31Bs173/25f – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Vorsitzende sowie den Richter Mag. Weber LL.M. und die Richterin Dr. Hornich LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen Dipl.-Ing. A*wegen § 153 Abs 1, Abs 3 zweiter Satz StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 3. Juni 2025, GZ ** 283, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Dipl.-Ing. A* wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27. Juli 2022 (ON 226, rechtskräftig seit dem Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 3. Oktober 2023, AZ 31 Bs 198/23d, ON 245) des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 3 zweiter Fall StGB und der Vergehen der Datenfälschung nach § 225a StGB schuldig erkannt und hierfür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 153 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
In der Folge wurde mit Beschluss des Erstgerichtes vom 29. Juli 2024 (ON 270, rechtskräftig seit dem Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 5. November 2024, AZ 31 Bs 216/24b, ON 275) die Strafe von vier Jahren gemäß § 31a Abs 1 StGB dahingehend gemildert, dass diese auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten herabgesetzt wurde.
Am 18. Dezember 2024 beantragte der Verurteilte den Aufschub des Strafvollzuges wegen Vollzugsuntauglichkeit gemäß § 5 Abs 1 StVG sowie die Hemmung der Anordnung des Strafvollzuges gemäß § 7 Abs 3 StVG unter Vorlage eines fachärztlichen Befundbriefes (ON 277). Nach Ausspruch der Hemmung des Strafvollzuges bis zur rechtskräftigen Entscheidung (ON 279) und Einholung eines Sachverständigengutachtens (ON 281), zu welchem dem Verurteilten die Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt wurde (ON 1 S 150), stellte das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluss fest, dass Dipl.-Ing. A* strafvollzugstauglich sei, und sprach aus, dass der Genannte nach Rechtskraft des Beschlusses die Haftstrafe unverzüglich bei sonstiger polizeilicher Vorführung anzutreten habe.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Verurteilten (ON 284).
Gemäß § 5 Abs 1 StVG ist, wenn ein dem Wesen der Freiheitsstrafe (§ 20) entsprechender Strafvollzug wegen einer Krankheit oder Verletzung, wegen Invalidität oder eines sonstigen körperlichen oder geistigen Schwächezustandes auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Strafvollzugsortsänderung (§ 10) mit den Einrichtungen der in Betracht kommenden Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen nicht durchführbar ist oder im Hinblick auf einen dieser Zustände das Leben des Verurteilten durch die Überstellung in die betreffende Anstalt gefährdet wäre, die Einleitung des Strafvollzuges so lange aufzuschieben, bis der Zustand aufgehört hat.
Nach dem ausführlich begründeten Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen Dr. B* vom 22. April 2025 liegt beim Verurteilten eine Anpassungsstörung mit depressiver und suizidaler Symptomatik im Abklingen vor (ON 281 S 8). Aus fachlicher Sicht erschien das gegenwärtige Zustandsbild verglichen mit den Beschreibungen des behandelnden Arztes vom Dezember 2024 deutlich gebessert und auch zunehmend stabilisiert. Aus psychiatrischer Sicht geht die Sachverständige davon aus, dass der Verurteilte in vier bis sechs Wochen soweit stabilisiert sei, dass die Vollzugsfähigkeit uneingeschränkt gegeben sei. Die Weiterbehandlung mit einem Anti Depressivum und gegebenenfalls einem Benzodiazepin werde weiterhin erforderlich sein, wäre jedoch in Haft kein Problem (ON 281 S 9).
Diesen nachvollziehbaren Schlussfolgerungen kann die Beschwerde lediglich einen neuerlichen Befundbrief des bereits bisher behandelnden Arztes Dr. C* vom 5. Juni 2025 entgegenhalten, wonach aber keine Suizidalität und keine Selbst oder Fremdgefährdung vorliege (ON 284 S 7). Der Verurteilte zeige sich in einem psychisch stabilen Zustandsbild, wobei rückblickend noch ein gewisses „Verbesserungspotenzial“ bestehe. Aus fachärztlicher Sicht werde eine Verschiebung des Haftantritts um weitere vier bis sechs Wochen Zeitraum empfohlen (ON 284 S 8). Der behandelnde Arzt, der bereits in seinen bisherigen Befundbriefen vom 17. Dezember 2024 (ON 277 S 9) und vom 9. Jänner 2025 (ON 278 letzte Seite) eine Verschiebung des Haftantrittes um jeweils vier Wochen angeraten hatte, geht somit in seiner aktuellen Einschätzung von der Angemessenheit einer weiteren Verschiebung des Haftantrittes um vier bis sechs Wochen aus. Dieser Zeitraum ist mittlerweile verstrichen. Es gibt in Ansehung der gerichtlich eingeholten Expertise Dris. B* insgesamt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass derzeit keine Vollzugsfähigkeit gegeben sein könnte. Weder steht die offenbar gut behandelbare depressive Erkrankung des Dipl.-Ing. A* einem dem Wesen der Freiheitsstrafe entsprechenden Strafvollzug entgegen noch wäre dadurch im Hinblick auf die fehlende Suizidalität das Leben des Genannten gefährdet.
Der Verurteilte hat daher die Freiheitsstrafe unverzüglich anzutreten.