Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Einzelrichterin Dr. Steindl in der Strafsache gegen A* B*und einen belangten Verband wegen §§ 33 Abs 1, 39 Abs 1 lit a und Abs 3 lit b, 13 FinStrG über die Beschwerde der Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 7. Mai 2025, GZ **-22.1, den
Beschluss
gefasst:
In Stattgebungder Beschwerde wird der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung der A* B* gemäß § 228a Abs 1 FinStrG iVm § 393a Abs 1 und 2 StPO mit 3.500 Euro bestimmt wird.
Begründung:
Mit unbekämpft gebliebenem Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 28. April 2025 wurde die Angeklagte A* B* von dem wider sie mit Anklageschrift vom 17. Februar 2025 erhobenen, in der Hauptverhandlung modifizierten Tatvorwurf, sie habe im Amtsbereich des Finanzamts Österreich als Geschäftsführerin der in ** ansässigen C* GmbH, FN **, im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert zu verfolgenden D* B*
I. vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten, nämlich durch Einreichung von unrichtigen Erklärungen für Körperschaftssteuer und Umsatzsteuer, sodass bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder werden sollten, Abgabenverkürzungen von bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben
a) bewirkt, und zwar der
1. Körperschaftssteuer 2018 in Höhe von 64.266 Euro
2. Körperschaftssteuer 2019 in Höhe von 79.902 Euro
b) bewirken versucht, und zwar der
1. Umsatzsteuer 2017 in Höhe von 10.699,61 Euro
2. Körperschaftssteuer 2017 in Höhe von 81.861 Euro
3. Körperschaftssteuer 2020 in Höhe von 47.575 Euro
II. durch Nichtabgabe von Anmeldungen gemäß § 96 Abs 3 EStG bewirkt, dass die selbst zu berechnende Kapitalertragssteuer nicht fristgerecht entrichtet wurde, und zwar
1. Kapitalertragssteuer für 01-12/2017 in Höhe von 116.522 Euro,
2. Kapitalertragssteuer für 01-12/2018 in Höhe von
94.504,25 Euro,
3. Kapitalertragssteuer für 01-12/2019 in Höhe von 129.231 Euro
4. Kapitalertragssteuer für 01-12/2020 in Höhe von 82.932,92 Euro,
5. Kapitalertragssteuer für 01-12/2021 in Höhe von 103.100,35 Euro,
wobei sie die ausschließlich durch das Gericht zu ahndenen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung unter Verwendung von falschen Beweismitteln, nämlich Scheinrechnungen, und den Abgabenbetrug mit einem 500.000 Euro übersteigenden, 802.594,13 Euro betragenden strafbestimmenden Wertbetrag begangen habe,
gemäß § 214 FinStrG freigesprochen.
Mit Eingabe vom 5. Mai 2025 beantragte A* B* die Leistung eines Beitrags zu den Kosten ihrer Verteidigung gemäß § 393a StPO in Höhe des gesetzlich normierten Höchstbetrags von 30.000 Euro.
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht den vom Bund zu leistenden Beitrag zu den Kosten der Verteidigung der Genannten mit 2.500 Euro.
Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde der A* B* (ON 23.1), die im spruchgemäßen Umfang berechtigt ist.
Gemäß § 393a Abs 1 StPO hat der Bund unter anderem von einem Offizialdelikt freigesprochenen Angeklagten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Dieser umfasst die nötig gewesenen und vom Angeklagten bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang des Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des nötigen und zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf – von gegenständlich nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen – im Verfahren vor dem Landesgericht als Schöffen- und Geschworenengericht 30.000 Euro grundsätzlich nicht übersteigen (§ 393a Abs 2 Z 1 StPO). Bei der Berechnung des Aufwandsersatzes hat nur der Einheitssatz, nicht hingegen die in den allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) verankerten (Erfolgs- und Erschwernis-) Zuschläge Berücksichtigung zu finden (EBRV 2557 BlgNR 27. GP S 5).
Im Gegensatz dazu, dass dem (freigesprochenen bzw aus der Verfolgung gesetzten) Angeklagten die notwendigen Barauslagen – sofern bescheinigt – in vollem Umfang zu ersetzen sind ( Lendl, WK StPO § 393a Rz 4 ff), sieht das Gesetz (siehe dazu auch EBRV 2557 BlgNR 27. GP S 2) nach seinem unmissverständlichen Wortlaut lediglich einen Beitrag zu den Verteidigerkosten und nicht deren gesamten Ersatz vor.
Mag auch gegenständliches, im Sommer 2024 eingeleitete Verfahren, bereits nach Durchführung einer kurzen Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht (zwei Stunden und 15 Minuten inklusive Beratungszeit) erstinstanzlich mit Freispruch beendet worden sein, ist der Beschwerdeführerin dahingehend beizupflichten, dass es sich weder nach der Sach- noch Rechtslage um ein im Vergleich zu Standardfällen einfaches Verfahren handelte, zumal sich der inkriminierte Tatzeitraum über mehrere Jahre erstreckte und es im Rahmen der Verteidigung nicht nur geboten war, den 74 Seiten umfassenden Abschlussbericht (ON 11.2), sondern auch die umfangreichen Beilagen (ON 11.3ff) einer Prüfung zu unterziehen. Abgesehen von der Anwesenheit bei einer nur wenige Minuten dauernden Beschuldigteneinvernahme vor der Polizei (ON 7.5) und der Vertretungstätigkeit im Rahmen der Hauptverhandlung wurden eine Vollmachtsbekanntgabe und eine mehrseitige schriftliche Gegenäußerung zur Anklage eingebracht (ON 16, ON 17.2).
Unter den dargelegten Prämissen erweist sich der vom Erstgericht festgesetzte Pauschalbeitrag in Höhe von 2.500 Euro für die vom Verteidiger bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens erbrachten Leistungen als zu gering zu bemessen, weshalb dieser im spruchgemäßen Umfang zu erhöhen war.
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
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