30Bs148/25x – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edwards als Vorsitzende sowie die Richterinnen Dr. Steindl und Dr. Hornich, LL.M., als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* wegen §§ 15, 105 Abs 1 StGB und § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. Mai 2025, GZ **, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 28. April 2025 des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB sowie des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt und nach § 107 Abs 2 StGB unter Anwendung von §§ 28 und 39 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt.
Der Beschwerdeführer beantragte rechtzeitig, noch vor seiner förmlichen Übernahme in den Strafvollzug am 3. Mai 2025 (ON 50) (RIS-Justiz RL0000168; RIS-Justiz RG0000090; Matzka/Zeder/Rüdisser, SMG³ § 39 Rz 28f) mit handschriftlicher Eingabe, eingelangt am 30. April 2025, die Gewährung eines Strafaufschubs nach § 39 Abs 1 SMG (ON 47) betreffend die gegenständliche Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien (ON 42.2).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht – in Übereinstimmung mit der ablehnenden Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Wien (ON 52) - den Antrag des Verurteilten mit der Begründung ab, es liege keine Beschaffungskriminalität vor.
Dagegen erhob der Verurteilte rechtzeitig Beschwerde (ON 56), in der er seine Suchtmittelergebenheit anspricht und (erstmals) auf einen Kausalzusammenhang zwischen der Tatbegehung und der Drogensucht hinweist, sohin von Beschaffungskriminalität auszugehen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Gemäß § 39 Abs 1 Z 1 SMG ist der Vollzug einer nach dem Suchtmittelgesetz (von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen) oder einer wegen einer Straftat, die mit der Beschaffung von Suchtmitteln in Zusammenhang steht, verhängten Geldstrafe oder drei Jahre nicht übersteigenden Freiheitsstrafe auch noch nach der Übernahme in den Strafvollzug (§ 3 Abs 4 StVG) für die Dauer von höchstens zwei Jahren aufzuschieben, wenn der Verurteilte an Suchtmittel gewöhnt ist und sich bereit erklärt, sich einer notwendigen und zweckmäßigen, ihm nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen gesundheitsbezogenen Maßnahme zu unterziehen.
Unter Beschaffungskriminalität sind Straftaten, die begangen werden, um Drogen zu erlangen (direkte Beschaffungsdelikte) oder solche, die verübt werden, um Geld und Tauschmittel für den Erwerb von Suchtmitteln zu lukrieren (indirekte Beschaffungsdelikte), zu verstehen. Die der Folgekriminalität zuzuordnenden, in einem durch den Genuss von Suchmittel beeinträchtigten Zustand begangenen Straftaten (zB Aggressionsdelikte) fallen nicht darunter (vgl Schwaighofer in WK 2 SMG § 35 Rz 27 ff).
Wie das Erstgericht zutreffend erkannte, scheitert die Anwendung des § 39 Abs 1 SMG – ungeachtet der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Suchtmittelergebenheit - bereits daran, dass das strafsatzbestimmende Delikt nicht der Beschaffungskriminalität zuordenbar ist. Auch lassen sich dem Akteninhalt (siehe hierzu Zeugenaussagen der Opfer ON 4.4, 4.5, 4.7, 28.2) keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Beschwerdeführer – wie nun erstmals in seinem Rechtsmittel behauptet – die Tat(en) beging, um sich durch den Verkauf von Alkoholika Suchtmittel beschaffen zu können.
Der Beschwerde ist daher ein Erfolg zu versagen.
Es bleibt dem Beschwerdeführer jedoch unbenommen, die in der Strafhaft nach § 68a Abs 1 StVG gebotenen Möglichkeiten zur Behandlung seiner Suchtmittelergebenheit zu nutzen.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).