30Bs52/25d – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Einzelrichterin Dr. Steindl in der Strafsache gegen A*wegen §§ 15, 83 Abs 1 StGB über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. Februar 2025, GZ **-5, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
In Stattgebungder Beschwerde wird der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung der A* nach § 196a Abs 1 StPO mit 200 Euro bestimmt wird.
Text
Begründung:
Das gegen A* bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB zu AZ ** anhängige Ermittlungsverfahren wurde von der Anklagebehörde nach Einlangen des Abschlussberichts (ON 2) am 5. Dezember 2024 gemäß § 190 Z 1 StPO aF eingestellt (ON 1.1).
Dem Ermittlungsverfahren lag der Verdacht zu Grunde, die (damals:) Beschuldigte habe am 14. Oktober 2024 ihren Ex-Mann am Körper zu verletzen versucht, indem sie ihm zwei Ohrfeigen versetzt habe. Zum Zeitpunkt der Einstellung des Verfahrens umfasste der Ermittlungsakt lediglich zwei Ordnungsnummern, und zwar neben dem Anordnungs- und Bewilligungsbogen und den Abschlussbericht der Landespolizeidirektion B* vom 28. November 2024 (ON 2), der auch eine Stellungnahme der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin beinhaltet (ON 2.9).
Mit dem angefochtenen (mit ON 8 berichtigten) Beschluss bestimmte das Erstgericht den vom Bund zu leistenden Beitrag zu den Kosten der Verteidigung gemäß § 196a Abs 1 StPO mit 50 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde der A* (ON 6), der im spruchgemäßen Umfang Berechtigung zukommt.
Nach § 196a Abs 1 StPO hat der Bund, wenn ein Ermittlungsverfahren gemäß § 108 StPO oder § 190 StPO eingestellt wird, dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Beschuldigten bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf den Betrag von 6.000 Euro nicht übersteigen. Für die konkrete Bemessung dieses mit 6.000 Euro als Höchstsatz festgelegten Pauschalbeitrags (vgl dazu Lendl in WKStPO § 393a Rz 3/1; Rz 9ff) bieten die Materialien zum neu gefassten § 196a StPO (2557 der Beilagen 27. GP Regierungsvorlage Erläuterungen) eine Orientierungshilfe für die unabhängige Rechtsprechung. Beispielhaft wird dargestellt, dass ein sogenanntes Standardverfahren der Stufe 1, das unter Heranziehung der Kostenansätze der allgemeinen Honorar Kriterien (AHK) rund 3.000 Euro an Aufwand für die Verteidigung verursachen wird, im Regelfall eine Besprechung mit dem Mandanten, eine Vollmachtsbekanntgabe, einen Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden umfasst. Für Verfahren, die in die bezirksanwaltliche Zuständigkeit fallen, wird angesichts der zu erwartenden, im Regelfall geringeren Komplexität und auch der kürzeren Verfahrensdauer in diesem Sinn bei gleichem Höchstsatz im Gesetz (6.000 Euro) eine Reduktion der Ausgangsbasis angezeigt erscheinen, sodass hier als Richtwert die Hälfte des Durchschnittswerts, sohin 1.500 Euro, angemessen scheint (aaO 2557 der Beilagen 27.GP, 5).
Dabei ist zu beachten, dass grundsätzlich an der Bemessung des Kostenbeitrags in Form von Pauschalkostenbeiträgen festgehalten wird, somit weiterhin kein vollständiger Ersatz der Verteidigerkosten stattfindet, sondern ein angemessener Beitrag dazu geleistet wird.
In Anwendung der genannten Kriterien ist dem Erstgericht vorweg dahingehend beizupflichten, dass gegenständliches Verfahren den als Beispiel genannten Standardfall merklich unterschreitet, insbesondere ein äußerst geringer Aktenumfang und eine geringe tatsächliche und rechtliche Komplexität vorliegt. Der Umfang der durchgeführten Beweisaufnahmen bewegt sich ebenfalls im untersten Bereich, wurde doch nur ein Zeuge vernommen (ON 2.5) und die Stellungnahme der (damals:) Beschuldigten zum Akt genommen (ON 2.9). Das Ermittlungsverfahren wurde wenige Tage nach erstmaliger Kenntnis der Staatsanwaltschaft gemäß § 190 Z 1 StPO aF eingestellt. Im Rahmen der zweckmäßigen Verteidigung wurde eine Vollmachtsbekanntgabe (ON 6.3) eingebracht, bei der Polizei Akteneinsicht genommen und eine schriftliche Stellungnahme erstattet.
Mag auch der gegenständliche Verteidigungsfall hinter dem (bezirksgerichtlichen) „Standardverfahren“ zurückbleiben, erweist sich der vom Erstgericht mit 50 Euro festgesetzte Pauschalbeitrag zu den Kosten der Verteidigung mit Blick auf die erbrachten Leistungen als zu gering bemessen, weshalb dieser im spruchgemäßen Umfang zu bestimmen war.