18Bs212/25w – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Heindl und Mag. Lehr als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A*wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreise- oder Aufenthaltsverbots nach § 133a StVG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 4. Juli 2025, GZ **-11, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene tschechische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Jahren und zwei Monaten, die über ihn mit am selben Tag in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 17. Oktober 2024, AZ *, wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 1 und 2, 15 StGB; 229 Abs 1 StGB; 241e Abs 3 StGB verhängt wurde.
Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 7. Oktober 2026, die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG werden am 7. September 2025 vorliegen.
Über den Strafgefangenen wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 13. November 2024, Zahl: **, gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (ON 5, ON 6).
Mit Erklärung vom 11. Juni 2025 (ON 2) beantragte der Strafgefangene das vorläufige Absehen vom Strafvollzug gemäß § 133a StVG und erklärte sich unter einem bereit, seiner Ausreiseverpflichtung unverzüglich nachzukommen.
Der Antragsteller verfügt über ein gültiges Reisedokument (ON 7, ON 8).
Nach Einholung einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Krems an der Donau, die ablehnend ausfiel (ON 1.3), wies das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht mit dem angefochtenen Beschluss (ON 11) den Antrag des Strafgefangenen auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug aus generalpräventiven Erwägungen ab.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* (ON 13, schriftliche Ausführung ON 14), der keine Berechtigung zukommt.
Hat ein Verurteilter die Hälfte der Strafzeit, mindestens aber drei Monate, verbüßt, so ist gemäß § 133a Abs 1 StVG vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig abzusehen, wenn 1. gegen ihn ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot besteht, 2. er sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat (§ 2 Abs 1 Z 17 AsylG) unverzüglich nachzukommen, und zu erwarten ist, dass er dieser Verpflichtung auch nachkommen wird, und 3. der Ausreise keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen. Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel seiner Freiheitsstrafe verbüßt, so ist nach § 133a Abs 2 StVG trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 leg cit so lange nicht vorläufig vom weiteren Vollzug der Strafe abzusehen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Die Formulierung des § 133a Abs 2 StVG ist bewusst an jene des § 46 Abs 2 StGB angeglichen. Die Verweigerung des vorläufigen Absehens vom Strafvollzug aus generalpräventiven Gründen gemäß § 133a Abs 2 StVG setzt gewichtige Umstände voraus, welche sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben. Dabei ist nicht nur der bloße Abschreckungseffekt bei potenziellen Tätern, sondern (im Sinn positiver Generalprävention) auch das Interesse an der Festigung genereller Normtreue in der Bevölkerung zu beachten. Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat ableitbar sein ( Pieber , WK-StVG § 133a Rz 18 f; zur Schwere der Tat: Jerabek/Ropper , WK 2 § 46 Rz 16).
Im Lichte dieser Erwägungen hat das Erstgericht dem Antragsteller – trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 133a Abs 1 StVG – die Rechtswohltat des vorläufigen Absehens vom Strafvollzug zum Hälfte-Stichtag mit Blick auf die in § 133a Abs 2 StVG genannten generalpräventiven Erwägungen zutreffend versagt.
Dazu ist zu erwägen, dass der Anlassverurteilung eine Vielzahl von mit zwei Komplizen gewerbsmäßig teils durch Einbruch begangenen Diebstählen (sowie damit verbundenen Urkundendelikten und Unterdrückung unbarer Zahlungsmittel) zugrunde liegen, bei denen Dritten diverse Werkzeuge und andere Wertgegenstände (darunter etwa auch ein Fahrzeug) in teilweise nicht unbeträchtlichem Sachwert weggenommen wurden. Diese unter arbeitsteiligem Zusammenwirken mit anderen Delinquenten verübten (Einbruchs-)Diebstähle des Strafgefangenen, der bereits zuvor in seinem Heimatland mehrfach, unter anderen mit Angriffen gegen fremdes Vermögen in Erscheinung getreten ist (vgl die ECRIS-Auskunft ON 21.2 im Beiakt B* des Landesgerichts Krems an der Donau) und im raschen Rückfall die nunmehr vollzugsgegenständlichen Taten beging, stellt in Übereinstimmung mit der Rechtsansicht des Erstgerichts eine schwere Kriminalitätsform mit hohem sozialen Störwert dar, weshalb es mit Blick auf die Schwere des Verbrechens und vor dem Hintergrund des gehäuften Vorkommens derartiger Angriffe auf fremdes Vermögen gerade auch durch in diversen EU-Ländern operierende Tätergruppierungen ausnahmsweise des weiteren Vollzugs über die Hälfte der zu verbüßenden Strafzeit hinaus bedarf, um potenzielle Nachahmungstäter aus dem Verkehrskreis des Verurteilten von der Begehung gleichartiger strafbarer Handlungen abzuhalten und die generelle Normtreue zu festigen. Nur so kann dieser verhältnismäßig aufwandsarm zu bewerkstelligenden, aber insgesamt sehr lukrativen Kriminalitätsform mit einiger Aussicht auf Erfolg angemessen entgegengetreten werden, während eine zu starke Verkürzung des Strafvollzugs dazu führen würde, die Hemmschwelle für derartige Malversationen weiter zu senken, da die Aussicht auf ein frühestmögliches Absehen vom weiteren Strafvollzug Personen aus dem Täterkreis des Verurteilten zu ähnlich gelagerter Kriminalitätsform verleiten würde.
Die Beschwerdeargumente, mit denen der Antragsteller lediglich spezialpräventive Bedenken auszuräumen sucht, vermögen den im gegenständlichen Fall bestehenden generalpräventiven Argumenten nichts an Relevanz entgegenzusetzen.
Da der erstgerichtliche Beschluss sohin der Sach- und Rechtslage entspricht, ist der dagegen erhobenen Beschwerde ein Erfolg zu versagen.