Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
III. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Verfassungsgerichtshof kann die – auch weitere – Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 und 4 B VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Die vorliegende Beschwerde wendet sich gegen einen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten, mit dem ein – als Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers gedeutetes – Ersuchen des Beschwerdeführers in einer agrarrechtlichen Angelegenheit unter Berufung darauf, dass eine solche Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers gemäß §40 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG) nur in Beschwerdeverfahren betreffend Verwaltungsstrafsachen zulässig sei, als unzulässig zurückgewiesen wurde.
Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 Z1 litb B VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §40 VwGVG idF BGBl I 33/2013 ein. Mit Erkenntnis vom 25. Juni 2015, G7/2015, hob er die genannte Bestimmung als verfassungswidrig auf.
Die Beschwerde rügt die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art7 Abs1 B VG). Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.
Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit des §40 VwGVG behauptet wird, ist es im Hinblick auf das dazu durchgeführte Gesetzesprüfungsverfahren G7/2015, mit dem diese Bestimmung als verfassungswidrig aufgehoben wurde, einerseits und den Inhalt des angefochtenen Beschlusses andererseits ausgeschlossen, dass die Anwendung dieser Bestimmung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Die Aufhebung der genannten Bestimmung ändert nichts daran, dass der vom Beschwerdeführer angefochtene Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten keine Verletzung in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes erkennen lässt, weil ein Anspruch auf Verfahrenshilfe bei Streitigkeiten über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen nicht unmittelbar auf Art6 Abs1 EMRK gestützt werden kann.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen und sie gemäß Art144 Abs3 und 4 B VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).
Die Beschwerde hat die amtswegige Prüfung einer Norm – mit Erfolg – angeregt und dadurch zur Bereinigung der Rechtslage beigetragen; es waren daher Kosten zuzusprechen (vgl. VfSlg 17.089/2003, VfGH 12.3.2009, B1914/07; 30.6.2012, B1060/11).
Die Kostenentscheidung beruht auf §88a Abs1 iVm §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– enthalten. Die als "Erhöhungsbeitrag (ERV)" geltend gemachten Kosten in Höhe von € 1,80 sind schon deshalb nicht zuzusprechen, weil diese bereits mit dem Pauschalsatz abgegolten sind (vgl. VfGH 21.2.2014, B1446/2012; analog VfSlg 16.857/2003).