32Bs143/25a – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach§ 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Marchart und die fachkundige Laienrichterin Hofrätin Mag. Killinger, BA MA als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A*über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Vollzugsgericht vom 10. April 2025, GZ **-11, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen .
Text
B e g r ü n d u n g:
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Erstgericht einer Beschwerde des A* vom 21. Februar 2025 (ON 1) gegen das Straferkenntnis des Leiters des forensisch-therapeutischen Zentrums (FTZ) B* vom 17. Februar 2025, ** (ON 6 S 15ff), nicht Folge.
Weiters bestimmte das Erstgericht den vom Bestraften gemäß § 17 Abs 2 Z 2 StVG iVm § 52 Abs 2 VwGVG zu leistenden Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens mit acht Euro.
Das Vollzugsgericht ging – soweit hier relevant – von folgendem wörtlich wiedergegebenen Sachverhalt aus:
Am 30.07.2024 erging eine schriftliche Belehrung des Anstaltsleiters bezüglich des Geschäftsverbots nach § 30 StVG an den Beschwerdeführer, worin dieser ausdrücklich aufgefordert wurde, das Verfassen jeglicher Schreiben für andere Insassen unverzüglich zu unterlassen. Diese Aufforderung wurde dem Beschwerdeführer am 31.07.2024 durch den Strafvollzugsbediensteten C* zur Kenntnis gebracht (schriftliche Belehrung vom 30.07.2024 mit Vermerk über die Verkündung am 31.07.2024 samt Unterschrift des Beschwerdeführers, AS 6 in ON 5 im hg Verfahren ** [** OLG Wien]; Bericht des Anstaltsleiters AS 4 in ON 6).
Am 11.10.2024 verfasste A* entgegen dieser Aufforderung für den Mitinsassen D*, der zuvor kein Ansuchen auf Leistung von Schreibhilfe gestellt hatte, eine Beschwerde an das Landesgericht Linz als Vollzugsgericht (Beschwerde AS 7f in ON 6 - hg Verfahren **; Bericht des Anstaltsleiters AS 4 in ON 6).
Dabei wusste er, dass er damit einer – weder strafgesetzwidrigen noch die Menschenwürde verletzenden – ausdrücklichen Verhaltensaufforderung eines Beamten, das Verfassen jeglicher Schreiben für Mitinsassen zu unterlassen, zuwider handelte.
Beweiswürdigend stützte sich das Erstgericht auf die bei den Feststellungen in Klammer angeführten unbedenklichen Beweismittel, auf die Zeugenvernehmung des D* (ON 6 AS 11) sowie die Beschuldigtenvernehmung des A* (ON 6 AS 13f) und führte dazu aus, dass der Beschwerdeführer nicht bestritten habe, die Beschwerde für den Mitinsassen D* verfasst zu haben. Vielmehr habe er rechtliche Ausführungen zu § 89 Abs 3 StVG erstattet und sich in der Beschwerde dahingehend verantwortet, dass, diese Unterstützung sehr wohl zulässig gewesen sei, da der Anstaltsleiter keine Schreibhilfe gestellt bzw angeboten habe und, dass § 89 Abs 3 StVG nicht ausschließe, dass Schreibhilfe durch einen Mitgefangenen geleistet werde. Ebensowenig habe der Beschwerdeführer bestritten, dass er dabei entgegen der ihm am 31. Juli 2024 zur Kenntnis gebrachten ausdrücklichen Verhaltensanordnung gehandelt habe. Insgesamt habe A* das inkriminierte Verhalten implizit eingeräumt.
Dass der Beschwerdeführer der Anordnung des Beamten wissentlich zuwidergehandelt habe, sei schon aus dem äußeren Geschehensablauf, nämlich der durch die Unterschrift des Beschwerdeführers dokumentierten Kenntnisnahme von der Aufforderung, das Verfassen von Schreiben für Mitinsassen zu unterlassen, am 31. Juli 2024, zu erschließen. Anhaltspunkte dafür, dass A* die Anordnung als strafgesetzwidrig oder die Menschenwürde verletzend angesehen haben könnte/sollte lägen nicht vor (und wären auch nicht nachvollziehbar).
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass gemäß § 26 Abs 1 StVG die Strafgefangenen den Anordnungen der im Strafvollzug tätigen Personen Folge zu leisten hätten. Sie dürften die Befolgung von Anordnungen nur ablehnen, wenn die Anordnung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoße oder die Befolgung dagegen verstoßen oder offensichtlich die Menschenwürde verletzen würde. Nach Abs 2 leg cit hätten die Strafgefangenen alles zu unterlassen, was die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt oder sonst die Verwirklichung der Grundsätze des Strafvollzuges gefährden könnte. Sie hätten sich so zu benehmen, wie es der Anstand gebiete.
Ein vorsätzlicher Verstoß gegen die allgemeinen Pflichten der Strafgefangenen nach § 26 StVG stelle eine Ordnungswidrigkeit iSd § 107 Abs 1 Z 10 StVG dar. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt habe der Beschwerdeführer den genannten Ordnungswidrigkeitstatbestand sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.
Zur Strafbemessung führte das Erstgericht weiters aus, dass der Beschwerdeführer seine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder zumindest gleichgültige Einstellung deutlich zum Ausdruck gebracht habe, weshalb jedenfalls von einem beträchtlichen Schuldgehalt auszugehen sei, sodass – selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nur rechtskräftig verhängte Ordnungsstrafen erschwerend gewertet werden dürften - auch der Sanktionsausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses keinen Bedenken begegne.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Untergebrachten (ON 13), in welcher dieser ausführt, dass, um unnötige Repetitionen zu vermeiden, alle Schriftsätze beginnen mit ON 1 zum integralen Beweismittel in allen Verfahren und Verfahrensschritten erhoben werden. Der Versuch des Anstaltsleiters mit Ordnungsstrafen zu verhindern, dass er als Maßnahmenuntergebrachter soziale Kompetenz zeige und Mitgefangenen helfe ihr Verfassungsrecht und EGMR-Regeln wahrzunehmen und eine wirksame Beschwerde zu erheben, sei rechtswidrig. Der Anstaltsleiter verwehre die Schreibhilfe folgend § 89 Abs 3 StVG. Nebenbei stelle § 89 Abs 3 StVG nicht auf Analphabeten ab, sondern ergäben die verba legalia, dass alle die nicht in der Lage seien, Schriftsätze selbst zu verfassen, aus welchen Gründen auch immer, die Schreibhilfe wahrnehmen könnten. Auch sei die Schreibhilfe nicht auf Beamte beschränkt. Daher sei das Vorgehen des Anstaltsleiters rechts- und verfassungswidrig und der Beschwerde daher stattzugeben.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 16a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat. Hat das Vollzugsgericht nach § 16 Abs 3 StVG Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt, darf das Oberlandesgericht Wien den Beschluss weder aufheben noch – um das Ermessen anders auszuüben – abändern.
Vorauszuschicken ist, dass Gegenstand dieses Verfahrens nicht die Frage der (unterlassenen) Gewährung von Schreibhilfe durch den Anstaltsleiter, sondern ein durch den Beschwerdeführer erfolgter Verstoß gegen eine – weder strafrechtswidrige noch die Menschenwürde verletzende – Anordnung ist.
Die ausschließlich auf die seiner Ansicht nach erfolgte Verletzung der Verpflichtung zur Leistung von Schreibhilfe durch den Anstaltsleiter bezugnehmenden Ausführungen des Beschwerdeführers, welche insbesondere die Begründung des Erstgerichts zur konkret begangenen Ordnungswidrigkeit völlig außer Acht lassen, vermögen einen Mangel der Entscheidung nicht aufzuzeigen, weil das Erstgericht aus den vorliegenden Beweisergebnissen – in durchdachter und sorgfältiger Art und Weise - lebensnahe und nachvollziehbare Schlussfolgerungen gezogen hat.
Auch die – im unteren Bereich des zur Verfügung stehenden Strafrahmens von bis zu 200 Euro ausgemessene und vom Beschwerdeführer nicht konkret bekämpfte – Strafe ist nicht zu beanstanden.
Schließlich wurde auch der Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vom Erstgericht zutreffend auf § 17 Abs 2 Z 2 StVG iVm § 52 VwGVG gestützt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.