Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen § 84 Abs 1 StGB über dessen Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe sowie des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 16. April 2025, GZ **-44.2, nach dem unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Mag. Jilke, im Beisein der Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Wolfrum, LL.M. als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart des Oberstaatsanwaltes Mag. Hinterleitner und des Privatbeteiligtenvertreters Ing. Dr. Wolfgang Gappmayer sowie des Angeklagten A* und seines Verteidigers Mag. Markus A. Reinfeld durchgeführten Berufungsverhandlung am 14. Oktober 2025 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 1 StGB schuldig erkannt und dafür zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten ebenso verurteilt wie gemäß § 369 Abs 1 StPO zur Zahlung von 17.160,-- Euro an den Privatbeteiligten B*.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er am 7. Juli 2024 in ** B* am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig eine an sich schwere Verletzung verbunden mit einer länger als vierundzwanzig Tage dauernden Gesundheitsschädigung zugefügt, indem er ihm einen kräftigen Stoß gegen die Brust versetzte, wodurch dieser zu Boden stürzte und ein Schädel-Hirn-Trauma mit Blutung in die Schädelhöhle zwischen harter Hirnhaut und Gehirn und Hirnquetschungen und Einblutungen an der Basis des rechten Stirnlappens sowie eine Prellung der linken Hüfte und Hautabschürfung im Hinterhauptsbereich erlitt.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend keinen Umstand, als mildernd demgegenüber den ordentlichen Lebenswandel.
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 45), in ON 46 ausgeführte Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe sowie des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche, der keine Berechtigung zukommt.
Mit Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) moniert der Angeklagte, dass der vom Erstgericht festgestellte und verletzungsursächliche „kräftige Stoß“ zu unbestimmt sei, aus Sicht des Angeklagten der ausgeführte Stoß nach seinen physischen Möglichkeiten gar kein kräftiger gewesen sein müsse und er deswegen auch nicht hätte vorhersehen müssen, dass ein solcher Stoß den Sturz des Zeugen B* samt festgestellter Verletzung nach sich zöge. Folglich sei lediglich das Grunddelikt des § 83 Abs 2 StGB verwirklicht.
Die prozessordnungsgemäße Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert striktes Festhalten an den tatsächlich getroffenen Urteilskonstatierungen in ihrer Gesamtheit und die auf dieser Grundlage zu führende Darlegung, dass dem Gericht bei Beurteilung des Urteilssachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen ist. Demgemäß liegt keine prozessordnungsgemäße Darstellung eines derartigen Nichtigkeitsgrundes vor, wenn eine im Urteil konstatierte Tatsache bestritten oder übergangen oder aber ein nicht festgestellter Umstand als gegeben angenommen wird (RIS-Justiz RS0099810 [T15]).
Die gegen die Subsumtion nach § 84 Abs 1 StGB gerichtete Kritik übergeht aber die keine Zweifel offen lassende Konstatierung des kräftigen Stoßes durch den Angeklagten gegen die Brust von B*. In der Rechtsmittelschrift geäußerter Zweifel an der Intensität des Stoßes richten sich in Wahrheit gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung. Dass ein als kräftig beschriebener Stoß gegen die Brust den festgestellten Sturz samt Verletzungen zur Folge hat und dies dem Angeklagten auch vorwerfbar ist, ist das Ergebnis einwandfreier rechtlicher Beurteilung.
Die gesetzmäßige Ausführung einer Diversionsrüge nach § 281 Abs 1 Z 10a StPO erfordert eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Tatsachenfeststellungen unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RIS-Justiz RS0124801). Diesen Bezugspunkt verfehlt die Berufung, die das Nichtvorliegen einer Verantwortungsübernahme schlichtweg negiert. Eine solche war nämlich im gesamten Verfahren, in welchem der Angeklagte konsequent den Anklagepunkt in Abrede stellte, nicht einmal ansatzweise zu erkennen.
Die Berufung wegen Nichtigkeit verschlägt daher, gleiches Schicksal ereilt auch jener wegen Schuld.
Die Erstrichterin hat unter Einbeziehung des von allen in der Hauptverhandlung Vernommenen gewonnenen persönlichen Eindrucks in ihrer Beweiswürdigung schlüssig und empirisch einwandfrei dargelegt, aufgrund welcher Verfahrensergebnisse – nämlich der den Angeklagten in eindeutiger, schlüssiger und lebensnaher Weise belastenden Depositionen der Zeugen C* und D*, aber auch E* – sie zur Überzeugung vom konstatierten objektiven Handlungsablauf und der darauf gerichteten subjektiven Tatseite des Angeklagten gelangt ist. Mit der in der Berufungsschrift thematisierten Widersprüchlichkeit der Belastungszeugen hat sich die Erstrichterin eingehend auseinandergesetzt (US 6 f), deren Glaubwürdigkeit aber ungeachtet vorliegender Widersprüche wohlbegründet angenommen.
Auch mit der weiter vom Angeklagten behaupteten Unmöglichkeit des Versetzens eines kräftigen Stoßes aufgrund einer Schulterverletzung hat sich die Erstrichterin auseinandergesetzt, dieser Verantwortung aber nachvollziehbar begründet keinen Glauben geschenkt (US 10). Die ärztlichen Atteste (ON 36.2), auf die sich der Angeklagte in der Folge bezieht, vermögen die erstgerichtliche Annahme der körperlichen Eignung des Angeklagten zur Vornahme eines kräftigen Stoßes nicht sinnvoll in Frage zu stellen.
Auch die Berufung wegen Strafe scheitert. Das Erstgericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe vollständig erfasst und angemessen gewichtet. Die ohnehin nur mit einem Drittel der Höchststrafe bemessene Freiheitsstrafe von einem Jahr ist dem hohen Erfolgsunwert geschuldet, weil die erlittene Verletzung des B* als besonders massiv einzustufen ist, was sich im Rahmen des Schuldvorwurfs zum Nachteil des Angeklagten entsprechend schwer auswirkt.
Auch die eigene Alkoholisierung wirkt – dem Berufungsvorbringen zuwider - nicht mildernd. Ein selbstverschuldeter, durch den Genuss berauschender Mittel hervorgerufener, die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließender Rauschzustand kann nur ausnahmsweise mildernd sein, nämlich nur dann, wenn der Vorwurf, dass sich der Täter in einen solchen Zustand versetzt hat, die durch den Rauschzustand bewirkte Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit nicht aufwiegt. Davon kann aber fallbezogen keine Rede sein.
Die als mildernd ins Treffen geführte Provokation des Tatopfers überzeugt nicht und ist auch mit den getroffenen Feststellungen unvereinbar (US 3 und 4).
Letztlich scheitert auch die Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche. Die Berechnung der Schmerzengeldhöhe fußt auf dem unbedenklichen Gutachten des Sachverständigen Dr. F* und auf den darin erklärten Schmerzperioden unterschiedlicher Intensität. Wenn als einziges Argument in der Berufungsschrift ein Mitverschulden des Tatopfers behauptet wird, ist der Angeklagte wiederum an die erstgerichtlichen Feststellungen zu verweisen, denen ein den Zuspruch minderndes provozierendes Verhalten des Tatopfers nicht zu entnehmen ist.
Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
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