22Bs186/25a – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm § 130 Abs 1 erster und zweiter Fall) StGB und weiterer strafbarer Handlungen über dessen Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 14. November 2024, GZ ** 228.3, nach der am 29. Juli 2025 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Mathes, im Beisein des Senatspräsidenten Mag. Hahn und des Richters Mag. Gruber als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Wallenschewski sowie in Anwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Kellner durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des weiteren Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene polnische Staatsangehörige A* des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung und der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm § 130 Abs 1 erster und zweiter Fall); 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 130 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Nach dem Schuldspruch hat der Angeklagte in ** und an anderen Orten des Bundesgebiets
I./ Nachgenannten fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, und zwar
A./ zwischen 14. Juli 2019 und 15. Juli 2019 B* einen PKW, drei Mobiltelefone sowie eine Kiste mit Reinigungsutensilien im Gesamtwert von 28.100 Euro, indem er die Fahrertür des Autos mit einem Flachwerkzeug aufbrach, somit durch Einbruch in ein Transportmittel; B./ gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 1 und 3 StGB) als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung von unbekannten bzw abgesondert verfolgten anderen Mitgliedern dieser Vereinigung als Mittäter Autos in einem jeweils 5.000 Euro übersteigenden Wert, indem er jeweils mit einem dafür konstruierten elektronischen Gerät die Funksignale der Fahrzeuge abfing, diese damit öffnete und startete, somit durch Eindringen in Transportmittel mit widerrechtlich erlangten Zugangscodes,
1./ am 2. November 2023 C* einen PKW im Wert von 83.000 Euro;
2./ am 20. November 2023 D* einen PKW im Wert von 62.000 Euro;
3./ zwischen 18. November 2023 und 19. November 2023 E* einen PKW im Wert von 40.000 Euro;
4./ am 15. Dezember 2023 der F* GmbH einen PKW im Wert von 75.000 Euro;
II./ Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, indem er 1./ anlässlich der unter I./A./ beschriebenen Tathandlung vier Fahrtenbücher und einen Zulassungsschein an sich nahm;
2./ anlässlich der unter I./B./2./ beschriebenen Tathandlung zwei Reisepässe, zwei Aufenthaltstitel und zwei „Sozialversicherungskarten“ an sich nahm.
Bei der Strafbemessung werteten die Tatrichter eine einschlägige Vorstrafe des Angeklagten, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen und hinsichtlich der strafsatzbestimmenden Diebstahlshandlungen die mehrfache Deliktsqualifikation, das vielfache Übersteigen der Wertqualifikation und die Tatbegehung in mehreren Fakten als erschwerend, mildernd demgegenüber das bloß teilweise reumütige Geständnis und die erfolgte Schadensgutmachung durch Sicherstellung der Fahrzeuge. Diese Umstände abwägend hielten die Erstrichter eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten für ebenso schuldangemessen wie tätergerecht, zumal die Milderungsgründe kein besonderes Gewicht entfaltet hätten.
Nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 11. Juni 2025, GZ 12 Os 25/25f 8, kommt dem Oberlandesgericht die Entscheidung über dessen Berufung, womit eine schuldangemessene Herabsetzung der Sanktion begehrt wird (ON 234.1), zu.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist nicht berechtigt.
Zunächst ist unter Hinweis auf die vorzitierte Entscheidung des Höchstgerichts festzuhalten, dass die Wertung sowohl des Zusammentreffens eines Verbrechens mit mehreren Vergehen als auch der Tatwiederholung (zu I./ des Schuldspruchs) als erschwerend nicht zu beanstanden ist.
Die Tatbegehung während offener Probezeit stellt zwar keinen eigenen (besonderen) Erschwerungsgrund dar, ist jedoch bei der Gewichtung der persönlichen Schuld zum Nachteil des Angeklagten zu berücksichtigen (RISJustiz RS0090597). Ein rascher Rückfall wurde vom Erstgericht entgegen den Berufungsausführungen nicht als aggravierend gewertet.
Entgegen der Rechtsmeinung des Angeklagten führt der Umstand, dass er jeweils eigens zur Tatbegehung nach Österreich einreiste („Kriminaltourismus“) zu einem besonders hohen sozialen Störwert der Tat, weil A* nicht etwa nach Österreich gekommen war, um hier einer legalen Tätigkeit (die niemand schädigt) nachzugehen, sondern im Rahmen einer kriminellen Vereinigung mit anderen Straftätern kriminelle Handlungen mit hohen Schadensbeträgen auszuführen. Richtig ist zwar, dass dieser Umstand kein Tatbestandsmerkmal des gewerbsmäßigen Diebstahls darstellt, jedoch erhöht sich dadurch die Schuld des Täters, nach der sich die Höhe der Strafe bemisst (§ 32 StGB).
Des Weiteren gewichtete das Erstgericht das teilweise reumütige Geständnis des Angeklagten aufgrund der erdrückenden Beweislage zu Recht als gering (vgl. RISJustiz RS0091512).
Von einer drückenden Notlage im Sinne des § 34 Abs 1 Z 10 StGB kann im Hinblick auf das vom Rechtsmittelwerber ansonsten redlich erzielte Einkommen nicht gesprochen werden, zumal die Lebenserhaltungskosten in Polen geringer sind als in Österreich.
Für eine Herabsetzung des Strafausmaßes bietet somit weder das Berufungsvorbringen noch der Akteninhalt begründeten Anlass, weil der die Qualifikationsgrenze des § 128 Abs 2 StGB nahezu erreichende Wert der weggenommenen Fahrzeuge massiv zu Lasten des Angeklagten ausschlägt und die jeweils zur Tatbegehung erfolgte Einreise nach Österreich im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, die gezielte Wegnahme von hochpreisigen Fahrzeugen sowie die Delinquenz während offener Probezeit eine gegenüber rechtlich geschützten Werten besonders ablehnende bzw. gleichgültige Einstellung des Berufungswerbers dokumentieren (§ 32 Abs 2 StGB).
Eine Reduktion der Freiheitsstrafe scheitert aber auch an den Aspekten der Generalprävention, weil gerade der gewerbsmäßig im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangene Diebstahl hochwertiger Fahrzeuge unter Einsatz modernster Technologie eine Kriminalitätsform darstellt, der nur durch hohe Strafen begegnet werden kann. Im Sinne geordneter Rechtspflege ist es von eminenter Bedeutung, dass potentiellen Nachahmungstätern vor Augen geführt wird, dass derartige, der Schwerkriminalität zuzuordnende Delikte mit der gebotenen Härte des Gesetzes geahndet werden, um der Begehung vergleichbarer strafbarer Handlungen durch Dritte entgegenzuwirken, zumal sich die dadurch verursachten Schäden bei den Versicherungen zu Lasten sämtlicher Zulassungsbesitzer auswirken. Zur einigermaßen aussichtsreichen Eindämmung dieser auch mit hohen kriminellen Erlösen für die Täter einhergehenden Verbrechensform bedarf es konsequenter Wahrnehmung der verfügbaren Abwehrmöglichkeiten, von denen der Strafübelswirkung wesentliche Bedeutung zukommt.
Die Berufung musste daher erfolglos bleiben.