JudikaturVfGH

G177/2015 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
09. Dezember 2015

Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung der Wortfolge "der Verteidigung" in §393a Abs1 erster Satz StPO idF BGBl I 71/2014 und des §393a Abs1 vierter Satz StPO.

Der Antrag wurde gleichzeitig mit der gegen den Beschuss des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25.03.2015 (betr Zuspruch eines bestimmten Beitrags zu den Kosten der Verteidigung und Abweisung des Mehrbegehrens) erhobenen Beschwerde eingebracht. Auch liegt dem VfGH keine Mitteilung des zuständigen Gerichtes vor, dass die Beschwerde unzulässig sei.

Dass es sich um eine in erster Instanz entschiedene Rechtssache handelt, ist nicht zweifelhaft; die Festsetzung der Höhe des Beitrages zu den Kosten der Verteidigung nach einem rechtskräftigen Freispruch kann nur mittels Rechtsmittels gegen die diesbezügliche Entscheidung (und schon mangels Entscheidung über den Kostenbeitrag im Urteil nicht mit Rechtsmittel in der Hauptsache) bekämpft werden.

Der VfGH kann nicht finden, dass die behauptete Verfassungswidrigkeit der Nichtersatzfähigkeit von Fahrtkosten des Angeklagten zum Gerichtsort durch die allfällige Aufhebung der Worte "der Verteidigung" in §393a Abs1 erster Satz StPO beseitigt würde: Die im Antrag zitierte Judikatur stützt sich in ihrer Begründung, warum Reisekosten (als Barauslagen) von §393a Abs1 StPO nicht erfasst seien, nicht darauf, dass diese keine "Kosten der Verteidigung" darstellten, sondern darauf, dass Fahrtkosten von vornherein vom strafprozessualen Kostenbegriff nicht erfasst seien (vgl §381 Abs1 StPO) und durch die Einführung der Beitragspflicht des Bundes mit dem StrafverfahrensänderungsG 1983, BGBl 168, die den Gesamtumfang des Begriffes der Verfahrenskosten umschreibende taxative Aufzählung des §381 Abs1 StPO nicht erweitert worden sei.

Da das Ziel des Aufhebungsantrages, nämlich den mit dem persönlichen Erscheinen des Angeklagten vor Gericht verbundene Aufwand (Fahrtkosten) ersetzt zu erhalten, durch die Aufhebung der Worte "der Verteidigung" im ersten Satz des §393a Abs1 StPO idF BGBl I 71/2014 also nicht erreicht würde, ist der Antrag bezüglich dieser Worte als unzulässig zurückzuweisen.

Vor dem Hintergrund der von der Antragstellerin dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken erweist sich der Anfechtungsumfang in Bezug auf den vierten Satz in §393a Abs1 StPO als zu eng gewählt:

Wenn die Antragstellerin das Bedenken äußert, dass infolge der im vierten Satz des §393a Abs1 StPO statuierten Beschränkung des Pauschalbeitrages für einen freigesprochenen oder sonst nach Durchführung einer Hauptverhandlung außer Verfolgung gesetzten Angeklagten sogar existenzgefährdende Schäden entstehen könnten, wendet sie sich der Sache nach nicht bloß gegen die im vierten Satz des §393a Abs1 StPO statuierte betragsmäßige Begrenzung des Pauschalbeitrages.

Bei einer bloßen Aufhebung des angefochtenen vierten Satzes des §393a Abs1 StPO würde dem Rest des §393a Abs1 StPO ein Inhalt zukommen, der dem Gesetzgeber nicht zusinnbar ist. Der Gesetzgeber wollte in §393a Abs1 StPO dem freigesprochenen oder sonst nach Durchführung einer Hauptverhandlung außer Verfolgung gesetzten Angeklagten lediglich einen bestimmten Beitrag zu den Kosten der Verteidigung, nicht jedoch eine Entschädigung gewähren, welche die Kosten der Verteidigung - bei einer typisierten Betrachtung - in jedem Fall zur Gänze abdeckt.

(Siehe ebenso G433/2015 vom selben Tag).

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