21Bs134/25x – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Krenn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Maruna und Mag. Frigo als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A*wegen § 39 Abs 1 SMG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 16. Dezember 2024, GZ B* 165.1, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Text
Der am ** in ** geborene österreichische Staatsbürger A* wurde mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 3. Oktober 2022, AZ B*, des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt.
Mit Beschluss vom 8. November 2022 (ON 54) wurde ihm gemäß § 39 Abs 1 SMG ein Strafaufschub von zwei Jahren gewährt, um sich einer gesundheitsbezogenen Maßnahme, nämlich einer stationären Behandlung beim Verein C* in der Dauer von sechs Monaten und einer daran anschließenden ambulanten Behandlung in der Dauer von 18 Monaten, zu unterziehen.
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 22. Jänner 2024 wurde der gewährte Strafaufschub widerrufen (ON 143), weil beim Verurteilten von einer Therapieunwilligkeit auszugehen war.
A* befindet sich daher seit 30. April 2024 (ON 159.2) wieder in Strafhaft. Der Strafantrittsbericht wurde dem Erstgericht am selben Tag von der Justizanstalt Wiener Neustadt übermittelt.
Der Verurteilte beantragte nunmehr mit Schreiben vom 27. November 2024 erneut einen Aufschub des Strafvollzugs gemäß § 39 SMG (ON 164).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag des Verurteilten mangels Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen mit der Begründung ab, dass ein Aufschub des Strafvollzugs allgemein bzw in Sonderkonstellationen bei rechtzeitiger Antragstellung oder gebotener amtswegiger Prüfung im Zuge der Rechtskraft des Urteils auch noch nach Übernahme in den Strafvollzug in Frage komme. Eine erst spätere Antragstellung im Rahmen des Strafvollzugs sei nicht vorgesehen. Zudem sei dem Verurteilten bereits ein Strafaufschub von zwei Jahren gemäß § 39 Abs 1 SMG bewilligt worden, welcher aufgrund seiner Therapieunwilligkeit widerrufen worden sei.
Der Beschluss wurde dem Verurteilten in der Justizanstalt ** am 7. Jänner 2025 eigenhändig (ON 167.2) und seinem Verteidiger am 25. März 2025 (ON 165.5) zugestellt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss erhob der Verteidiger mit Schriftsatz vom 8. April 2025 (ON 170) rechtzeitig Beschwerde, die nicht berechtigt ist.
Vorweg ist auszuführen, dass, wenn der Beschuldigte durch einen Verteidiger vertreten ist, Beschlüsse gemäß § 83 Abs 4 erster Satz StPO grundsätzlich und ausschließlich diesem zuzustellen sind, nicht auch der vertretenen Person selbst (RISJustiz RS0097275). Der Zustellung an den Vertretenen selbst kommt keine Rechtswirkung zu.
Fallkonkret steht der neuerlichen Gewährung eines Aufschubs des Strafvollzuges nach § 39 Abs 1 SMG das rechtskräftige Erkenntnis über den Widerruf entgegen, weil sich aus § 39 Abs 4 SMG ergibt, dass im Falle eines widerrufenen Aufschubs die Strafe zu vollziehen ist. Dass nach einem durch das Verschulden des Verurteilten gescheiterten Therapieaufschub, insbesondere wenn dies durch rechtskräftigen Widerruf nach § 39 Abs 4 SMG dokumentiert ist, neuerlich ein Aufschub möglich sein soll, ist der Bestimmung des § 39 SMG auch nicht zu entnehmen. Im Übrigen hat sich durch die Änderung der Bestimmung des § 39 Abs 1 SMG durch BGBl I 2010/111 insofern, als der Aufschub "auch noch nach Übernahme in den Strafvollzug" möglich ist, nichts an der Intention des Gesetzgebers geändert, urteilsnah rasche Strafaufschubsentscheidungen anzustreben, um Verzögerungen bis zum eigentlichen Beginn der Therapie zu vermeiden (RIS-Justiz RG0000071; Matzka/Zeder/Rüdisser SMG 3 § 39 Rz 33).
Dem Beschwerdeführer bleibt es jedoch unbenommen, die in der Strafhaft nach § 68a Abs 1 lit a StVG gebotenen Möglichkeiten zur Therapierung seiner Suchterkrankung zu nutzen.
Der Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.