JudikaturVfGH

E2509/2023 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
29. Februar 2024

Spruch

I. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.

II. Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft) ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

1.1. Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Freiheit der Erwerbsbetätigung, Berufswahl und Berufsausübung sowie auf Unternehmensfreiheit. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien in jeder Hinsicht rechtmäßig ergangen ist, insoweit nicht anzustellen.

1.2. Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungs- bzw Gesetzwidrigkeit näher genannter Bestimmungen der GewO 1994 sowie der Gastgewerbe Verordnung behauptet wird, ist das Folgende festzustellen:

1.2.1. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 B VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §1 Abs1 Z2 Gastgewerbe Verordnung, BGBl II 51/2003, ein. Mit Erkenntnis vom 28. Februar 2024, V362/2023, hob er §1 Abs1 Z2 Gastgewerbe Verordnung, BGBl II 51/2003, als gesetzwidrig auf, sodass Universitätsabschlüsse und Masterabschlüsse von Universitätslehrgängen nicht mehr als Befähigungsnachweis iSd §1 Abs1 Gastgewerbe Verordnung gelten.

1.2.2. Gemäß Art139 Abs6 B VG wirkt die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlassfall zurück. Nach Lage des vorliegenden Falles und im Hinblick auf den Inhalt des angefochtenen Erkenntnisses ist es jedoch von vornherein ausgeschlossen, dass die Anwendung der aufgehobenen Bestimmung der Gastgewerbe Verordnung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig war: Die Aufhebung der angeführten Bestimmung ändert nichts daran, dass die Voraussetzungen für einen Beleg nach §1 Abs1 Z2 Gastgewerbe Verordnung mangels Studienabschlusses des von der beschwerdeführenden Gesellschaft bestellten Geschäftsführers im konkreten Fall nicht vorliegen.

2. Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).

3. Die Beschwerde hat die amtswegige Prüfung einer Norm – mit Erfolg – angeregt und dadurch zur Bereinigung der Rechtslage beigetragen; es sind daher Kosten zuzusprechen (vgl etwa VfSlg 17.089/2003; VfGH 25.6.2015, E599/2014; 30.6.2022, E3788/2020). Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

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