18Bs187/25v – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Heindl und Mag. Primer als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache der A* über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 17. Juli 2025, GZ ** 8, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die am ** geborene rumänische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** die über sie mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 10. Juli 2024, rechtskräftig seit 23. Dezember 2024, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 12. Juni 2026, die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG werden am 12. August 2025 vorliegen.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung der A* – mangels Antrags und Erforderlichkeit zu Recht ohne Anhörung (vgl § 152a Abs 1 StVG) - zum Zwei-Drittel-Stichtag aus spezialpräventiven Erwägungen ab.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss richtet sich die unmittelbar nach dessen Zustellung erhobene (ON 9.2), in der Folge in ON 11 ausgeführte Beschwerde der Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.
Nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Bei dieser Entscheidung ist auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist oder durch Maßnahmen erreicht werden kann.
Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Taten, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Dabei ist nach § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch eine während des Vollzuges begonnene freiwillige Behandlung im Sinne des § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung - allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB - nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen. Der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe soll demnach nach der erkennbaren Intention des StRÄG 2008 auf Fälle evidenten Rückfallsrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben, wobei die spezialpräventiv geprägte Annahme nicht geringerer Wirksamkeit der bedingten Entlassung maßgebliches Entscheidungskriterium ist (vgl Jerabek/Ropper in WK 2 § 46 Rz 14 ff).
Wie das Erstgericht zutreffend erkannte, sprechen gegenständlich aufgrund des hohen Rückfallsrisikos Aspekte der Spezialprävention gegen eine bedingte Entlassung der Strafgefangenen zum Zwei-Drittel-Stichtag.
Der Verurteilung liegen nämlich gewerbsmäßig begangene Betrugshandlungen mit einer Gesamtschadenssumme von rund EUR 293.000,-- ,sohin einem Betrag, der nur sehr knapp unter der Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB liegt, zugrunde. In dieser, sich über einen mehrjährigen Tatzeitraum erstreckenden Vielzahl an einzelnen Angriffen, die unter Ausnützung der Vertrauensseligkeit und Gutgläubigkeit der Opfer erfolgten, welche an eine aufrichtige Beziehung bzw an eine gemeinsame Zukunft mit A* glaubten, wobei die Opfer teils hohe finanzielle Verpflichtungen auf sich nahmen, um die vermeintlich in einer großen Notlage befindliche Täterin monetär zu unterstützen, offenbart sich eine hohe kriminelle Energie und eine deutliche Negativeinstellung gegenüber den rechtlich geschützten Werten unserer Gesellschaft, insbesondere dem Eigentum Dritter, wobei die Strafgefangene im Laufe des Tatzeitraums ihr doloses Engagement und den auf die Opfer ausgeübten psychischen Druck stetig steigerte, indem sie ihnen mittels diverser gefälschter Urkunden, (Verträge und eidesstättige Erklärungen von Rechtsanwälten bzw Notaren) ihre vermeintliche Notlage bzw einen unmittelbar bevorstehenden Geldsegen zur Beteuerung ihrer Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit vorgaukelte.
Mit Blick auf diese Umstände ist - trotz der unbestritten guten Führung der im Erstvollzug befindlichen Strafgefangenen - nicht davon auszugehen, dass die bisher in Strafhaft zugebrachte Zeit bereits ausgereicht hat, um der Delinquentin das Unrecht ihrer Taten ausreichend vor Augen zu führen und sie zu einem hinkünftig deliktsfreien Lebenswandel zu veranlassen, an welcher Einschätzung auch die Möglichkeit allfälliger Begleitmaßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB nichts ändert.
Diesem Kalkül vermögen auch die in der Beschwerde dargestellten Argumente nichts an Relevanz entgegenzuhalten.
Dass sich die Verurteilte in der kontrollierten Umgebung des Vollzugs wohlverhalten hat, stellt ohnehin den Normfall dar und kann die massiven spezialpräventiv geprägten Bedenken nicht ausräumen. Die angesprochenen „stabilen familiären Kontakte“ (Schwester, Tochter, Enkeltöchter, Nichten) bestanden auch schon im Tatzeitraum und vermochten die Beschwerdeführerin augenscheinlich nicht von der Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen abzuhalten. Schließlich bleibt auch die angeführte „gute Prognose bezüglich einer Arbeitsaufnahme durch Vorkenntnisse in der Gastronomie“ bloße Spekulation; eine bescheinigte Arbeitsplatzzusage liegt nicht vor, die allerdings nötig wäre, um zumindest eine gewisse finanzielle Stabilität der Verurteilten zu gewährleisten, die es ihr ermöglichen würde, den Verlockungen, durch abermalige Vermögensdelikte zu raschem Geld zu kommen, zu widerstehen.
Zusammengefasst wird somit nicht verkannt, dass die Verurteile offenbar (s dazu auch ihr Vorbringen, wonach sie an Kreativ- bzw psychoedukativen Beratungsangeboten teilgenommen und regelmäßige Gespräche mit Sozial- bzw Betreuungseinrichtungen geführt hat) begonnen hat, an der Deliktsaufarbeitung zu arbeiten und einen rechtschaffenen Weg einzuschlagen; im Hinblick auf die von ihr über einen langen Zeitraum an den Tag gelegte, im Vergleich zu „Standardfällen“ auffallend hohe kriminelle Energie ist aber die Entlassung zum jetzigen Zeitpunkt trotzdem noch als verfrüht anzusehen.
Da der bekämpfte Beschluss sohin in der Sach- und Rechtslage entspricht, ist der dagegen erhobenen Beschwerde ein Erfolg zu versagen.