JudikaturOLG Wien

20Bs153/25h – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
10. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Jilke als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Wolfrum, LL.M., als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe, über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 8. Mai 2025, GZ ** 10, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene weissrussische Staatsangehörige A* verbüßt aktuell in der Justizanstalt ** eine über ihn mit am 27. Jänner 2023 in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts Salzburg, AZ **, wegen §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall, 12 dritter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren mit errechnetem Strafende am 26. August 2025.

Die Hälfte der Sanktion hatte der Strafgefangene am 26. Februar 2024 verbüßt, der Stichtag für eine bedingte Entlassung gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG war der 26. August 2024.

Nachdem ein Antrag auf bedingte Entlassung des Strafgefangenen zuletzt mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 2. Dezember 2024, GZ **-10 (rechtskräftig mit Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 7. Jänner 2025, GZ 20 Bs 363/24i) abgewiesen worden war, begehrte der Strafgefangene mit Schreiben vom 2. Mai 2025 erneut seine bedingte Entlassung mit der Erklärung: „Letzte Möglichkeit mich bedingte Entlassung zu entlassen, weil weniger als 3 Monate auf bedingt akzeptiere ich nicht. Freiheit ist kein Privileg, sondern von Geburt aus gegebenes Recht für alle Menschen“ (ON 5).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Wiener Neustadt als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Verurteilten aus spezialpräventiven Gründen ab (ON 10).

Dagegen richtet sich die umgehend nach Zustellung des bekämpften Beschlusses angemeldete (ON 11), unausgeführt gebliebene Beschwerde des Verurteilten.

Vorauszuschicken ist, dass auch ein Beschluss, mit dem ein Antrag auf Gewährung der bedingten Entlassung rechtskräftig abgewiesen wird, grundsätzlich Einmaligkeitswirkung entfaltet, sodass ein Entlassungsantrag nicht beliebig oft wiederholt werden kann. Allerdings wohnt ablehnenden Entscheidungen über die bedingte Entlassung die Umstandsklausel (clausula rebus sic stantibus) inne. Eine wesentliche Änderung entscheidungsrelevanter Umstände - die vorliegend in der wesentlichen Änderung des Ausmaßes der verbüßten Strafe zu erblicken ist - erlaubt trotz rechtskräftiger Entscheidung eine neuerliche meritorische Prüfung. Als Faustregel kann daher gelten, dass der Verurteilte – sofern er sich nur auf das Ausmaß der verbüßten Strafe stützt und kein sonstiges substanziiertes neues Vorbringen erstattet – für jedes Jahr der verhängten Freiheitsstrafe einen Monat (also zB bei einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren fünf Monate), gerechnet ab der letzten gerichtlichen Entscheidung, zuzuwarten hat, bevor er einen neuen, meritorisch zu erledigenden Antrag auf bedingte Entlassung stellen kann (vgl OLG Wien *; Pieber , WK 2StVG § 152 Rz 31ff).

Rechtliche Beurteilung

Der somit zulässigen Beschwerde kommt jedoch keine Berechtigung zu.

Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 5052 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach Abs 2 leg cit ist für den Fall, dass ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 so lange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Die Anwendung der Zwei Drittel Entlassung soll nach erkennbarer Intention des StRÄG 2008 der Regelfall sein, der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallrisikos beschränkt bleiben ( Jerabek/Ropper , WK² § 46 Rz 17).

Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Taten, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (vgl Jerabek/Ropperin WK² StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist nach § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist oder durch Maßnahmen gemäß §§ 5052 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung - allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 5052 StGB - nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen.

Wie bereits im hg. Beschluss vom 7. Jänner 2025, AZ **, ausgeführt – auf den identifizierend verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl 12 Os 137/07z; RIS-Justiz RS0098568), scheitert eine bedingte Entlassung an spezialpräventiven Bedenken, die sich aus dem massiv getrübten Vorleben des Strafgefangenen (ON 6), der bereits mehrmaligen Hafterfahrung im Zusammenhalt mit dem nicht hausordnungskonformen Vollzugsverhalten (vgl. Ordnungsstraferkenntnisse ON 8, ON 9) ableiten lassen.

Ungeachtet der zu verbüßenden, 18 Monate übersteigenden Strafzeit (RISJustiz RS0131225) konnte mit Blick auf die im Verfahren AZ ** am 15. Mai 2024 erfolgte Anhörung des Strafgefangenen eine erneute Anhörung unterbleiben ( Drexler/Weger, StVG 5 § 152a Rz 1).

Da der Beschluss des Erstgerichts der Sach- und Rechtslage entspricht, war der Beschwerde kein Erfolg beschieden.