32Bs232/25i – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Vetter als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Marchart und Dr. Bahr als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 4. August 2025, GZ **-9, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Stein (neben Verwaltungsstrafen) Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von acht Jahren, elf Monaten und elf Tagen, und zwar
- die mit Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 3. April 2018 zu ** wegen §§ 15, 127 StGB verhängte Freiheitsstrafe von einem Monat,
- die mit Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 27. November 2018 zu ** wegen §§ 83 Abs 1; 127 StGB verhängte Freiheitsstrafe von vier Monaten,
- den infolge Widerrufs zu verbüßenden Strafrest in der Dauer von drei Monaten und elf Tagen der mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 16. April 2014 wegen §§ 241e Abs 3; 127, 129 Abs 1 Z 1; 229 Abs 1; 223 Abs 2; 223 Abs 2 und 224 StGB verhängten Freiheitsstrafe von gesamt sechs Monaten,
- die mit Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 27. Juni 2019 zu ** wegen § 127 StGB verhängte Freiheitsstrafe von drei Monaten,
- die mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 22. April 2020 zu ** wegen §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 StGB verhängte Freiheitsstrafe von 8 Jahren (ON 4).
Das errechnete Strafende fällt auf den 23. Oktober 2028. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB lagen mit 30. April 2024 vor, zwei Drittel der Sanktion wird der Strafgefangene am 27. Oktober 2025 verbüßt haben (ON 4 S 3).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht (§ 152 Abs 1 Z 1 StVG) die bedingte Entlassung des Strafgefangenen nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe (§ 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG) aus entgegenstehenden spezialpräventiven Gründen ab.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Entscheidungsverkündung angemeldete (ON 10 S 2), in der Folge nicht ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.
Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten, der die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe verbüßt hat, der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach § 46 Abs 4 StGB ist insbesondere zu beachten, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose sind insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägungen einzubeziehen ( Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 15/1).
Gemäß § 46 Abs 2 StGB ist für den Fall, dass ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, dieser trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Nach Verbüßung von zwei Dritteln spielen generalpräventive Erwägungen keine Rolle mehr. Die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe soll somit der Regelfall sein, der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben ( Jerabek/Ropper aaO Rz 17).
Mit Blick auf die Vorstrafen und das Führungsverhalten des Strafgefangenen ist genau von einem solchen Ausnahmefall auszugehen:
Zurückreichend bis ins Jahr 2012 weist der Strafgefangene insgesamt zehn Verurteilungen (davon eine im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB) durchwegs wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen und Leib und Leben auf. Abgesehen von der in Vollzug stehenden Verurteilung wegen §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 StGB wurde er schon einmal (unter anderem) wegen desselben Verbrechens als junger Erwachsener zu einer empfindlichen Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren und drei Monaten verurteilt (Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 21. Juli 2015 zu **, Punkt 6 in ON 3), die er auch teilweise verbüßte. Weder die wiederholt in Form von bedingten Strafnachsichten, Verlängerung von Probezeiten oder Anordnung von Bewährungshilfe gewährten Chancen, noch der bereits erfolgte, langjährige Strafvollzug (Punkte 3-6 in ON 3) vermochten bislang eine Wirkung beim Strafgefangenen zu erzielen, ganz im Gegenteil verharrt er in seinem hochfrequenten Deliktsverhalten, was seit seiner letzten Enthaftung in Folge bedingter Entlassung am 20. Juli 2017 zu den in Vollzug stehenden, (mindestens) im Jahrestakt erfolgten weiteren Verurteilungen führte.
Darüber hinaus versteht es der Strafgefangene noch nicht einmal unter den kontrollierenden Bedingungen der Haft, sich ordnungsgemäß zu verhalten. Allein seit seiner Überstellung in die aktuelle Justizanstalt mit 21. Dezember 2020 mussten über ihn 14 Ordnungsstrafen wegen diverser begangener Ordnungswidrigkeiten, unter anderem tätliche Auseinandersetzungen mit Mitinsassen, Beschädigung von Anstaltsgut, Drogenkonsum oder Anfertigung von Schlagwerkzeugen, verhängt werden (ON 2 S 1, ON 5.1 bis 5.15).
Nicht zuletzt aufgrund seiner andauernden Therapieunwilligkeit – der Strafgefangene zeigt sich gegenüber einer Betreuung oder Behandlung nicht zugänglich und verzichtet trotz wiederholter Versuche des psychologischen Diensts, ihm die Notwendigkeit von psychologischer und psychotherapeutischer Behandlung zu vermitteln, immer wieder auf die angebotenen Gespräche (vgl Stellungnahme ON 6) - erweist sich die Einschätzung des Erstgerichts, dass es des gänzlichen Strafvollzugs bedarf, keinesfalls als korrekturbedürftig. Vielmehr ist von einem eklatanten Rückfallrisiko auszugehen, dem nur durch den weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe wirksam begegnet werden kann.
Zutreffend konnte des Erstgericht auch von der – im Übrigen gar nicht beantragten – Anhörung absehen, weil der persönliche Eindruck angesichts der geschilderten, gravierenden und erwiesenen Umstände in concreto unerheblich ist (zuletzt OLG Wien, AZ 18 Bs 138/24m).
Da der angefochtene Beschluss sohin der Sach- und Rechtslage entspricht, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 erster Satz StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).