JudikaturOLG Wien

10Ra13/25t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
22. Mai 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Atria als Vorsitzenden, die Richter Mag. Schmoliner und Mag. Marchel sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Gregor Lebschik (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Sascha Ernszt (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Mag. Johannes Bügler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B* , **, vertreten durch die Draskovits Unger Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 15.000 und Feststellung (Streitwert: EUR 1.000, Gesamtstreitwert: EUR 16.000), über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse: EUR 13.000 und Feststellung [EUR 1.000]) gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 28.1.2025, GZ ** 71, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.696,02 (darin EUR 282,67 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Beide Parteien sind bei der C* GmbH Co KG (im Folgenden kurz: Dienstgeber) beschäftigt. Dabei waren sie seit 2015 als Kundenberater in der Info bzw Ticketstelle (Ticketschalter) am D* tätig. Bei diesem Ticketschalter sitzen in der Regel mehr als zwei Personen in einem Raum. Ab Sommer 2019 wurden sie vermehrt in derselben Schicht eingeteilt und arbeiteten ab diesem Zeitpunkt regelmäßig zusammen. Nach einer Meldung des Beklagten an seine Vorgesetzten, dass er sich von der Klägerin sexuell belästigt fühle, stellte der Compliance Verantwortliche des Dienstgebers nach einer Gegenüberstellung von Klägerin und Beklagtem am 30.10.2020 fest, dass offensichtlich eine Beziehung privater Natur stattgefunden hatte, welche dann für einen der beiden beendet war und für den anderen nicht, und dass hier jedenfalls keine Form von sexueller Belästigung vorliege. Er ordnete weiters an, dass die beiden von nun an getrennt arbeiten sollten und auch nicht mehr bei Schulungen oder ähnlichen Veranstaltungen zusammentreffen sollten. Der Beklagte wurde dauerhaft vom D* versetzt und wurde seitens der Dienstgeberin auch darauf geachtet, dass die beiden nicht mehr bei Schulungen gemeinsam eingeteilt wurden. Die Klägerin fühlte sich aufgrund des gegen sie gerichteten Vorwurfs der sexuellen Belästigung gedemütigt. Durch diese Kränkung infolge des Vorwurfs der sexuellen Belästigung erlitt sie eine Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion und Schlafstörung.

Mit Klage vom 29.8.2023 begehrte sie ein Schmerzengeld von EUR 15.000 sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für sämtliche künftige, derzeit noch unbekannte Spät- und Dauerschäden aufgrund der falschen Anschuldigungen der sexuellen Belästigung vom Oktober 2020. Der Beklagte habe versucht, ihr „näher zu kommen“ . Als sie ihn abgelehnt habe, habe er sie im Oktober 2020 böswillig unternehmensintern wegen sexueller Belästigung angezeigt. Auch nach seiner Versetzung habe er versucht, Kontakt zu ihr herzustellen und habe weiterhin unter Kollegen und Vorgesetzten Gerüchte verbreitet, dass sie den Beklagten sexuell belästigt habe. Durch die falschen Anschuldigungen leide sie an Schlafstörungen und einer depressiven Störung mit Krankheitswert. Sie befinde sich laufend in psychologischer Betreuung, um die Vorfälle zu verarbeiten. In weiterer Folge stützte die Klägerin ihr Klagebegehren auch auf den Rechtsgrund einer geschlechtsbezogenen Belästigung nach § 7 iVm § 12 GlBG. Der Beklagte habe sie durch unangemessene Äußerungen, Aufsuchen ihrer Nähe und Provokationen belästigt, um ihr den Eindruck zu vermitteln, dass sie eine „minderwertige Frau“ sei.

Der Beklagte bestritt, dass er versucht habe, der Klägerin „näher zu kommen“ . Vielmehr habe diese unangebrachte Avancen ihm gegenüber gemacht. Er habe dieses unangebrachte Verhalten der Klägerin schließlich unternehmensintern gemeldet. Auch habe er der Klägerin nach der Versetzung in keiner Weise nachgestellt.

Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht den Beklagten zu einem Schadenersatz von EUR 2.000 für zwei festgestellte geschlechtsbezogene Belästigungen und wies das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer EUR 13.000 sowie Feststellung der Haftung des Beklagten ab.

Dabei legte es seiner Entscheidung neben dem eingangs zusammengefasst wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt folgende Feststellungen zugrunde (angefochtene Feststellungen hervorgehoben):

„[…] Ungefähr im Sommer 2019 wurden die Klägerin und der Beklagte vermehrt in derselben Schicht eingeteilt und arbeiteten ab diesem Zeitpunkt regelmäßig zusammen.

Zunächst war der Kontakt der beiden durchaus positiv, sie schrieben sich bald auch privat auf diversen Messenger-Diensten wie über SMS oder WhatsApp oder auch über E-Mail und tauschten sich aus, dies nicht nur im beruflichen Kontext.

Im Jahr 2019 schenkte die Klägerin dem Beklagten zum Geburtstag ein Klappmesser, der Beklagte schenkte der Klägerin ein Stofftier.

Die Konversation zwischen den beiden gestaltete sich auf schriftlicher Ebene bald auch sexuell konnotiert, es lässt sich nicht feststellen, von wem dies ausging.

Zunächst waren beide damit einverstanden. Ganz allgemein herrschte an der Dienststelle am D* durchaus ein derber Umgangston, dies war grundsätzlich scherzhaft gemeint, es lief ein „tiefer Schmäh“.

Die Klägerin schickte dem Beklagten regelmäßig sexuell konnotierte und anzügliche Nachrichten, ab Anfang 2020 – spätestens Mitte März 2020 - schickte der Beklagte der Klägerin keine sexuell konnotierten SMS oder WhatsApp oder E-Mails mehr (mit einer Ausnahme). Er wehrte die schriftlichen Avancen der Klägerin eher ab (Beilage ./B). Der Beklagte fühlte sich ab 2020 von der Klägerin zunehmend belästigt (1.1.).

So etwa forderte die Klägerin immer wieder zur Begrüßung ein Bussi auf den Mund ein, dem Beklagten war das zwar nicht so recht, er tat dies aber doch. Auch sonst begann die Klägerin den Beklagten immer wieder im Vorbeigehen zu berühren und zu streicheln, so etwa fuhr sie, wenn sie an ihm vorbeiging, mit ihrer Hand am Arm des Beklagten entlang. Der Beklagte wollte dies nicht (1.2.).

Das Verhältnis der beiden wurde in der Folge immer angespannter, der Beklagte wurde zur Klägerin ab Juni 2020 immer unfreundlicher, dies hatte allerdings zunächst nicht den Effekt, dass die Klägerin mit ihren Körperlichkeiten gegenüber dem Beklagten aufhörte. Die Klägerin schickte dem Beklagten noch im Juli eindeutig sexuell konnotierte Nachrichten (Beilage./E; 1.3.).

Allerdings sandten der Beklagte und die Klägerin einander noch im Juni 2020 Nachrichten (Beilage./B, Seite 2), welche zwischendurch auch durchaus freundlich waren.

Die Klägerin zog sich aufgrund des unfreundlichen Verhaltens des Beklagten im Juli 2020 ein wenig zurück, versuchte aber dennoch immer wieder, Kontakt mit dem Beklagten anzubahnen, dies auch auf sexuell konnotierte Weise (1.3.).

Körperliche Aufdringlichkeiten von Seiten des Beklagten gegenüber der Klägerin gab es hingegen nicht.

Am 10. Juli 2020 übermittelte der Beklagte der Klägerin und dem Kollegen E* zwei Bilder, eines enthält eine Verpackung, auf welche sich die Aufschrift „F*“ befindet, auf dem zweiten Bild findet sich ein nackter Mann, welcher einen Löffel in seinen Anus gesteckt hat (Seite 8 in Beilage./B). Die Klägerin wollte diese pornographischen Bilder nicht erhalten, sie waren ihr unangenehm (Beilage ./S). Der Beklagte sandte der Klägerin diese pornographischen Bilder nicht, um sie vonweiteren sexuellen Annäherungsversuchen abzuhalten, sondern weil er diese Bilder an die ganze Gruppe schicken wollte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte vor der Klägerin seine Hose öffnete, mit der Hand in die Hose griff und an seinen Genitalien herumspielte.

Der Beklagte sagte nicht in Gegenwart der Klägerin „Stört ́s wen wenn ich jetzt a Hur kommen lass, unterm Schalter ist ja noch ganz viel Platz.“

Ebenso wenig sagte der Beklagte zur Klägerin einmal in Anwesenheit eines Kollegen „Hinunter auf die Knie und blase um Vergebung.“

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte Anfang Juli 2020 der Klägerin ins Gesicht gerülpst hat.

Der Beklagte hat die Klägerin auch nicht in Anwesenheit des Arbeitskollegen G* angeschrien und gesagt „Der verarscht di do nur, siehst du das net, du bist so deppert.“

Einmal nahm die Klägerin dem Beklagten sein Handy weg, weil sie sehen wollte, was er da gerade tat, der Beklagte holte sich das Handy zurück, wobei er auch handgreiflich wurde.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte im Zeitraum Frühjahr/Sommer 2020 der Klägerin so fest auf den Hinterkopf geschlagen hat, dass ihr Zopfgummi wegflog, nachdem er irrtümlich einen Kuli auf die Wange geworfen bekommen hatte (1.4.).

Einmal waren die Klägerin und der Beklagte gemeinsam mit einem dritten Kollegen am Abend unterwegs, die Klägerin führte den Beklagten danach nach Hause, dieser Vorfall ereignete sich Ende Mai 2020, es kann nicht festgestellt werden, dass hier der Beklagte die Klägerin indirekt durch Gesten aufforderte, sexuelle Handlungen mit ihm zu vollziehen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte im bzw. nach Juni 2020 im Waschraum versuchte, die Klägerin zu küssen, oder sie am Rücken streichelte.

Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass in oder nach Juni 2020 der Beklagte im Raucherzimmer in ** die Klägerin durch Gesten zu sexuellen Handlungen aufforderte, als diese ihn dort besuchte und ihr ein feuchtes Bussi auf den Mund gab (Seite 12 in ON 18; 1.5.).

Insgesamt wurde der Beklagte ab Juni 2020 zur Klägerin immer unfreundlicher. Das belastete die Klägerin durchaus. Er tat dies, weil er sich durch die Klägerin immer mehr belästigt fühlte und diese Belästigungen abstellen wollte.

Der Beklagte erzählte den Kolleg:innen nicht, dass er sich von der Klägerin belästigt fühlte. Er gab an, dass er sich nicht mehr mit ihr vertrug. Einige Kolleg:innen wussten, dass es hier einen Konflikt gab. Einige hatten wahrgenommen, dass sich die Beiden zunächst verstanden hatten, aber danach nicht mehr, aus welchem Grund sie sich nicht mehr verstanden, wussten sie nicht.

Im Sommer 2020, Ende Juli/Anfang August, befand sich die Klägerin auf Urlaub, in dieser Zeit herrschte zunächst Ruhe, der Beklagte wurde auch nicht mehr dauerhaft am D* eingesetzt, sodass sich die beiden nicht mehr ständig sahen.

Nach ihrem Urlaub sandte die Klägerin dem Beklagten noch WhatsApp, erhielt aber darauf keine Antwort mehr (S 12 in Beilage ./B).

Am 18.10.2020 schickte die Klägerin dem Beklagten eine lange WhatsApp-Nachricht in der Nacht, in der sie ihm erklärte, dass und warum sie sich aus ihrer Sicht zurückgezogen hätte. Sie erwähnte in diesem langen Schreiben, dass sie grundsätzlich Interesse am Beklagten gehabt hätte und sie führte auch an, dass sie eine Pause brauche, und dass insgesamt die Zeiten sehr intensiv waren.

Daraufhin meldete der Beklagte seinen Vorgesetzten Frau H* und Frau I*, dass er sich von der Klägerin sexuell belästigt fühlte. Er wollte dies eigentlich im Vertrauen behandelt haben. Die beiden Vorgesetzten des Beklagten meinten jedoch, dies müsse an die Compliance-Abteilung weitergeleitet werden (1.6.).

Die Angelegenheit wurde dann an die Compliance-Abteilung, dessen Leitung Mag. J* innehat, weitergeleitet. Dieser ließ die Klägerin durch Mag. K* im Beisein ihres Vorgesetzten Herrn L* (und auch anderen) befragen und vernehmen. Es kam am 30.10.2020 zu einer Gegenüberstellung von Klägerin und Beklagtem. Der Compliance-Verantwortliche Mag. J* stellte letztlich fest, dass hier offensichtlich eine Beziehung privater Natur stattgefunden hatte, welche dann für einen der beiden beendet war und für den anderen nicht, dass hier jedenfalls keine Form von sexueller Belästigung vorliege. Er ordnete an, dass die beiden von nun an getrennt arbeiten sollten und auch nicht mehr bei Schulungen oder ähnlichen Veranstaltungen zusammentreffen sollten.

Die Klägerin war über das Ergebnis dieser Vorgänge entsetzt, sie wollte auf keinen Fall im Raum stehen lassen, dass sie den Beklagten sexuell belästigt hatte. Auch sonst beschäftigte und kränkte sie dieser Vorfall sehr. Auch der Beklagte war mit dem Ergebnis nicht sonderlich glücklich und zufrieden.

Bei der Gegenüberstellung am 30.10.2020 waren Mag. J*, Frau H*, die Vorgesetzte des Beklagten, Herr L*, der Vorgesetzte der Klägerin, Frau M*, der Beklagte und die Klägerin anwesend. Der Beklagte meinte bei der Gegenüberstellung, er habe aufgrund der Körperfülle der Klägerin Angst vor dieser. Diese Aussage verletzte die Klägerin, sie fühlte sich durch den Beklagten gedemütigt. Es kann nicht festgestellt werden, dass er sich tatsächlich vor der Klägerin fürchtete.

Der Beklagte wurde nach diesem Gespräch dauerhaft vom D* versetzt.

Es wurde darauf geachtet, dass die Beiden auch nicht mehr bei Schulungen gemeinsam eingeteilt wurden. Der Beklagte trug sich nicht in der Absicht zu Online-Schulungen ein, die Klägerin dort zu sehen oder zu provozieren. Auch nach Oktober 2020 suchte der Beklagte keinerlei Kontakt mehr zur Klägerin.

Die Klägerin meldete ein paar Mal, wenn die Beiden irrtümlich gemeinsam zu einer Online-Schulung eingeteilt waren, dann wurde diese Einteilung wieder geändert (Beilage./N und ./O).

Die Klägerin sah den Beklagten noch bei der einen oder anderen Online-Schulung, wenn er zufällig bei der Schulung dabei stand, teilgenommen hat er daran nicht.

So etwa gab es am 30.06.2022 einen Jour fixe, welcher via N* stattfand. Da war der Beklagte im Hintergrund zu sehen, er ging teilweise im Hintergrund hin und her. Er hat auch einmal in den Bildschirm geschaut. Er tat dies nicht, weil er die Klägerin dort gesehen hat und auch nicht, um diese in irgendeiner Form zu provozieren (1.7.).

Der Beklagte hat sich auch nicht als Dienststellensprecher für ** beworben, um bei Online-Schulungen allenfalls mit der Klägerin gemeinsam teilzunehmen.

Nach Oktober 2020 schickten die Klägerin und der Beklagte einander keine Nachrichten mehr, weder über SMS, noch über WhatsApp oder über E-Mail, lediglich einmal schickte die Klägerin dem Beklagten ein „Wink“ Emoji.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte im Jahr 2021 ein mit Sperma beflecktes T-Shirt der Klägerin in ihren Spind gelegt hat.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte bewusst regelmäßig den WhatsApp Status der Klägerin abfragte, um sie zu belästigen oder in irgendeiner Form zu verfolgen (1.8.).

Im Februar 2021 blockierte der Beklagte den WhatsApp Kontakt der Klägerin (S 1 Beilage ./1).

Die Beiden trafen auch kaum mehr persönlich aufeinander. Es gab einmal eine Verabschiedungsfeier im April 2022, zu welcher die Klägerin gehen wollte, sie sah dann anhand der auf ihrem Handy einlangenden Fotos, dass auch der Beklagte dort war, und beschloss dann nicht hinzugehen. Der Beklagte ging nicht hin, nur um die Klägerin zu provozieren oder um dieser persönlich zu begegnen.

Am O*-Tag am 25.09.2021 war die Klägerin zum Dienst eingeteilt. Dort tauchte auch der Beklagte auf, er war privat dort. Der Beklagte war nicht dort, um Kontakt zur Klägerin aufzunehmen oder um die Klägerin in irgendeiner Form zu provozieren oder zu stören.

Auch am O*-Tag 2023, im September 2023, bei dem die Klägerin Dienst hatte, erschien der Beklagte. Er war damals privat dort, um seine Kollegin und Bekannte P* zu besuchen. Er wusste, dass die Klägerin auch dort war und versuchte, ein Zusammentreffen mit ihr zu vermeiden und möglichst kurz zu halten (1.9.). Die Kollegin P* und er hielten sich nicht am Stand auf, bei dem die Klägerin tätig war.

Der Beklagte war bei keinem der beiden O*-Tagen anwesend, um die Klägerin zu sehen oder diese einzuschüchtern, herabzuwürdigen oder zu erniedrigen.

Im Jahr 2023 fand ein Abteilungsleiter-Jour fixe in Präsenz statt, an welchem die Klägerin teilnahm. Irrtümlich, aufgrund eines Versehens der Vorgesetzten, war auch der Beklagte zu diesem Jour fixe eingeteilt. Die Beiden begegneten einander kurz im Raum, die Klägerin verließ daraufhin sofort den Raum, sie kehrte auch nicht mehr in die Schulung zurück (Beilage ./Z). Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte, als er bei der Schulung die Klägerin kurz sah, sich besonders breit machte und „aufplusterte“, um die Klägerin einzuschüchtern oder seine Macht ihr gegenüber zu demonstrieren (1.10.).

Zusammengefasst hat der Beklagte nach Oktober 2020 keine Handlung gesetzt, mit welcher er die Klägerin demütigen, herabwürdigen oder provozieren wollte. Der Beklagte hatte im Oktober 2020 den Vorwurf der sexuellen Belästigung gegenüber dem Dienstgeber erhoben, weil er sich von der Klägerin belästigt fühlte und es ihm zu viel geworden war. Er tat es nicht, um die Klägerin zu demütigen, zu erniedrigen oder sie in ihrer sexuellen Sphäre zu diskreditieren (1.11.).

Die Klägerin fühlte sich aufgrund des gegen sie gerichteten Vorwurfs der sexuellen Belästigung gedemütigt. Sie fühlte sich aufgrund dieses Vorwurfs auch danach noch schlecht und ging es ihr psychisch nicht gut. Durch diese Kränkung, welche durch den Vorwurf der sexuellen Belästigung hervorgerufen wurde, erlitt die Klägerin eine Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion und Schlafstörung. Diese bedurfte einer therapeutischen Intervention. Die Klägerin suchte jedoch unmittelbar danach keine Therapie auf. Ende Jänner, am 27. Jänner 2021, wandte sich die Klägerin noch einmal an die Compliance-Abteilung und hatte ein Gespräch mit Frau K*. Sie erklärte dort, dass es ihr nach wie vor nicht gut ging. Frau K* fragte die Klägerin, ob sie intern oder extern psychologische Hilfe haben wolle. Die Klägerin nahm daraufhin zunächst interne psychologische Hilfe in Anspruch, diese half ihr aber nicht. Erst im Februar 2023 begann sie eine intensivere Therapie, sie befand sich im März 2023 auch einige Wochen im Krankenstand.

Gerafft auf einen 24-Stunden Tag empfand die Klägerin durch die Erlebnisse mit dem Beklagten leichte ideelle Schmerzen im Ausmaß von 10 Tagen. Gesundheitliche Spät- oder Dauerfolgen aus diesen Ereignissen sind für die Klägerin ausgeschlossen (1.12.).

Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass das Verhalten des Beklagten der Klägerin gegenüber ab Juni 2020 zwar unfreundlich, aber darauf zurückzuführen gewesen sei, dass der Beklagte die Annäherungen der Klägerin immer mehr abgelehnt habe. Auch die Meldung einer sexuellen Belästigung seitens des Beklagten sei weder als rechtswidriges noch als schuldhaftes Verhalten einzustufen. Die Klägerin habe ihren Schadenersatzanspruch auch auf eine geschlechtsbezogene Belästigung nach § 7 iVm § 12 GlBG gestützt. Die Beklagte sei zwar aufgrund der körperlichen Annäherungen und diverser sexueller Aufdringlichkeiten der Klägerin zu dieser unfreundlich gewesen. Daraus lasse sich aber kein der sexuellen oder auch geschlechtsbezogenen Sphäre zuzuordnendes Verhalten des Beklagten ableiten. Die Meldung einer sexuellen Belästigung beim Arbeitgeber könne eine geschlechtsbezogene Verhaltensweise darstellen, welche die Würde der angezeigten Person beeinträchtige, wenn tatsächlich keine sexuelle Belästigung von der angezeigten Person ausgegangen sei. Auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts sei hier zumindest ab einem bestimmten Zeitpunkt schon eine Belästigung der Klägerin gegenüber dem Beklagten vorgelegen. Sie habe den Beklagten immer wieder am Arm berührt, obwohl er das nicht gewollt habe, sie habe ihm Nachrichten geschrieben, die er so nicht gewollt habe, sie sei in ihren Nachrichten immer wieder persönlich in die sexuelle Sphäre abgedriftet, obwohl der Beklagte dies nicht gewünscht habe. Hinzu komme, dass die Meldung des Beklagten auch kein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Arbeitsumfeld für die Klägerin geschaffen habe; schon gar nicht habe er dies bezweckt, habe er doch eigentlich gar nicht gewollt, dass seine Meldung weitergeleitet werde. Ergebnis der Anzeige sei ja auch gewesen, dass nach Ansicht der Compliance Abteilung keine sexuelle Belästigung vorgelegen sei, die Klägerin sei an ihrer Dienststelle verblieben und lediglich der Beklagte sei versetzt worden. Die Meldung der sexuellen Belästigung durch den Beklagten erfülle daher den Tatbestand der sexuellen oder geschlechtsbezogenen Belästigung nicht. Lediglich die Übermittlung von zwei pornografischen Bildern im Juli 2020 sowie die Äußerung des Beklagten bei der Gegenüberstellung am 30.10.2020 in Anwesenheit mehrerer Personen, dass er sich aufgrund der Körperfülle vor der Klägerin fürchte, würde eine sexuelle bzw geschlechtsbezogene Belästigung der Klägerin durch den Beklagten darstellen, für die jeweils ein Schadenersatz für die erlittene persönliche Beeinträchtigung in der Höhe von EUR 1.000 gerechtfertigt sei.

Gegen den klageabweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung einschließlich sekundärer Feststellungsmängel mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im gänzlich klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in seiner Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Zur Beweisrüge:

1.1. Die Berufung begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

„Die Klägerin schickte dem Beklagten sexuell konnotierte und anzügliche Nachrichten. Auch der Beklagte schickte der Klägerin sexuelle konnotierte Nachrichten und provozierte sie. Er fühlte sich von der Klägerin nicht sexuell belästigt.“

Dass auch der Beklagte der Klägerin bis Mitte März 2020 sexuell konnotierte Nachrichten schickte, geht auch aus der angefochtenen Feststellung hervor. Insofern weicht die gewünschte Ersatzfeststellung, die sich insbesondere auch auf ein am 20.2.2020 übermitteltes Bild bezieht, von der getroffenen Feststellung nicht ab. Dass der Beklagte der Klägerin am 10.7.2020 zwei pornografische Bilder (Verpackung mit Aufschrift „F*“; nackter Mann mit einem Löffel im Anus) schickte, hat das Erstgericht ohnedies festgestellt. Auch soweit geht die Begründung der Beweisrüge ins Leere.

Die Formulierung der erstgerichtlichen Feststellungen, dass der Beklagte „die schriftlichen Avancen der Klägerin eher abwehrte“ und sich „ab 2020 von der Klägerin zunehmend belästigt“ fühlte, schließt – wie auch in der Beweiswürdigung ausgeführt – vereinzelt ein anderes Verhalten des Beklagten nicht aus. Jedenfalls spricht die Nachricht des Beklagten vom 26.6.2020, mit der er der Klägerin für ein von ihr gewünschtes schönes Wochenende mit „Jo, dir auch! Bis Montag!“ geantwortet hat, bei Gesamtbetrachtung der Korrespondenz zwischen den Parteien keineswegs gegen die getroffene Feststellung. Vielmehr geht aus dieser Korrespondenz hervor, dass der Beklagte bereits im Dezember 2019 auf die direkten sexuellen Anspielungen der Klägerin ihm gegenüber unfreundlich und zurückweisend reagierte (SMS vom 15.12.2019, Beil./E).

1.2. Die Berufung begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

„Die Streitteile begrüßten sich einvernehmlich mit einem Bussi auf den Mund. Die Klägerin streichelte und berührte den Beklagten nicht gegen seinen Willen.“

Entgegen der Berufungsausführung ist die bekämpfte Feststellung keinesfalls so zu verstehen, dass der Beklagte Monate lang von der Klägerin gezwungen worden sei, sie auf den Mund zu küssen, dies unter Anwendung von Gewalt. Dass das „Begrüßungsbussi“ auf den Mund anfangs vom Beklagten ausgegangen sei, steht mit der Feststellung, dass dies dem Beklagten ab 2020 „nicht so Recht“ war, nicht im Widerspruch. Eindeutig ist in diesem Zusammenhang etwa die SMS Korrespondenz vom 26.6.2020 (Beil./ 1, 6; Klägerin: „Und wo bleibt mein Kussi Bussi?“ Beklagter: „In der Hölle vermutlich. Hör endlich auf mit dem Mist.“ ).

Dass die körperlichen Berührungen der Klägerin dem Beklagten nicht recht waren, ergab sich nicht nur aus der Aussage des Beklagten. Sowohl der Zeuge E* als auch der Zeuge Q* schilderten aus eigener Wahrnehmung solche körperlichen Berührungen, und dass diese dem Beklagten nicht angenehm waren (Protokoll ON 44, 24 ff und ON 59, 14 ff).

1.3. Die Berufung begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

„Das Verhältnis der beiden wurde in der Folge immer angespannter, der Beklagte wurde zur Klägerin ab Juni 2020 immer unfreundlicher. Die Klägerin zog sich aufgrund des unfreundlichen Verhaltens des Beklagten im Juli 2020 ein wenig zurück und verschickte dem Beklagten keine sexuell konnotierten Nachrichten mehr.“

Die Klägerin begründet ihre Beweisrüge ausschließlich damit, dass ihre – zweifelsohne sexuell konnotierte – SMS laut Beil./E von ihr am 15.12.2019 und nicht am 30.7.2020 verschickt worden sei. Dies gehe auch aus der Urkunde Beil./E hervor (Beil./E, 1). Aus der Beil./E, 2 sei erkennbar, dass der 30.7.2020 lediglich das Datum des vom Beklagten angefertigten Screenshots der Nachrichten sei.

Allein dem anderen Datum der SMS der Klägerin Beil./E (15.12.2019 statt 30.7.2020) käme keine Entscheidungsrelevanz zu. Selbst wenn diese SMS bereits im Dezember 2019 verschickt worden wäre, würde dies entgegen der Berufung keinesfalls bedeuten, dass der Beklagte – vor dem Hintergrund des soweit unstrittigen Inhalts der WhatsApp Nachricht der Klägerin vom 18.10.2020 - die Klägerin „willkürlich“ bei ihrem Arbeitgeber wegen sexueller Belästigung angezeigt habe.

Darüber hinaus überzeugt die Beweisrüge auch insofern nicht, als das Erstgericht die Beil./E offensichtlich bloß demonstrativ als Beweis für die getroffene Feststellung herangezogen hatte. Aus dem vorgelegten SMS Verkehr gehen auch noch andere Nachrichten der Klägerin mit sexueller Konnotation im Juni 2020 hervor (zB vom 19. und 20.6.2020, Beil./B, 2, vom 23.6.2020, Beil.B/, 7).

1.4. Die Berufung begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

„Der Beklagte sagte in Gegenwart der Klägerin „Störts wen, wenn ich jetzt a Hur kommen lass, unterm Schalter ist ja noch ganz viel Platz.“ Ebenso sagte der Beklagte zur Klägerin einmal in Anwesenheit eines Kollegen „Hinunter auf die Knie und blase um Vergebung. Der Beklagte rülpste Anfang Juli 2020 der Klägerin ins Gesicht. Der Beklagte hat die Klägerin auch in Anwesenheit des Arbeitskollegen G* angeschrien und gesagt, „Der verarscht di do nur, siehst du das net, du bist so deppert“.“

Das Erstgericht hat die bekämpften Negativfeststellungen auf die Aussagen der Zeugen E*, Q* und G* gestützt, welche bei den verschiedenen von der Klägerin so behaupteten herabwürdigenden Äußerungen des Beklagten anwesend waren. Das Erstgericht hat sich dabei in seiner Beweiswürdigung im Einzelnen nicht nur mit dem persönlichen Eindruck der Zeugen bei ihrer Einvernahme, sondern auch dem Inhalt ihrer jeweiligen Aussagen in Bezug auf die dem Beklagten vorgeworfenen Äußerungen auseinandergesetzt und kam dabei zur Schlussfolgerung, dass keiner der Zeugen die Aussage der Klägerin bestätigen habe können (Urteilsausfertigung Seiten 12 und 13).

Das Berufungsvorbringen, die genannten Zeugen würden im selben Team wie der Beklagte arbeiten und seit Jahren ein freundschaftliches Verhältnis zueinander pflegen, vermag diese Beweiswürdigung nicht zu entkräften. Zum Einen bleibt bereits unklar, was die Klägerin mit „im selben Team“ meint. Die genannten Zeugen wie auch beide Parteien waren und sind beim selben Dienstgeber im Kundendienstbereich tätig und wurden und werden dabei in verschiedenen Ticketstationen in ** eingesetzt. Wer von den Zeugen dabei mit dem Beklagten in welchem Zeitraum in welcher Ticketstation gleichzeitig im Einsatz war oder ist, wurde und wird von der Klägerin gar nicht näher ausgeführt, und spielte dies auch in den Befragungen zu den von der Klägerin konkret behaupteten Vorkommnissen keine Rolle.

So sagte der Zeuge Q* etwa aus, dass er auch am D* als Kundenberater tätig gewesen sei und dabei im Jahr 2019/2020 zumindest ein paar Tage in der Woche mit den beiden Parteien in einer Schicht zusammengearbeitet habe; er sei mit keiner der beiden Parteien privat befreundet, aber sie hätten ein kollegiales Verhältnis miteinander gehabt. Der Zeuge bestritt dezidiert die von der Klägerin behaupteten Aussagen des Beklagten und schilderte vielmehr eine von der Klägerin ausgehende Zudringlichkeit und ebenso wie die – von der Klägerin selber beantragte! - Zeugin R*, dass die Klägerin bei den Schmähs „zwar durchaus austeilen, aber schlecht einstecken konnte“ (Protokoll ON 59, Seite 14 ff).

Der Zeuge G* arbeitete nur ein Mal mit der Klägerin und dem Beklagten gemeinsam am D* und bestritt dezidiert die von der Klägerin behauptete Aussage des Beklagten an diesem Arbeitstag. Er betonte auch, sonst keinerlei näheren Kontakt mit dem Beklagten zu haben (Protokoll ON 62, Seite 10 f).

Schon allein diese deutlichen Aussagen zweier unbeteiligter, zum Beklagten in keinerlei Naheverhältnis stehender Zeugen tragen nicht nur die bekämpften Negativfeststellungen, sondern sprechen auch deutlich gegen die Glaubwürdigkeit bzw ein ungetrübtes Erinnerungsvermögen der Klägerin hinsichtlich der von ihr behaupteten Äußerungen und Verhaltensweisen des Beklagten.

Die in der Berufung hervorgehobene Freundschaft des Zeugen E* zum Beklagten beschränkt sich auf fallweises gemeinsames Online Computerspielen (Protokoll ON 44, Seite 24). Gerade dieser Zeuge schilderte detailreich aus eigener Wahrnehmung, dass er mit beiden Streitparteien regelmäßig in der selben Schicht „als ganz gutes Team“ zusammengearbeitet habe. Seine Schilderungen und Verhaltensweisen beider Streitteile entspringen offensichtlich eigener Wahrnehmung. Eine tendenziöse Schilderung zu Lasten oder zu Gunsten einer der Parteien ist daraus nicht zu erkennen.

1.5. Die Berufung begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

„Ein Mal waren die Klägerin und der Beklagte gemeinsam mit einem dritten Kollegen am Abend unterwegs, die Klägerin führte den Beklagten danach nach Hause, dieser Vorfall ereignete sich Ende Mai 2020, der Beklagte forderte die Klägerin indirekt durch Gesten auf, sexuelle Handlungen mit ihr zu vollziehen. Der Beklagte versuchte im bzw nach Juni 2020 im Waschraum, die Klägerin zu küssen und sie am Rücken zu streicheln. Der Beklagte hat im oder nach Juni 2020 im Raucherzimmer in ** die Klägerin durch Gesten zu sexuellen Handlungen aufgefordert, als diese ihn dort besuchte, und ihr ein feuchtes Bussi auf den Mund gegeben.“

Gestützt werden die begehrten Ersatzfeststellungen ausschließlich „auf die glaubwürdigen Aussagen der Klägerin“ . Zur eingeschränkten Glaubhaftigkeit der Aussagen der Klägerin zu den von ihr behaupteten Vorwürfen wurde bereits oben Stellung genommen. Die Berufung geht auch in keiner Weise auf den Inhalt der Textnachricht der Klägerin vom 18.10.2020 ein, aus welcher hervorgeht, dass die Klägerin bei den genannten Anlässen (Nachhausebringen des Beklagten im Mai 2020; Zusammenkommen der Parteien im Raucherzimmer im Juni 2020) eher mit ihrem eigenen Verhalten in diesen Situationen und nicht mit dem Verhalten des Beklagten haderte (Beil./ 1, Seite 10 ff).

Soweit hier überhaupt eine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge vorliegt, überzeugt sie inhaltlich nicht.

1.6. Die Berufung begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

„Am 18.10.2020 in der Nacht schickte die Klägerin dem Beklagten eine lange WhatsApp Nachricht, in der sie ihm erklärte, dass und warum sie sich aus ihrer Sicht zurückgezogen hätte. Sie erwähnte in diesem langen Schreiben, dass sie grundsätzlich Interesse am Beklagten gehabt hätte und sie führte auch an, dass sie eine Pause brauche, und das insgesamt die Zeiten sehr intensiv waren, weil sie Angst vor dem Beklagten hatte und wieder auf der kollegialen Ebene kommunizieren wollte. Daraufhin meldete der Beklagte seinen Vorgesetzten Frau H* und Frau I*, dass er sich von der Klägerin sexuell belästigt fühlte, um eine demütigende Arbeitswelt für die Klägerin zu schaffen.“

Im ersten Teil der angefochtenen Feststellungen hat das Erstgericht ausschließlich den Inhalt der erwähnten Textnachricht der Klägerin vom 18.10.2020 zusammengefasst. Der Inhalt dieser im Volltext vorgelegten Textnachricht (Beil./1, Seite 10 ff) war unstrittig, sodass der Zusammenfassung ohnehin keine gesonderte Entscheidungsrelevanz zukommt.

Warum die Klägerin diese Textnachricht verfasste, wurde vom Erstgericht nicht festgestellt, sodass in dem in der Berufung behaupteten Motiv keine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge liegt. Darüber hinaus sprechen Inhalt und Formulierung dieser Textnachricht ganz eindeutig gegen die Behauptung, die Klägerin hätte diese Nachricht aus Angst vor dem Beklagten verfasst.

Die Feststellung, dass der Beklagte seine Meldung an die beiden (weiblichen) Vorgesetzten vertraulich behandelt haben wollte, stützte das Erstgericht auf die entsprechende Aussage der Vorgesetzten Frau H* (Protokoll ON 44, Seite 23). Die Berufung geht darauf nicht ein und ist auch insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt.

1.7. Die Berufung begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

„Der Beklagte trug sich in der Absicht zu Online Schulungen ein, die Klägerin dort zu sehen oder zu provozieren. Auf diesem Weg suchte der Beklagte Kontakt zur Klägerin.

Die Klägerin sah den Beklagten auch bei der einen oder anderen Online Schulung.

So gab es am 30.6.2022 einen Jour fixe, welcher via N* stattfand. Da war der Beklagte im Hintergrund zu sehen, er ging teilweise im Hintergrund hin und her. Er grinste die Klägerin an, um sie zu provozieren.“

Unstrittig ist soweit, dass der Beklagte nach dem Gespräch in der Compliance Abteilung (Gegenüberstellung) am 30.10.2020 dauerhaft vom D* versetzt wurde, dass in der Folge seitens des Dienstgebers darauf geachtet wurde, dass die Streitteile nicht mehr bei Schulungen gemeinsam eingeteilt werden, und dass die Klägerin „ein paar Mal“ meldete, wenn die beiden irrtümlich gemeinsam zu einer Online Schulung eingeteilt waren, woraufhin diese Einteilung wieder geändert wurde. Unstrittig ist weiters, dass der Beklagte für die Klägerin bei einem online stattfindenden Jour fixe am 30.6.2022 am Bildschirm im Hintergrund hin und hergehend zu sehen war (soweit übereinstimmend vorgebrachte bzw unangefochtene Feststellungen). Strittig ist daher nur die behauptete Eintragung zu Online Schulungen durch den Beklagten in der Absicht, die Klägerin dort zu sehen oder zu provozieren, sowie ein behauptetes „Angrinsen“ des Beklagten während des Jour fixe am 30.6.2022, um die Klägerin zu provozieren.

Da die Streitteile bei verschiedenen Stationen eingesetzt waren und der einzelne Dienstnehmer bei der Anmeldung zu Online Schulungen gar nicht sehen konnte, zu welchen Terminen sich andere Dienstnehmer angemeldet haben (soweit noch übereinstimmend die Aussagen der Streitteile in ON 18, Seite 17 und ON 44, Seite 7) war das Aussuchen eines gemeinsamen Termins für den Beklagten bei seiner Anmeldung gar nicht möglich. Die Schilderung der Klägerin, der Beklagte habe dann im Nachhinein seinen Termin gewechselt, erscheint wenig glaubhaft, erfolgte doch die Einteilung zu den Schulungsterminen von der diensteinteilenden Stelle, die auch davon wusste, dass die Streitteile nicht mehr aufeinander treffen sollen (siehe E Mail Korrespondenz Beil./Q). Völlig überzeugend – und auch unangefochten – stellte das Erstgericht folglich fest, dass die beiden nur einige Male irrtümlich gemeinsam zu einer Online Schulung eingeteilt wurden.

Das in der Berufung behauptete provozierende Angrinsen des Beklagten beim Online Termin am 30.6.2022 kann so nicht einmal aus der Aussage der Klägerin selber abgeleitet werden (Protokoll ON 33, Seite 10: „Der Beklagte ist dann hinter ihr so hin und hergelaufen. Dann dürfte er mich am Bildschirm gesehen haben, und dann ist er stehen geblieben, hat sich hingestellt und hineingeglotzt. Ich habe mich dann ausgeblendet, sodass er mich nicht mehr sehen kann.“ ). Soweit die Klägerin hier über ein am Bildschirm wahrnehmbares Verhalten des Beklagten ausgesagt hat, hat das Erstgericht dies auch so festgestellt ( „Er hat auch einmal in den Bildschirm geschaut“ ).

1.8. Die Berufung begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

„Der Beklagte hat bewusst regelmäßig den WhatsApp Status der Klägerin abgefragt, um sie zu provozieren.“

In der Regel werden bei Betätigung der Funktion Durchsicht von WhatsApp Status Nachrichten alle aktuellen Status Nachrichten angezeigt. Insofern kann aus der Tatsache, dass Status Nachrichten der Klägerin an bestimmten Tagen auch vom Beklagten abgerufen wurden (Beil./J), nicht abgeleitet werden, dass hier ein gezieltes Aufrufen erfolgte. Darüber hinaus ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Einsicht in einen – allen Kontakten zugänglichen – WhatsApp Status überhaupt irgendjemanden provozieren sollte. Letztlich spricht auch die – unbekämpft festgestellte – Tatsache, dass der Beklagte den WhatsApp Kontakt der Klägerin im Februar 2021 blockierte (und nicht etwa umgekehrt die Klägerin den WhatsApp Kontakt des Beklagten blockierte), gegen das behauptete Nachstellen seitens des Beklagten.

1.9. Die Berufung begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

„Am O* Tag am 25.9.2021 war die Klägerin zum Dienst eingeteilt. Dort tauchte auch der Beklagte auf, um Kontakt zur Klägerin aufzunehmen und sie zu provozieren. […] Auch am O* Tag 2023 im September 2023, bei dem die Klägerin Dienst hatte, erschien der Beklagte. Er wusste, dass die Klägerin auch dort war und wollte sie provozieren.“

Die Beweisrüge ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, da die Ersatzfeststellungen der vom Erstgericht unangefochten getroffenen weiteren Feststellung, dass der Beklagte an keinem der beiden O* Tagen anwesend war, um die Klägerin zu sehen oder diese einzuschüchtern, herabzuwürdigen oder zu erniedrigen (Urteilsausfertigung Seite 10 erster Absatz), widersprechen.

Darüber hinaus verweist die Berufung auch dazu bloß auf die Aussage der Klägerin, ohne auf die Aussage der Zeugin P* einzugehen, die detailliert und aus eigener Wahrnehmung schilderte, dass der Beklagte ursprünglich zum O* Tag (im Jahr 2023) gar nicht gehen wollte, um ein Aufeinandertreffen mit der Klägerin zu vermeiden, und er erst durch die Zeugin P* dazu überredet wurde. Nach der Schilderung der Zeugin hat der Beklagte dann auch eine Begegnung mit der Klägerin zu vermeiden versucht (Protokoll ON 33, Seite 24).

1.10. Die Berufung begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

„Im Jahr 2023 fand ein Abteilungsleiter Jour fixe in Präsenz statt, an welchem die Klägerin teilnahm. Irrtümlich, aufgrund eines Versehens der Vorgesetzten, war auch der Beklagte zu diesem Jour fixe eingeteilt. Die beiden begegneten einander kurz im Raum, die Klägerin verließ daraufhin sofort den Raum, sie kehrte auch nicht mehr in die Schulung zurück. Der Beklagte machte sich, als er bei der Schulung die Klägerin kurz sah, besonders breit und „plusterte sich auf“, um die Klägerin einzuschüchtern und seine Macht ihr gegenüber zu demonstrieren.“

Auch bei dieser Beweisrüge beschränkt sich die begehrte Ersatzfeststellung inhaltlich auf einen subjektiven Eindruck der Klägerin, ohne die behauptete Einschüchterung durch ein konkretes Verhalten oder eine konkrete Äußerung des Beklagten zu untermauern. Ein konkretes Verhalten des Beklagten kann auch nicht aus der Textnachricht des L* ( „Du [gemeint die Klägerin] warst im Raum, wir haben uns natürlich begrüßt [mach ich ja bei allen] und er [gemeint der Beklagte] ist später reingekommen. Du bist aufgesprungen und raus bzw weggerannt. LG L*“; Beil./Z) abgeleitet werden.

1.11. Die Berufung begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

„Zusammengefasst hat der Beklagte nach Oktober 2020 Handlungen gesetzt, mit welchen er die Klägerin demütigen, herabwürdigen oder provozieren wollte. Der Beklagte hatte im Oktober 2020 den Vorwurf der sexuellen Belästigung gegenüber dem Dienstgeber erhoben, weil er die Diskreditierung, Demütigung und Erniedrigung der Klägerin anstrebte.“

Das Erstgericht hat zur Meldung des Beklagten an seine Vorgesetzten im Oktober 2020 sowie zu den weiteren von der Klägerin behaupteten Handlungen des Beklagten sowohl zum tatsächlichen Ablauf als auch zur subjektiven Tatseite des Beklagten im Einzelnen (Negativ-)Feststellungen getroffen. Die angefochtene Feststellung stellt eine bloße Zusammenfassung all dieser Feststellungen dar und ist insofern auf die Abhandlung der einzelnen Beweisrügen zu verweisen. Zusammenfassend betrachtet ist nochmals hervorzuheben, dass der Inhalt der Kommunikation der Streitteile über SMS, E Mail und WhatsApp im Volltext vorgelegt wurde und insofern zweifelsfrei feststellbar war. Keiner der einvernommenen Zeugen konnte die zum Teil massiven Vorwürfe der Klägerin bestätigen. Insbesondere widersprachen auch die Aussagen der unmittelbaren Zeuginnen R* und P* der jeweiligen Schilderung der Vorfälle durch die Klägerin.

1.12. Die Berufung begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

„Gerafft auf einen 24 Stunden Tag empfand die Klägerin durch die Erlebnisse mit dem Beklagten ideelle Schmerzen im schweren und mittleren Ausmaß, welche andauern. Gesundheitliche Spät- oder Dauerfolgen aus diesen Ereignissen sind nicht ausgeschlossen.“

Voranzustellen ist, dass das Erstgericht – soweit dem neurologisch psychiatrischen Sachverständigengutachten folgend - zusammengefasste Schmerzperioden von zehn Tagen leichte ideelle Schmerzen als „Empfindung der Klägerin durch die Erlebnisse [gemeint also durch alle soweit festgestellten Erlebnisse; Anm des Berufungsgerichts] mit dem Beklagten“ festgestellt hat. Der Sachverständige führte dazu näher aus, dass Ursache der behandlungsbedürftigen Symptomatik bei der Klägerin eine Kränkung gewesen sei, die durch das Verhalten des Beklagten, insbesondere der vom Sachverständigen zugrunde gelegten wahrheitswidrigen Behauptung des Beklagten (über eine sexuelle Belästigung seitens der Klägerin), ausgelöst worden sei (Gutachten samt Ergänzungen ON 20, 23 und 35, Protokoll ON 62). Tatsächlich wurde vom Erstgericht jedoch – bis auf das gesondert zu beurteilende Verschicken von zwei pornografischen Bildern im Juli 2020 und eine Bemerkung des Beklagten über das Äußere der Klägerin bei der Gegenüberstellung im Oktober 2020 – kein haftungsbegründendes Verhalten des Beklagten festgestellt. Insbesondere folgt aus dem festgestellten Sachverhalt – wie noch näher dargelegt wird (Punkt 2.1.) – kein Verschulden des Beklagten an der krankheitswertigen und die Schmerzperioden im wesentlichen verursachenden Kränkung der Klägerin infolge der Mitteilung an den Dienstgeber. Den festgestellten Schmerzperioden kommt daher ohnehin keine Entscheidungsrelevanz zu.

Weiters ist die Beweisrüge hinsichtlich des Ausmaßes der gerafft festgestellten zehn Tage an leichten Schmerzen nicht gesetzmäßig ausgeführt, da kein konkret anders lautendes Ausmaß an gerafften Schmerzperioden behauptet wird.

Spät- und Dauerfolgen aus der diagnostizierten Anpassungsstörung konnten vom Sachverständigen auch und gerade auf Grundlage der Untersuchung und der Angaben der Klägerin nicht festgestellt werden (Gutachten ON 20 und 23). Insbesondere führte der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 29.4.2024 (ON 35) aus, dass nur eine Anpassungsstörung als milde psychiatrische Symptomatik auf die Arbeitsplatzprobleme mit dem Beklagten zurückgeführt werden könne und die bei der Klägerin allenfalls vorliegende komplexere Symptomatik auf andere Ursachen zurückzuführen seien. Die in der Berufung angeführten Befunde der behandelnden Psychotherapeutin (Beil./C) sowie der Auszug aus der Kartei des behandelnden Arztes Dr. S* (Beil./D) wurden vom Sachverständigen berücksichtigt.

2. Zur Rechtsrüge:

2.1. Die Klägerin hebt zunächst hervor, dass der Beklagte ihr noch einige Monate vor seiner Anzeige pornografisches Material übermittelt habe. Auch nach diesem Zeitpunkt habe er kein ablehnendes Verhalten gegenüber der Klägerin gesetzt. Für die Klägerin sei daher nicht erkennbar gewesen, dass sich der Beklagte durch sie sexuell belästigt gefühlt habe, weshalb auch keine von ihr ausgehende sexuelle Belästigung vorgelegen sei. Folglich sei die Anzeige des Beklagten eine die Würde der Klägerin sexuell beeinträchtigende Handlung gewesen.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass seitens des erkennenden Senates bereits Zweifel bestehen, ob die vom Beklagten erfolgte „Anzeige“ (richtig: Meldung an seine unmittelbaren Vorgesetzten) unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt überhaupt als sexuelle Belästigung nach § 6 GlBG qualifiziert werden kann.

Der Tatbestand der sexuellen Belästigung gliedert sich in vier Elemente: Es muss 1.) ein sexuelles Verhalten gesetzt werden (§ 6 Abs 2 GlBG: „ […] wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird […] “), das 2.) zu einer Beeinträchtigung der Würde führt, 3.) für die betroffene Person unerwünscht ist und 4.) die Schaffung eines negativen Arbeitsumfelds oder einer Karrierebehinderung bewirkt oder zumindest bezweckt ( Windisch Graetz in ZellKomm³ § 6 GlBG Rz 1).

Das bei sexueller Belästigung inkriminierte Verhalten muss der „sexuellen Sphäre“ zugehörig sein, das heißt entweder ausdrücklich sexuelle Sachverhalte ansprechen oder auf das Geschlecht der betroffenen Person abzielen. Versuche, die „sexuelle Sphäre“ zu definieren, enden jedoch häufig in einem Zirkelschluss. Am ehesten ist ein Verhalten – auch dieser Begriff ist weit auszulegen (darunter fallen körperliche Handlungen, aber auch Äußerungen, Gesten etc) – dann der sexuellen Sphäre zugehörig, wenn es das biologische Geschlecht der betroffenen Person, deren Intimsphäre oder die biologische Geschlechtlichkeit betreffende Sachverhalte anspricht, wobei der Schwerpunkt oder die Tendenz auf geschlechtliche Interaktion zwischen GeschlechtspartnerInnen oder der Vornahme geschlechtlicher Handlungen an sich selbst liegt ( Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG² § 6 Rz 20). Die Erscheinungsformen sind vielfältig und reichen vom Erzählen freizügiger Witze, von anzüglichen (sei es auch in „Komplimente“ verpackten) Bemerkungen über Figur und sexuelles Verhalten im Privatleben, unerwünschten Einladungen mit eindeutiger Absicht, „zufälligen“ Körperberührungen, Po Kneifen, aufgedrängten Küssen, dem Versprechen beruflicher Vorteile bei „sexueller Willigkeit“ und der Androhung beruflicher Nachteile bei sexueller Verweigerung bis hin zur Zurschaustellung der Genitalien, sexueller Nötigung und Vergewaltigung. Unter sexuelle Handlungsweisen fallen jedenfalls körperliche Kontakte gegen den Willen der Betroffenen, wobei „Begrapschen“ die Toleranzgrenze überschreitet, sowie Handlungen und Äußerungen, die geeignet sind, die soziale Wertschätzung der Betroffenen durch Verletzung ihrer Intimsphäre und sexueller Integrität im Betrieb herabzusetzen und ihr Ehrgefühl grob zu verletzen. Als sexuell gefärbte Äußerungen werden ordinäre eindeutige Worte, unsittliche Anträge und sexuelle Verspottung angesehen, die dann als tatbestandsmäßig gelten, wenn dieses Verhalten trotz Aufforderung, davon abzusehen, fortgesetzt wird ( Windisch Graetz aaO § 6 GlBG Rz 5 mwN aus der Rechtsprechung).

In der Rechtsprechung wurde die wissentlich wahrheitswidrige Behauptung, von einem Vorgesetzten (oder Arbeitskollegen) sexuell belästigt worden zu sein, bisher ausschließlich als Entlassungsgrund der groben Ehrverletzung bzw der Vertrauensunwürdigkeit qualifiziert (RS0060912; zuletzt eingehend 8 ObA 55/13s). Es ist auch primär naheliegend, dass die Meldung an den Dienstgeber per se kein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten darstellt. Die Anzeige einer erfolgten sexuellen Belästigung an den Dienstgeber kann zwar auch die Intimsphäre des Belästigers betreffende Angaben enthalten, sie enthält jedoch keinesfalls eine auf eine geschlechtliche Interaktion oder die Vornahme geschlechtlicher Handlungen abzielende Tendenz, sondern will vielmehr solche abwehren bzw unterbinden. Die erfolgte Anzeige an den Dienstgeber als haftungsbegründende sexuelle Belästigung des Beklagten vorzubringen, erscheint daher bereits rechtlich unschlüssig.

Darüber hinaus ist fallkonkret festzuhalten, dass der Beklagte seinen Vorgesetzten meldete, dass er sich von der Klägerin sexuell belästigt fühlte , und er diese Meldung vertraulich behandelt haben wollte . Anlass für die Meldung war eine lange WhatsApp Nachricht der Klägerin vom 18.10.2020. Dem ging wiederum voran, dass der Beklagte zur Klägerin ab Juni 2020 immer unfreundlicher wurde, er sich von ihr immer mehr belästigt fühlte, den Kontakt mit ihr reduzierte, nicht ständig an der selben Dienststelle eingesetzt wurde, bis er schließlich nach dem Urlaub der Klägerin Ende Juli/Anfang August 2020 nicht mehr auf deren private WhatsApp Nachrichten reagierte. In der besagten Nachricht sprach die Klägerin verschiedene Begegnungen zwischen den Streitteilen mit einer Tendenz zu geschlechtlicher Interaktion auch mit einem Gegenwartsbezug an (Beil./1, Seiten 10 bis 17). Auch wenn die Streitteile noch bis Juli 2020 privat, dabei zwischendurch auch freundlich, per Textnachrichten kommunizierten, der Beklagte der Klägerin und einem weiteren Arbeitskollegen noch am 10.7.2020 zwei pornografische Bilder schickte, heißt das nicht, dass er rechtswidrig und schuldhaft handelte, wenn er in weiterer Folge die privaten Kontakte mit der Klägerin unterbinden wollte und sich nach der umfangreichen WhatsApp Nachricht der Klägerin am 18.10.2020 zu diesem Zweck an seine Vorgesetzten wendete. Mit seinem Wunsch nach vertraulicher Behandlung seiner Meldung hat der Beklagte auch eine schonende Vorgangsweise gewählt, sodass ihm auch keine rechtsmissbräuchliche Rufschädigung der Klägerin vorgeworfen werden kann.

Dass es für die Klägerin allenfalls (in diesem Zusammenhang wird auch ein sekundärer Feststellungsmangel gerügt) nicht erkennbar war, dass sich der Beklagte von ihr sexuell belästigt gefühlt habe, ist für die rechtliche Beurteilung ohne Relevanz. Zum Einen liegt in der Meldung an die Vorgesetzten gar keine sexuelle Belästigung, zum Anderen hob der Beklagte in seiner Meldung seinen subjektiven Eindruck hervor.

Schließlich ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass die – hier gar nicht zu beurteilende – Haftung der Klägerin als mögliche unmittelbare Belästigerin grundsätzlich verschuldensunabhängig wäre, subjektive Elemente auf ihrer Seite daher außer Betracht blieben ( Hopf/Mayr/Eichinger/ErleraaO Rz 12). Auch die Erkennbarkeit der Unerwünschtheit eines Verhaltens wäre aus objektiver Sicht zu beurteilen. Die ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung oder Ablehnung eines sexuell belästigenden Verhaltens durch die betroffene Person ist keine Tatbestandsvoraussetzung der sexuellen Belästigung im Sinne des GlBG ( Hopf/Mayr/Eichinger/Erler aaO Rz 26).

Nochmals ist in diesem Zusammenhang zu betonen, dass für die Beurteilung der mangelnden Rechtswidrigkeit der Meldung des Beklagten an seine Vorgesetzten nicht geprüft werden muss, ob tatsächlich eine sexuelle Belästigung seitens der Klägerin vorgelegen ist.

2.2. Das Erstgericht hat das Verschicken von zwei pornografischen Bildern (auch) an die Klägerin am 10.7.2020 als sexuelle Belästigung nach § 6 GlBG sowie die Äußerung des Beklagten bei der Gegenüberstellung am 30.10.2020 in Anwesenheit mehrerer Personen, er habe aufgrund der Körperfülle der Klägerin Angst vor dieser, als geschlechtsbezogene Belästigung nach § 7 GlBG qualifiziert und der Klägerin dafür einen Schadenersatz von gesamt EUR 2.000 zugesprochen. Für jede der beiden Beeinträchtigungen erscheine der gesetzliche Mindestschadenersatz von EUR 1.000 gerechtfertigt.

Fallbezogen bringt die Klägerin dagegen ausschließlich vor, dass „das Verschicken des pornografischen Materials sowie die Darlegung vor der Compliance Abteilung, dass der Beklagte vor der Klägerin wegen ihrer Körpergröße Angst habe, nach dem psychiatrischen Gutachten der Klägerin eine Kränkung mit Krankheitswert hervorgerufen hat. Der Klägerin müsste daher ein höherer Betrag zugesprochen werden.“

Richtig hat das Erstgericht jedoch festgestellt, dass die behandlungsbedürftige Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion und Schlafstörung bei der Klägerin durch den Vorwurf der sexuellen Belästigung hervorgerufen wurde. Diese Meldung des Beklagten war jedoch nicht haftungsbegründend, womit dem Beklagten auch nicht die „Kränkung mit Krankheitswert“ zuzurechnen ist.

Völlig überzeugend hat das Erstgericht den beiden punktuellen haftungsbegründenden Vorgängen, nämlich der Übersendung zweier pornografischen Bilder am 10.7.2020 und einer kränkenden Aussage des Beklagten in Bezug auf das Äußere der Klägerin im Oktober 2020, nur einen ganz geringen Anteil an den festgestellten Gesamtschmerzen, für die insgesamt einen Schadenersatzbetrag von etwa EUR 1.200 festzusetzen gewesen wäre, zugeordnet. Folglich hat das Erstgericht konsequent den gesetzlich vorgesehenen Mindestschadenersatz jeweils von EUR 1.000 zuerkannt. Dabei hat es – ohnehin zugunsten der Klägerin - anders als nach der grundsätzlich vorzunehmenden Globalbemessung (RS0108277; Hopf/Mayr/Eichinger/Erler aaO § 12 GlBG Rz 152 E 3) für jede der beiden Belästigungshandlungen gesondert den gesetzlichen Mindestersatz von EUR 1.000 herangezogen. Die Berufung enthält keine nähere substanzielle Begründung für den begehrten „höheren Betrag“ und ist insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt.

3. Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf das Obsiegen des Beklagten und das zutreffende Kostenverzeichnis in der Berufungsbeantwortung (§§ 41, 50 ZPO).

Da eine Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung nicht zu beurteilen war, war die ordentliche Revision nicht zuzulassen (§ 502 Abs 1 ZPO).