Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Hahn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Steindl und Mag. Pasching als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen Dr. A*wegen §§ 15, 269 Abs 1 dritter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 5. Oktober 2025, GZ ** 7, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Die über Dr. A* verhängte Untersuchungshaft wird aus den Haftgründen der Fluchtgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 1 StPO und der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO fortgesetzt.
Begründung:
Über den am ** geborenen österreichischen Staatsbürger wurde nach seiner Festnahme am 3. Oktober 2025, 3.12 Uhr, (ON 3.4, 2) und Einlieferung in die Justizanstalt Wien Josefstadt am selben Tag, 16.05 Uhr, (ON 3.1) dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprechend (ON 1.3)mit dem angefochtenen Beschluss wegen des dringenden Tatverdachts des Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 dritter Fall StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 173 Abs 2 Z 1 StPO) und der Tatbegehungsgefahr (§ 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO) verhängt (ON 6, 3).
Gegen diesen Beschluss richtet sich die unmittelbar nach der Verkündung erhobene (ON 6, 3), in der Folge unausgeführt gebliebene Beschwerde des Dr. A*.
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Die Untersuchungshaft darf nur verhängt oder fortgesetzt werden, wenn der Beschuldigte einer bestimmten Tat dringend verdächtig ist, sohin mit hoher Wahrscheinlichkeit der Täter ist. Ein solcher Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Dieser Tatverdacht ist mehr als eine bloße Vermutung und mehr als ein einfacher oder gewöhnlicher Verdacht ( Kirchbacher/Rami , WKStPO § 173 Rz 3).
Das Beschwerdegericht geht im Rahmen seiner reformatorisch zu treffenden Entscheidung (RISJustiz RS0116421) vom Vorliegen eines dringenden Tatverdachts im Umfang der mit Strafantrag der Staatsanwaltschaft Wien vom 4. Oktober 2025, AZ **, (ON 5), zur Last gelegten, unter das Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 dritter Fall StGB und das Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB subsumierbaren Taten aus.
Demnach habe Dr. A* habe am 3. Oktober 2025 in ** Insp B*, sohin einen Beamten,
A./ mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich der Gefahrenabwehr nach § 21 Abs 1 und Abs 2 SPG bzw der Streitschlichtung nach § 26 SPG im Zuge der Durchsetzung eines Hausrechts durch Mitarbeiter des Hotels C* ** zu hindern versucht, indem er mit dem rechten Ellenbogen unerwartet einen Schlag nach hinten führte und den ihn aus dem Haus eskortierenden Beamten im Gesicht, im Bereich der linken Wange sowie im Bereich der Nase traf;
B./ wegen der Vollziehung seiner Aufgaben, durch die zu A./ genannte Gewaltanwendung, am Körper zu verletzen versucht.
Dabei steht Dr. A* in subjektiver Hinsicht im dringenden Verdacht, es bei der Ausführung der Tathandlung zumindest ernsthaft für möglich gehalten und sich damit abgefunden zu haben, durch die angelastete, gegen einen Polizeibeamten ausgeführte körperliche Attacke, ein Organ, das mit Befehls
Diese verdichtete Verdachtslage erfolgt in objektiver Hinsicht aus dem Abschlussbericht der Landespolizeidirektion ** zu GZ ** (ON 2.2), insbesondere der in einem Aktenvermerk festgehaltenen Schilderung des einschreitenden Beamten B*, derzufolge der sich im Stiegenhaus eines Hotels einen Schlafplatz eingerichtet habende Angeklagte anlässlich seiner erforderlich gewordenen Abführung mit dem rechten Ellenbogen unerwartet einen Schlag in den Gesichtsbereich des Genannten ausführte (ON 2.11). Der Angeklagte stellte den Tatvorwurf ohne nähere Angaben in Abrede (ON 6).
Vorliegend indiziert der angelastete objektive Geschehensablauf auch eine qualifizierte Verdachtslage in Hinblick auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite (RISJustiz RS0098671).
Ausgehend von der dargestellten dringenden Verdachtslage liegen auch die vom Erstgericht angezogenen Haftgründe vor.
Unter Fluchtgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 1 StPO ist die Gefahr zu verstehen, der Beschuldigte werde sich dem Verfahren insgesamt oder zumindest der allenfalls drohenden Strafe entziehen. In die Beurteilung hat auch die im Fall eines Schuldspruchs im Wege einer abstrakten Prognose auszumittelnde potenzielle Sanktion Eingang zu finden ( Kirchbacher/Rami aaO Rz 31). Zutreffend ging das Erstgericht davon aus, dass die Gefahr besteht, dass der zuletzt unterstandslose, nach der Aktenlage auch nicht sozial integrierte Angeklagte auf freiem Fuß untertauchen oder sich sonst der Strafverfolgung entziehen werde, zumal er auch aufgrund der einschlägigen Vorstrafenbelastung und der mutmaßlichen neuerlichen Delinquenz innerhalb einer offenen Probezeit (ON 3.11) im Fall eines Schuldspruchs mit der Verhängung einer Freiheitsstrafe zu rechnen hat.
Der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr in der Variante des § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO verlangt neben einer Anlasstat und einer gegen dasselbe Rechtsgut gerichteten strafbaren Handlung mit nicht bloß leichten Folgen als Prognosetat die zusätzliche Bedingung, dass der Beschuldigte entweder wegen einer solchen strafbaren Handlung bereits verurteilt worden ist oder nicht nur wegen einer, sondern wiederholter oder fortgesetzter strafbarer Handlungen im dringenden Verdacht steht. Mit Blick auf die im engsten Sinn einschlägige Delinquenz des psychisch auffälligen (siehe dazu die Bestellung der Sachverständigen Dr. D* ON 8) Angeklagten, der (mit Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 24. Oktober 2023, AZ 19 Bs 279/23b in Rechtskraft erwachsenem) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 19. Juli 2023, AZ **, wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, der Vergehen der Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 15 StGB und des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt wurde (ON 3.11), ist zu befürchten, er werde auf freiem Fuß ungeachtet des gegen ihn wegen mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedrohten Straftaten geführten Strafverfahrens weitere strafbare Handlungen mit nicht bloß leichten Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind wie die ihm nunmehr angelasteten Tathandlungen. Auch das zu genanntem Verfahren verspürte Haftübel vermochte ihn nicht von einer neuerlichen Delinquenz abzuhalten.
Die vorliegenden Haftgründe sind unter Bedachtnahme auf obige Ausführungen und die Tatsache, dass der Angeklagte bereits einmal das Haftübel verspürte (Einsichtnahme in VJ-Register zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Wienals derart gewichtig anzusehen, dass sie durch gelindere Mittel des § 173 Abs 5 StPO nicht wirksam substituiert werden können.
Eine Unverhältnismäßigkeit der nicht einmal zwei Wochen andauernden Untersuchungshaft liegt angesichts der Bedeutung der Sache und der im Falle eines Schuldspruchs ausgehend von dem maßgeblichen Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe - zu erwartenden Strafe nicht vor.
In Ansehung des vorliegenden Strafantrags entfällt eine Haftfrist (§ 175 Abs 5 StPO).
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
Rückverweise
Keine Verweise gefunden