U2718/2012 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene Entscheidung in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art47 Abs2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzt worden.
Die Entscheidung wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.400,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die Beschwerdeführerin reiste am 5. Juni 2011 illegal nach Österreich ein und stellte an eben diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Grund für das Verlassen ihres Herkunftsstaates gab sie an, sie habe sich aktiv bei der politischen Oppositionsbewegung Georgiens betätigt. Ab dem 30. Jänner 2011 sei sie Mitglied der "Sachalcho-Kreba" (Volksversammlung) gewesen. Sie sei von Regierungsleuten bedroht und gewarnt worden, an keinerlei Aktivitäten bei Demonstrationen teilzunehmen, da sie ansonsten mit Sanktionen zu rechnen habe. Am 25. Mai 2011 seien bei einer Demonstration viele Personen umgebracht worden. Aus Furcht habe sie sich deshalb entschieden, ihre Heimat zu verlassen. Im Falle einer Rückkehr befürchte die Beschwerdeführerin, festgenommen oder getötet zu werden. Die Beschwerdeführerin leide an einer chronischen Nierenerkrankung und nehme deshalb täglich Tabletten.
2. Im Verfahren vor dem Bundesasylamt (im Folgenden: BAA) legte die Beschwerdeführerin medizinische Unterlagen vor (Ambulanzbrief vom 27. Juli 2011, Arztbrief vom 12. August 2011), aus denen hervorgeht, dass sie an einer beiderseitigen polyzystischen Nierenerkrankung leide. In dem Arztbrief wird die weitere Abklärung an einer nephrologischen Abteilung einer Klinik empfohlen. Das BAA veranlasste am 6. September 2011 eine "medizinische Befundinterpretation" durch einen Arzt für Allgemeinmedizin. Aus dieser geht hervor, dass die Beschwerdeführerin an einer chronischen und fortschreitenden polyzystischen Nierendegeneration leide, welche früher oder später dialysepflichtig werde. Zum Untersuchungszeitpunkt sei bei der Beschwerdeführerin Reisefähigkeit vorgelegen.
2.1. Das BAA legte seinen Feststellungen zur medizinischen Versorgung in Georgien Länderberichte aus den Jahren 2009 und 2010 zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:
"Medizinische Versorgung
Reformen auf dem Gesundheitssektor wurden weitergeführt. Diese sollen unter anderem die Effizienz erhöhen, und ein angemessenes Gesundheitswesen für schutzbedürftige Gruppen garantieren. Die Reformen beinhalteten eine weitere Privatisierung von medizinischen Einrichtungen für primäre und sekundäre medizinische Versorgung. 2009 wurde ein Programm für kostenlose medizinische Nothilfe und Krankenversicherung gestartet. Dieses sollte dazu beitragen, die nicht unbeträchtlichen Zuzahlungen zu minimieren. Im November 2009 wurde ein Reformkonzept vorgestellt, und eine Umfrage zur Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens durchgeführt.
[…]
(Europäische Kommission: ENP Progress Report - Georgia, 12.05.2010)
Die 16 verschiedenen staatlichen Gesundheitsprogramme, die jeweils bestimmte Bereiche der medizinischen Versorgung umfassen, deckten 2009 18% der Bevölkerung ab. Die erwähnte staatlich subventionierte Krankenversicherung deckte weitere 2,8% ab. Da keine dieser Krankenversicherungen die gesamte medizinische Versorgung umfasst, sind Zuzahlungen üblich. 2009 wurden 70% der Gesundheitsversorgungskosten durch solche Zuzahlungen abgedeckt. Der Großteil der Bevölkerung ist nicht staatlich krankenversichert.
(Anfragebeantwortung von IOM Tiflis […] August 2010, […] Zugriff 24.01.2011)
Unglücklicherweise müssen die Kosten vom Patienten getragen werden. Die Krankenversicherungen decken keine chronischen Erkrankungen. […] Der Großteil der Bevölkerung ist momentan jedoch nicht versichert und muss für die Kosten für die Behandlung in staatlichen und privaten Kliniken selbst aufkommen.
[…]
Dialyse
Patienten, die eine Dialyse benötigen und über ein spezielles medizinisches Attest/Bescheinigung einer Poliklinik verfügen können an dem staatlichen Programm teilnehmen. Die Plätze sind jedoch limitiert, wenn ein Patient (georgischer Staatsbürger) in Georgien ankommt und eine Dialyse benötigt, so sollte er eine der acht Kliniken in Georgien (5 in Tbilisi und drei in den Regionen) kontaktieren. Der Patient wird auf eine Warteliste gesetzt.
(Anfragebeantwortung durch IOM Tiflis, per Email am 30.10.2009)
Die staatlichen Programme sind voll, es gibt für Rückkehrer eigentlich keine Chance, in einem solchen kostenlosen staatlichen Programm unterzukommen. Es gibt aber auch staatliche ambulante Programme, bei denen die Patienten für Dialysebehandlungen (für gewöhnlich dreimal wöchentlich) zu den Kliniken kommen. Eine Behandlung kostet 120 GEL (72 USD), die monatlichen Kosten belaufen sich demgemäß auf rund 872 USD. Man sollte außerdem bedenken, dass die Kliniken über die Rückkehr des Patienten im Vorhinein informiert werden sollten, da es selbst für das bezahlte Programm eine transparente Warteliste für Patienten gibt, die teilnehmen wollen. Diese Kosten sind für einen durchschnittlichen georgischen Staatsbürger nicht leistbar. Es gibt keine NRO oder andere Programme zur Unterstützung von Personen, die die Behandlung selbst bezahlen müssen.
(Anfragebeantwortung durch IOM Tiflis, per Email am 03.08.2009)"
2.2. Wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt, gewährte das BAA der Beschwerdeführerin am 19. Oktober 2011 schriftliches Parteiengehör zu einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 31. August 2011 zum Thema der medizinischen Versorgung in Georgien. Der Inhalt der Anfragebeantwortung findet sich zwar im Verwaltungsakt, wird jedoch im Bescheid des BAA nicht wiedergegeben.
2.3. Mit Bescheid des BAA vom 18. November 2011 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gemäß §3 Abs1 Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien abgewiesen. Außerdem wurde die Beschwerdeführerin gemäß §10 Abs1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Begründend führte das BAA aus, dass dem Vorbringen zu den von der Beschwerdeführerin behaupteten Verfolgungsgründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen sei, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden könne. Der Beschwerdeführerin drohe bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat keine Verletzung in durch Art3 EMRK gewährleisteten Rechten. Die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet verletze die Beschwerdeführerin auch nicht in durch Art8 EMRK gewährleisteten Rechten.
2.4. In der gegen diesen Bescheid des BAA erhobenen Beschwerde führte die Beschwerdeführerin aus, dass das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft geführt und vorgelegte Beweise nicht berücksichtigt worden seien. Die Beschwerdeführerin wies auf die Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und auf die auch aus den Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat Georgien ersichtliche unzureichende medizinische Versorgung mit Dialyse-Möglichkeiten, insbesondere der Überlastung der staatlichen Programme einerseits und die hohen monatlichen von den Patienten zu tragenden Kosten andererseits, hin. Sie beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof und die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides.
2.5. Mit der vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Entscheidung vom 4. Dezember 2012 wies der Asylgerichtshof – ohne eine mündliche Verhandlung durchgeführt zu haben und ohne der Beschwerdeführerin schriftlich die Gelegenheit zum Parteiengehör gegeben zu haben – die Beschwerde gemäß §§3, 8 und 10 AsylG 2005 als unbegründet ab.
2.6. Auf die Erkrankung der Beschwerdeführerin Bezug nehmend führte der Asylgerichtshof – zusammengefasst – aus:
"Die medizinische Befundinterpretation vom 11.10.2011 beruht auf den von der Beschwerdeführerin vor dem Bundesasylamt vorgelegten Befunden und ihren eigenen Ausführungen zu ihrem Gesundheitszustand. Die Beschwerdeführerin stützt sich auch in der Beschwerde selbst auf das Ergebnis der medizinischen Befundinterpretation. Die medizinische Befundinterpretation, die von einem über Jahre bewährten Arzt und gerichtlich beeideten Sachverständigen, […] dessen Objektivität und Fachkenntnis außer Zweifel stehen, erstellt wurde, legt den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin schlüssig und nachvollziehbar dar.
Das Bundesasylamt ist demnach vollkommen zu Recht dem medizinischen Befundbericht gefolgt.
Tatsache ist, dass die Beschwerdeführerin aktuell keine Dialyse benötigt und überhaupt nicht absehbar ist, ob und wann die Beschwerdeführerin mit einer derartigen Behandlung beginnen muss. Im Zeitpunkt der Entscheidung liegt demnach überhaupt kein akutes und lebensbedrohliches Krankheitsbild und demnach keine lebensnotwendige dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit vor. Zum Zeitpunkt der Entscheidung ist demnach Art3 EMRK – was den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin betrifft – überhaupt nicht tangiert.
[…]
Die Überstellungsfähigkeit der Beschwerdeführerin ist laut medizinischer Befundinterpretation gegeben. Zum Entscheidungszeitpunkt besteht – wie dargelegt – auch überhaupt kein unmittelbarer Bedarf zur Dialyse-Behandlung nach einer Rückkehr nach Georgien."
3. Gegen die o.a. angeführte Entscheidung des Asylgerichtshofes richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973 sowie gemäß Art2 und 3 EMRK behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt wird. Die Beschwerdeführerin führt aus, dass sich ihr Gesundheitszustand seit ihrer Einreise in Österreich sehr verschlechtert habe, eine Niere habe mittlerweile entfernt werden müssen. Der Asylgerichtshof habe keinerlei Erhebungen dazu vorgenommen und sie sei durch die Entscheidung völlig überrascht worden. Die Beschwerdeführerin habe damit gerechnet, dass ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme gegeben oder wie von ihr beantragt, eine mündlichen Beschwerdeverhandlung stattfinden werde. Zeitgleich mit der Erlassung der negativen Entscheidung des Asylgerichtshofes hätte sie aktuelle ärztliche Unterlagen vorlegen wollen, die nun keine Berücksichtigung mehr gefunden hätten. Der Asylgerichtshof habe sich auch mit den Feststellungen der Erstbehörde zur medizinischen Versorgung in Georgien, im Speziellen zur unzureichenden Versorgung Nierenkranker und Dialyse-Patienten nicht auseinandergesetzt.
4. Der belangte Asylgerichtshof legte im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte im Übrigen die Beschwerde abzuweisen.
II. Erwägungen
1. Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:
1.1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach festgehalten hat, bewirkt das Absehen von einer – hier im Lichte des §41 Abs7 AsylG 2005 gebotenen – mündlichen Verhandlung durch den Asylgerichtshof eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art47 Abs2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (zB VfGH 13.3.2013, U1175/2012 ua.; 26.6.2013, U1257/2012; 21.2.2014, U2600/2013; 6.6.2014, U1258/2013 ua.).
1.2. Ein derartiger Fehler ist dem Asylgerichtshof anzulasten:
1.2.1. Der Asylgerichtshof stellt zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin in seiner, etwas mehr als ein Jahr nach der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides ergangenen Entscheidung fest, dass die Überstellungsfähigkeit der Beschwerdeführerin laut medizinischer Befundinterpretation gegeben und zum Entscheidungszeitpunkt auch überhaupt kein unmittelbarer Bedarf zur Dialyse-Behandlung vorhanden sei. Der Asylgerichtshof trifft jedoch keine eigenen Feststellungen zum aktuellen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin und zur medizinischen Versorgung im Herkunftsstaat Georgien, obwohl diese dazu in ihrer Beschwerde an den Asylgerichtshof ein Vorbringen erstattete.
1.2.2. Vor dem Hintergrund der im erstinstanzlichen Verfahren erfolgten "medizinischen Befundinterpretation" durch einen Facharzt für Allgemeinmedizin, aus dem hervorgeht, dass bei der Beschwerdeführerin ein dauernder Behandlungsbedarf gegeben sei, da sie an einer chronischen und fortschreitenden polyzystischen Nierendegeneration leide, welche früher oder später dialysepflichtig werde, hätte der Asylgerichtshof im Hinblick auf die seither verstrichene Zeit vor Erlassung seiner Entscheidung aktuelle Feststellungen zum Gesundheitszustand – sei es etwa durch Einholung eines Gutachtens eines entsprechenden Facharztes – treffen müssen (vgl. etwa die Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 10.1.2013, D3 422578-1/2011/11E). Tatsächlich hat sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin seit der erstinstanzlichen Entscheidung wesentlich geändert. Wie nämlich aus den dem Verfassungsgerichtshof von der Beschwerdeführerin übermittelten Unterlagen hervorgeht, wurde ihr am 26. September 2012 eine Niere entfernt.
1.2.3. Daher war der Sachverhalt betreffend den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Entscheidung des Asylgerichtshofes nicht geklärt. Der Asylgerichtshof führte jedoch keine eigenen Ermittlungen durch, sondern stützte die angefochtene Entscheidung – ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung – inhaltlich auf die Beweiswürdigung der ersten Instanz. Nach der Art der Erkrankung an der die Beschwerdeführerin leidet (polyzystische Nierendegeneration mit der Möglichkeit eines Nierenversagens) hätte der Asylgerichtshof den Sachverhalt auch im Hinblick auf eine mögliche Verletzung des Art3 EMRK ermitteln und eine mündliche Verhandlung durchführen müssen (vgl. zB die Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 10.1.2013, D3 422578-1/2011/11E).
2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
Ein willkürliches Verhalten des Asylgerichtshofes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
1.3. Ein derartiger Fehler ist dem Asylgerichtshof unterlaufen:
1.4. Der Asylgerichtshof hat es trotz aktenkundiger Hinweise auf die progrediente Nierenerkrankung der Beschwerdeführerin, die in die gutachtliche Prognose mündeten, dass die Patientin "früher oder später" dialysepflichtig werde, verabsäumt, sich – im Hinblick auf den mittlerweile verstrichenen Zeitraum von rund 15 Monaten nach der erstinstanzlichen Befundung und Begutachtung – ein Bild über den aktuellen Leidenszustand der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt seiner Entscheidung über die Beschwerde zu verschaffen. Es blieb daher auch ungeprüft, ob der Beschwerdeführerin infolge ihres Gesundheitszustandes für den Fall der Ausweisung eine Verletzung in durch Art3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten drohte. Eine solche nähere Prüfung lag im Hinblick auf die Länderberichte über den Stand des Gesundheitswesens in Georgien auch nahe. Der Asylgerichtshof hat daher die Ermittlungen in wesentlichen Punkten unterlassen und dadurch Willkür geübt.
III. Ergebnis
1. Die Beschwerdeführerin ist somit durch die angefochtene Entscheidung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art47 Abs2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzt worden.
2. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,– enthalten. Der Ersatz der Eingabegebühr im Ausmaß von € 220,– ist nicht zuzusprechen, da die Eingabegebühr auf Grund der in diesem Umfang bewilligten Verfahrenshilfe nicht geschuldet war.