17Bs57/25v – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat in der Privatanklagesache des Privatanklägers und Antragstellers (idF Privat-ankläger) A* gegen den Angeklagten und Antragsgegner (idF Angeklagten) B* wegen §§ 111 Abs 1 und 2; 115 Abs 1 StGB; 6, 7a MedienG über die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. Oktober 2024, GZ ** 30, nach der am 23. April 2025 und am 30. Juli 2025 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Röggla, im Beisein der Richterin Mag. Schneider Reich und des Richters Ing.Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder, in Anwesenheit des Privatanklägers A* (nur am 23. April 2025), dessen Vertreter Mag. Margot Rest (am 23. April 2025) und Benedikt Kramer, LL.M. (am 30. Juli 2025), des Angeklagten B* sowie seiner Verteidiger DDDr. DDr.h.c. Dieter Kindel (am 23. April 2025) und Mag. Andreas Schweitzer (am 30. Juli 2025) durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 30. Juli 2025 zu Recht erkannt:
Spruch
Die Berufung wegen Nichtigkeit wird zurückgewiesen , jener wegen Schuld und Strafe nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene österreichische Staatsbürger B* des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und 2 StGB und des Vergehens der Beleidigung nach § 115 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 111 Abs 2 StGB zu einer nach § 43 Abs 1 StGB unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt. Weiters wurde er nach §§ 6 und 7a MedienG zur Zahlung von EUR 2.000, an den Privatankläger A* sowie zum Kostenersatz verpflichtet.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er am 10. April 2024 in C* durch die Veröffentlichung eines Videos auf seinem Instagram Account D* den Privatankläger und Antragsteller A*
1./ durch die Behauptung, er sei ein Betrüger und habe nicht nur den Angeklagten, sondern mehrere Firmen betrogen, in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung geziehen und bzw ihn eines unehrenhaften und gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, beschuldigt, und zwar auf eines Weise, wodurch die üble Nachrede einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird;
2./ öffentlich beschimpft, indem er ihn mehrfach als „Arschloch“ bezeichnete.
Durch die genannten strafbaren Handlungen
1./ wurde in einem Medium der objektive Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und 2 StGB und der Beleidigung nach § 115 Abs 1 stGB hergestellt;
2./ wurden in einem Medium identifizierende Angaben über den Antragsteller A*, die geeignet sind, in einem nicht unmittelbar informierten größeren Personenkreis zum Bekanntwerden der Identität einer Person zu führen, die einer mit gerichtlicher Strafe bedrohter Handlung, nämlich (richtig:) eines Betrugs verdächtig ist, veröffentlicht, wodurch schutzwürdige Interessen des Privatanklägers A* verletzt worden sind, ohne dass wegen seiner Stellung in der Öffentlichkeit oder einen sonstigen Zusammenhangs mit dem öffentlichen Leben oder aus anderen Gründen ein überwiegendes Interesse an der Veröffentlichung dieser Angaben bestanden hat.
Dazu traf das Erstgericht folgende Feststellungen und gründete sie auf nachstehende Beweiswürdigung:
Feststellungen:
Der am ** in C* geborene Angeklagte und Antragsgegner ist österreichischer Staatsbürger, verheiratet und für 3 Kinder sorgepflichtig. Er besuchte vier Jahre die Volksschule, vier Jahre eine Hauptschule und absolvierte eine Lehre als Bauspengler. Als Selbstständiger erwirtschaftet er seinen Angaben folgend rund 3.500 Euro monatlich. Er ist mit Kreditschulden von rund 136.000 Euro belastet und verfügt über ein Vermögen in Form eines Eigentumshauses im Wert von etwa 1.300.000 Euro. Er war Geschäftsführer und Alleingesellschafter der E* GmbH, FN **. Über das Vermögen dieser Gesellschaft wurde mit Beschluss des Handelsgericht Wien vom 21. September 2023 zur GZ ** das Insolvenzverfahren eröffnet und mit Beschluss vom 4. Oktober 2023 wurde die Schließung des Unternehmens angeordnet. Er ist gerichtlich unbescholten und Medieninhaber seines Instagram Accounts D*.
Der Privatankläger ist Geschäftsführer und Alleingesellschafter der F* GmbH, die sowohl für den gewerblichen als auch für den privaten Bereich mit Spenglermaterial handelt. Darüber hinaus bietet sie in der hauseigenen Werkstatt auch Materialbearbeitungen an.
Der Privatankläger und der Angeklagte waren jahrelang Freunde und Geschäftspartner. Als der Privatankläger den Angeklagten nach der Insolvenz der E* GmbH mit seiner hohen Insolvenzforderung konfrontierte, begann der Angeklagte plötzlich zu behaupten, dass er vom Privatankläger betrogen worden sei und dieser auch seinen Konkurs verschuldet hätte.
Der Angeklagte veröffentlichte am 10. April 2024 auf seinem Instagram Account D* ein Reel, das er auch auf seiner Seite anheftete und das mit „@G* Hier das Statement wie ich mich 4 Jahre ausnehmen lassen habe von meinem lang jährigen „Bruder“ und „Freund“ #vienna # austriaAT“ angekündigt war.
In diesem rund 14 Minuten langen Reel beschäftigt sich der Angeklagte – wie angekündigt, mit der F* GmbH („@G*“), vor allem aber mit dem Privatankläger als deren Geschäftsführer. Er unterstellt dem Privatankläger, den er in dem Beitrag als „Bruder“ und „Junge“ bezeichnet, mehrfach, ein Betrüger zu sein und F* GmbH schließen zu lassen, da dieser schon mehrere Firmen betrogen habe und so auch den Konkurs des Angeklagten zu verantworten hätte.
Unter anderem behauptet der Angeklagte in diesem Beitrag folgendes:
„Ich bin Bauspengler und Dachdecker. ... Ich habe so einen Bruder, gehabt, dieser Bruder hat zuerst mit mir eine Firma, wollte er gründen, eine so eine Spenglerartikelfirma, wo wir Spenglerbedarf, also Spenglersachen verkaufen könnten. Er hat gar kein Geld gehabt in seiner Tasche.... ich habe die Anzahlung gemacht, habe ihm gezeigt, wie man eine Firma eröffnet, wie man das alles durchzieht. Hab dann alles in seine Hände gegeben.“
„Ich habe meinem Bruder immer vertraut. ... Ich wollte immer bei ihm einkaufen und habe immer bei ihm eingekauft. Aber dieser Junge hat mich verarscht, Mann. Dieser Junge hat mich jahrelange verarscht, Mann. Dieser Junge hat radikal mein Herz gebrochen.“
„Ich schulde nicht einmal ein Cent, weil dieser Junge ist ein Betrüger.“
„Wir sind draufgekommen, dass dieser Bruder Lieferscheine fälscht.“
„Dieser Betrüger!“, wobei der Angeklagte einen Lieferschein der F* GmbH mit dem deutlich erkennbaren Firmenlogo der F* GmbH in die Kamera hält.
„Ich habe niemals gedacht, dass dieser Bruder mich betrügt, dass dieser Junge hat mich auseinandergenommen. Dieses Arschloch, Mann. Wallahi. Dieser Junge Wenn ich seine GmbH nicht schließen lasse, seine ganzen Geschäfte nicht schließen lasse, wallahi, heiße ich nicht B*, Mann. Weil dieses Arschloch gehört ausgeschaltet, Mann. Denn er spielt mit Existenz mit österreichischen Firmen. Und er macht das nicht nur mit mir, er macht das mit mehreren Firmen. ... Dieser Junge ist ein Betrüger.“
„Ich werde Dich in Österreich nicht mehr arbeiten lassen, Mann. Ich werde alles tun, alles tun, damit Deine GmbH geschlossen wird, weil Du betrügst Leute.“
„Du bist ein Arschloch, Mann. Du bist ein Betrüger, Mann. Du warst immer schon ein Betrüger“
„Jetzt wisst Ihr, warum ich im Konkurs bin.“
„Ich weiß, ich fühle mich Scheiße, dass ich zum BKA gegangen bin, diese Sache zu geben. Aber ich kann nicht anders. Mann. .... Vier Jahre zu prüfen, was dieser Mann mit mir gemacht hat.“
Der Angeklagte hat auf seinem Instagram Account * Follower, von denen viele in der gleichen Branche tätig sind wie der Privatankläger und der Angeklagte. Außerdem gibt es überschneidende Freundes- und Bekanntenkreise. Dieser angesprochene Leserkreis verstand die in diesem Video vom Angeklagten erhobenen Behauptungen über den Privatankläger derart, dass dieser ein Betrüger sei, er den Privatangeklagten und weitere Geschäftspartner betrogen habe und ihm zuzutrauen sei, weitere Betrugshandlungen zu begehen. Überdies verstehen die angesprochenen Medienkonsumenten den Beitrag des Angeklagten derart, dass der Privatankläger Lieferscheine gefälscht habe und der Angeklagte den Privatankläger bei der Polizei wegen Betrugs angezeigt habe und sohin ein Strafverfahren gegen den Privatankläger anhängig sei.
Der angeführte Kreis an Medienkonsumenten erkannte, dass der Angeklagte über den Privatankläger spricht, auch da der Beitrag „@G*“ angekündigt wurde, sodass sofort klar erkenntlich war, dass sich der Beitrag an die F* GmbH und den Privatankläger, als deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter richtet. Überdies gelangten die Medienkonsumenten durch Klickten auf den Link @G* auf den Instagram Account der F* GmbH **/, wo sich alle Informationen zur F* GmbH finden. Die inkriminierte Veröffentlichung war somit für eine breite Öffentlichkeit, jedenfalls zumindest mehrere hundert Personen wahrnehmbar. Der Privatankläger war darüber hinaus jedenfalls für einen erheblichen Teil des angesprochenen Publikums sofort erkennbar.
Dass der Privatankläger tatsächlich ein Betrüger ist bzw er den Angeklagten oder andere Geschäftspartner betrogen oder Lieferscheine gefälscht hat, kann nicht festgestellt werden.
Der Privatangeklagte hielt es dabei zumindest ernstlich für möglich und fand sich damit ab, den Privatankläger in einer für Dritte, nämlich seiner Follower, wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zu bezichtigen sowie ihn eines unehrenhaften und gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens, nämlich des Betrugs und der Fälschung von Lieferscheinen zu beschuldigen, wobei er es ebenso ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dadurch den Privatangeklagten in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen und herabzusetzen. Darüber hinaus hielt er es auch ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass er seine Äußerung auf eine Weise verbreitet, wodurch die oben genannten Verdächtigungen und Beschuldigungen einer breiten Öffentlichkeit, nämlich für mehr als 150 Personen, zugänglich gemacht werden und erkannte er auch, dass ihre Äußerungen ehrverletzend sind. Darüber hinaus hielt es der Angeklagte bei seiner Äußerung, wonach der Privatankläger ein „Arschloch“ sei, zumindest ernstlich für möglich und fand er sich damit ab, dadurch den Antragsteller öffentlich zu beschimpfen und herunter zu machen. Dabei hielt er es ebenfalls ernstlich für möglich und fand er sich damit ab, dass seine Äußerung einer breiten Öffentlichkeit, nämlich zumindest sämtlichen seiner Followern, zugänglich waren und von diesen wahrgenommen werden konnten.
Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den beruflichen und persönlichen Verhältnissen des Privatanklägers und des Privatangeklagten beruhen auf deren eigene unbedenklichen Angaben in der Hauptverhandlung sowie das insofern unbestrittene Vorbringen der Parteien. Auch die Medieninhaberschaft des Privatangeklagten sowie die Anzahl seiner Follower wurde im wesentlichen von den Parteien gleichlautend geschildert. Die bisherige gerichtliche Unbescholtenheit des Privatangeklagten ergibt sich aus der eingeholten und verlesenen Auskunft aus dem österreichischen Strafregister vom 29. Juli 2024 (ON 11).
Die Feststellungen zur inkriminierten Veröffentlichung sowie dem festgestellten Wortlaut der Äußerungen des Privatangeklagten fußen auf die im Akt erliegende Aufnahme des Videos (Beilage ./E) und gestand der Privatangeklagte darüber hinaus auch im Zuge seiner Einvernahme unumwunden ein, dieses Video und diese Äußerungen im Wissen, dass er es auf seinem Instagram Account D* veröffentlichen wird, aufgezeichnet zu haben.
Die Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der inkriminierten Äußerung gründen sich auf deren wörtliche und grammatikalische Interpretation im Gesamtzusammenhang aus der Sicht des angesprochenen Kreises an Medienkonsumenten, wobei klar war, dass sich diese Äußerung nur auf den Privatankläger beziehen konnte. Insbesondere aus der Verwendung der Ankündigung „@G*“ sowie dem Umstand, dass diese Verlinkung auf den Instragram Account der F* GmbH verweist, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Privatankläger ist, erhellt der Umstand, dass die Zuseher die Äußerungen derart auffassen, dass der Privatankläger ein Betrüger und Lieferscheine gefälscht habe. Überdies war bei der Ermittlung des Bedeutungsinhalts mit in Erwägung zu ziehen, dass der Privatangeklagte auch in der Hauptverhandlung unumwunden eingestand, durch seine Äußerungen andere Firmen zu schützen intendiert zu haben, da er selbst betrogen worden sei.
Die Feststellungen zur Öffentlichkeit fußen auf das insoweit unbestrittene Vorbringen des Privatanklägers und gab auch der Privatangeklagte selbst an, 100.000 Follower auf Instagram zu haben. Dass der Privatankläger für einen kleineren, zumindest 50 Personen umfassenden Personenkreis erkennbar war, ergibt sich überdies auch aus dem Umstand, dass viele Follower in der gleichen Branche tätig wie der Privatankläger und der Angeklagte tätig sind und es es überschneidende Freundes- und Bekanntenkreise gibt.
Mangels konkreter Beweisergebnisse konnte nicht festgestellt werden, dass der Privatankläger tatsächlich ein Betrüger ist bzw er den Angeklagten oder andere Geschäftspartner betrogen oder einen oder mehrere Lieferscheine gefälscht hätte. Diesbezüglich gab der Privatankläger im Zuge seiner Einvernahme in der Hauptverhandlung widerspruchsfrei und überzeugend an, noch nie betrügerische Rechnungen gelegt oder sonst betrogen zu haben. Soweit er diesbezüglich selbst offenlegte, dass es in einem Fall zu einer Doppelverrechnung gekommen ist, ist auszuführen, dass er schlüssig, lebensnah und einwandfrei logisch nachvollziehbar darlegen konnte, dass dies aus einem Irrtum resultierte und dieser Fehler anschließend korrigiert wurde, sodass keinesfalls von einem Täuschungs- oder Bereicherungsvorsatz des Privatanklägers ausgegangen werden konnte. Diese lebensnahen und glaubhaften Schilderungen des Privatangeklagten wurden überdies durch die Angaben der Zeugen H* (Seite 29ff in ON 13) und I* (Seite 30ff im Hv-Protokoll vom 14. Oktober 2024) bekräftigt, die beide übereinstimmend, schlüssig und glaubhaft schilderten, keinerlei Betrugshandlungen oder Urkundenfälschungen durch den Privatankläger beobachtet zu haben. Diese Zeugen legten auch nachvollziehbar dar, dass es die oben erwähnte Doppelverrechnung gab, diese jedoch korrigiert wurde, wobei auch die diesbezüglichen Schilderungen der Zeugen äußerst glaubhaft waren, zumal die Zeugen zu keinem Zeitpunkt den Eindruck erweckten, sie hätten ihre Aussagen abgesprochen, da ihre Aussagen stets spontan und genau waren und es niemals den Anschein gab, sie müssten ihre Antworten erst an einen erfundenen Geschehensablauf anpassen.
Demgegenüber waren die Angaben des Privatangeklagten nicht geeignet, diese Schilderungen des Privatanklägers und der genannten Zeugen zu entkräften, zumal er keine konkreten Betrugshandlungen des Privatangeklagten nennen konnte, sondern stets nur oberflächlich und allgemein kritisierte, er sei von ihm betrogen worden und stamme eine Unterschrift auf einem Lieferschein nicht von seinem Mitarbeiter, woraus er für sich den Schluss zog, es müsse sich um einen Betrug handeln. Tatsächlich gelang es dem Privatangeklagten jedoch nicht darzulegen, welchen konkreten Betrug der Angeklagte begangen haben soll, da nicht einmal er konkret behauptete, die in diesem Lieferschein angeführte Ware nicht erhalten zu haben (Seite 9 im Hv-Protokoll vom 14. Oktober 2024). Auch seine Verantwortung, der Privatankläger würde „mit den Minuten“ betrügen, blieb letztlich eine substanzlose Behauptung, die durch keine weiteren Beweisergebnisse gestützt werden konnte.
Auch die Angaben der Zeugen J* (Seite 4ff in ON 18), K* (Seite 6ff in ON 18), L* (Seite 10ff im Hv-Protokoll vom 14. Oktober 2024), M* (Seite 21ff im Hv-Protokoll vom 14. Oktober 2024) waren nicht geeignet, die Verantwortung des Privatangeklagten zu stützen, da diese Zeugen im keinerlei unmittelbare Wahrnehmungen zu allfälligen Betrugshandlungen des Privatanklägers schildern konnten. Zwar gab der Zeuge L* schlüssig und glaubhaft an, dass die auf dem vom Privatangeklagten angeführten Lieferschein (Beilage ./T) ersichtliche „Unterschrift“ nicht von ihm stamme, jedoch blieb völlig offen, wer diese auf dem Dokument anbrachte, sodass insbesondere nicht festgestellt werden konnte, dass der Privatankläger diese Vermerke auf dem Dokument anbrachte oder damit betrügerische Handlungen begehen wollte. Demgegenüber ist aufgrund der Angaben des Zeugen I* davon auszugehen, dass ein Mitarbeiter der F* GmbH den Namensvermerk auf dem Lieferschein anbrachte, lediglich um zu dokumentieren, wer die Ware tatsächlich übernahm, welche Schilderungen auch durch den Privatankläger bestätigt wurden (Seite 37 in im Hv-Protokoll vom 14. Oktober 2024).
Auch aus den Angaben des Zeugen N* (Seite 17ff) ließ sich nicht ableiten, dass der Privatankläger einen Betrug begangen habe. Zwar schilderte N*, dass er als Mitarbeiter der O* e.U. einmal von der F* GmbH die auf einen anderen Kunden ausgestellte Rechnung erhalten zu haben, gab diesbezüglich jedoch schlüssig an, dass dies offenbar aus einem Fehler resultierte und dieser auch gelöst werden konnte. Der Zeuge P* (Seite 24ff im Hv-Protokoll vom 14. Oktober 2024) konnte ebenfalls keinerlei unmittelbare Wahrnehmungen zu allfälligen Betrugshandlungen des Privatankläger schildern, sondern konnte über ein Schlichtungsgespräch zwischen dem Privatankläger und dem Privatangeklagten berichten, von welchem er den Eindruck hatte, dass der Privatangeklagte alle Forderungen belegen konnte und eher der Privatangeklagte der Betrüger sei.
Ebenso konnte die vom Privatangeklagten vorgelegte Urkunde Beilage ./1 nicht nachweisen, dass die in der inkriminierten Veröffentlichung erhobenen Behauptung der Wahrheit entspricht, da die Unterschriften der Beilage ./T lediglich „mit Wahrscheinlichkeit“ nicht vom Zeugen L* stammen und zudem völlig offen bleibt, wer sonst der Urheber auf dem Lieferschein ersichtlichen Unterschrift ist. Auch aus sämtlichen sonstigen im Akt erliegenden beilagen konnten keinerlei Schlüsse gezogen werden, die auf eine Betrugshandlung des Privatanklägers schließen ließen.
Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite waren zwanglos aus dem äußeren Geschehensablauf, insbesondere auf die Formulierung und den konkreten Wortlaut sowie der
tatsachengeständigen Verantwortung des Privatangeklagten abzuleiten. Aus dem Umstand, dass er selbst die Veröffentlichung vornahm, lässt sich auch zwanglos seine subjektive Tatseite zur Öffentlichkeit, insbesondere zur Wahrnehmbarkeit einer breiten Öffentlichkeit ableiten.
Rechtlich sah das Erstgericht die Tatbestände des § 111 sowie des § 115 StGB subjektiv als auch objektiv als verwirklicht und die Anspruchsgrundlagen nach §§ 6 und 7a MedienG erfüllt.
Bei der Strafzumessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen, mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel und erachtete ausgehend von einem Strafrahmen bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe zu 720 Tagessätzen die verhängte Freiheitsstrafe als schuld und tatangemessen, wobei es die Höhe des Entschädigungsbetrages nach Maßgabe des Umfangs, des Veröffentlichungswerts und der Auswirkungen der Veröffentlichung, etwa der Art und des Ausmaßes der Verbreitung des Mediums ausmaß.
Gegen dieses Urteil richtet sich die unmittelbar nach Verkündung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe angemeldete (ON 29 S 42), in der Folge erst in der Berufungsverhandlung wegen Schuld und nur zu Punkt 1./ ausgeführte Berufung des Angeklagten.
Rechtliche Beurteilung
Auf die Berufung wegen Nichtigkeit war gemäß §§ 467 Abs 2, 489 Abs 1 StPO keine Rücksicht zu nehmen, weil der Angeklagte weder bei der Anmeldung des Rechtsmittels noch innerhalb offener Ausführungsfrist Nichtigkeitsgründe, durch die er sich beschwert erachtet, bezeichnete, und dem angefochtenen Urteil auch keine gemäß §§ 290 Abs 1; 471 iVm § 489 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeit anhaftet.
Die Berufung wegen Schuld vermag Zweifel an der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht zu wecken, hat das Erstgericht doch mit ausführlicher und lebensnaher Begründung die erschöpfend erhobenen Beweise einer denk-richtigen und lebensnahen Würdigung unterzogen und überzeugend sowohl den Bedeutungsinhalt des inkriminierten Reels konstatiert als auch dargelegt, dass die Behauptungen nicht wahr sind und der Angeklagte bei der Äußerung zumindest mit bedingtem Tatvorsatz gehandelt hat. Weiters hat es nachvollziehbar dargelegt, wieso es der Verantwortung des Angeklagten keinen Glauben schenkte bzw wieso dessen Angaben nicht geeignet waren, die Schilderungen des Privatanklägers und der gehörten Zeugen zu entkräften. An der Beweiswürdigung vermag die Berufung nicht zu rütteln.
Insbesondere haben die nunmehr neuerlich beantragten Zeugen N* und Q*, die vom Angeklagten übrigens als Staatsanwältin (in Ausbildung) vorgestellt wird, nach eigenen Angaben diesen Berufswunsch habe, aber erst ein Jus-Studium machen müsse (siehe ON 13, S 34; ON 18, S 6; ON 29, S 25), bereits umfassend ausgesagt (ON 18, S 6 ff; ON 29, S 17 ff), deren Angaben wurden eingehend gewürdigt und erbrachten nicht den Beweis der Wahrheit der inkriminierten Äußerungen, an der diesbezüglichen Beweiswürdigung des Erstgerichts bestehen keine Zweifel. Auch ist dem schriftlichen Beweisantrag, der dem Angeklagten vom Berufungsgericht aufgetragen war, nachdem in der Berufungsverhandlung ein solcher mündlich nicht sinnvoll und protokollierbar formuliert werden konnte, nicht zu entnehmen, welche Feststellungen konkret bekämpft werden. Jedenfalls nicht bekämpft wird der vom Erstgericht festgestellte Bedeutungsinhalt, der Grundlage für den vom Angeklagten angetretenen Wahrheitsbeweis ist. Es kann nur dann ein Betrug vom Privatankläger begangen worden sein, wenn dieser Lieferscheine und Rechnungen über tatsächlich nicht bestellte und vor allem von ihm nicht gelieferte Waren mit dem Vorsatz erstellte, dass diese von den getäuschten Adressaten der Lieferscheine und Rechnungen bezahlt werden. Der Angeklagte vermochte auch im Berufungsverfahren keine konkreten Betrugshandlungen des Privatanklägers zu nennen, sondern bezog sich stets nur darauf, dass eine Unterschrift auf einem Lieferschein nicht von seinem Mitarbeiter stamme, ohne konkret zu behaupten, die in diesem Lieferschein angeführte Ware nicht erhalten zu haben (siehe bspw ON 29, S 9). Solcherart ist auch das vorgelegte Privatgutachten unbeachtlich und bietet kein Anlass zur Einholung eines Gerichtssachverständigengutachtens.
An dieser Stelle ist anzumerken, dass die Staatsanwaltschaft Wien das aufgrund einer vom Angeklagten zwei Tage vor Veröffentlichung des inkriminierten Reels gegen den Privatankläger A* wegen schweren Betruges erhobenen Anzeige zu AZ R* eingeleitete Ermittlungsverfahren sofort nach deren Einlangen am 19. November 2024 mit eingehender Begründung nach § 190 Z 2 StPO einstellte, wobei sie sich auf die Verantwortung des A* und von diesem vorgelegte Unterlagen stützte und die Angaben des B* als unglaubwürdig und nicht nachweisbar erachtete.
Aber auch der Berufung wegen Strafe kommt keine Berechtigung zu, hat das Erstgericht doch die besonderen Strafzumessungsgründe vollständig erfasst und angemessen gewichtet und ist unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafzumessungsregeln des § 32 StGB sowie spezial und generalpräventiver Aspekte ausgehend von einem Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen unter Berücksichtigung der stetig steigenden Hass im Netz Kriminalität nicht zu kritisieren zu einer im untersten Viertel des möglichen Strafrahmens liegenden Freiheitsstrafe gelangt und hat diese bedingt nachgesehen, der Verhängung einer Geld-strafe standen spezialpräventive Erwägungen entgegen. Auch die Höhe des Entschädigungsbetrags ist nicht zu kritisieren, hat das Erstgericht doch auch diesen nach den in § 8 Abs 1 MedienG genannten Kriterien - unter Wahrung der wirtschaftlichen Existenz des Angeklagten - im untersten Bereich ausgemittelt, sodass der Berufung insgesamt ein Erfolg zu versagen war.