G106/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Leitsatz
Abweisung eines Gerichtsantrags auf Aufhebung einer Bestimmung der Jurisdiktionsnorm betreffend die Einzelrichterzuständigkeit bei Rechtsmittel gegen Entscheidungen über die Gebühren der Sachverständigen und Dolmetscher an Landesgerichten; kein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot durch Zuständigkeit eines Einzelrichters anstelle eines Senats aus Gründen der Verfahrensökonomie; kein Verstoß gegen das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und gegen den Grundsatz der festen Geschäftsverteilung durch die Wahl des Entscheidungsorgans aus Mitgliedern eines zuständigen Senates; fehlende – im Voraus festgelegte – Bestimmung des Entscheidungsorgans stellt Vollziehungsfehler dar
Mit der vom antragstellenden Gericht bekämpften Festlegung der Einzelrichterzuständigkeit für Rechtsmittel gegen Entscheidungen über die Gebühren der Sachverständigen und Dolmetscher in §8a JN idF BGBl I 111/2010 (anstelle der sonst im Rechtsmittelverfahren vorgesehenen Senatszuständigkeit) hat der Gesetzgeber den ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Es liegt kein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot vor, wenn der Gesetzgeber aus Gründen der Verfahrensökonomie für Rechtsmittel gegen Entscheidungen über die Gebühren der Sachverständigen und Dolmetscher in Abweichung von der grundsätzlichen Senatszuständigkeit die Zuständigkeit des Einzelrichters vorsieht. Soweit das antragstellende Gericht vorbringt, dass die Regelung des §8a JN in der Literatur "kritisch bewertet" werde, ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, nicht mit dem Maß des Gleichheitsgrundsatzes gemessen werden kann.
Kein Verstoß gegen ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und den Grundsatz der festen Geschäftsverteilung:
Das antragstellende Gericht erblickt einen Verfassungsverstoß darin, dass im Anwendungsbereich des §8a JN die Vorhersehbarkeit des Spruchorganes nicht gegeben sei, weil das Entscheidungsorgan gemäß §8a JN nicht im Voraus bestimmt, sondern im Einzelfall aus den Mitgliedern eines zuständigen Senates ausgewählt werde. Dem antragstellenden Gericht ist zuzustimmen, dass die gerichtlichen Geschäfte gemäß Art87 Abs3 B‑VG für eine bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen sind. Dass nun im Anwendungsbereich des §8a JN eine solche Verteilung nicht im Voraus erfolgt ist, betrifft nicht die angefochtene Bestimmung des §8a JN. Es handelt sich dabei vielmehr um einen Vollziehungsfehler, weil in der Geschäftsverteilung des antragstellenden Gerichtes keine entsprechende Regelung enthalten ist. Ein solcher Vollziehungsfehler führt allenfalls dazu, dass die Geschäftsverteilung eines Gerichtes rechtswidrig ist.