JudikaturOLG Wien

23Bs89/25v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
02. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Aichinger als Einzelrichter in der Strafsache gegen DI A*und eine weitere Beschuldigte wegen § 83 Abs 1 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 19. März 2025, GZ **-11, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu.

Begründung:

Text

Mit Verfügung vom 2. August 2024 (ON 1.1) stellte die Staatsanwaltschaft Wien zu AZ ** das unter anderem gegen DI A* wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB geführte Ermittlungsverfahren gemäß § 190 Z 2 StPO aF ein. Der Ermittlungsakt bestand zu diesem Zeitpunkt aus drei Ordnungsnummern, nämlich dem AB-Bogen (ON 1), dem Abschlussbericht der PI B* (ON 2), worunter sich eine Vollmachtsbekanntgabe und ein Antrag auf Aktenkopien des Beschuldigten vom 23. Juli 2024 befanden (ON 2.12) und der Vollmachtsbekanntgabe der Opfervertreterin (ON 3).

Mit Eingabe vom 9. März 2025 (ON 10.2) beantragte DI A* die Zuerkennung eines Beitrags zu den Kosten seiner Verteidigung im Ermittlungsverfahren gemäß § 196a StPO in der Höhe von 5.157,86 Euro und legte unter einem eine Leistungsaufstellung über eine Gesamtsumme von 4.813,22 Euro (inkl. USt) – darin enthalten 124,10 Euro an Barauslagen und ein Erfolgszuschlag von 1.300,95 Euro - vor.

Mit Verfügung vom 10. März 2025 (ON 1.7) leitete die Staatsanwaltschaft diesen Antrag dem Erstgericht zur Entscheidung ohne Einwand gegen einen angemessenen Verteidigerkostenzuspruch weiter.

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte der Erstrichter den durch den Bund zu leistenden Beitrag zu den Kosten der Verteidigung des Beschuldigten (gemäß § 196a Abs 1 StPO) mit 300 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde des DI A* (ON 12.3), der keine Berechtigung zukommt.

Wird ein Ermittlungsverfahren (hier:) gemäß § 190 StPO eingestellt, so hat der Bund gemäß § 196a Abs 1 erster Satz StPO dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Dieser umfasst - neben baren Auslagen - einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf den Betrag von 6.000 Euro nicht übersteigen (§ 196a Abs 1 StPO). Das Höchstmaß des Beitrags kann bei Verfahren, die durch außergewöhnlichen Umfang oder besondere Komplexität gekennzeichnet sind, sowie im Falle der Überschreitung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens (§ 108a Abs 1 StPO) um die Hälfte überschritten und im Fall extremen Umfangs des Verfahrens auf das Doppelte erhöht werden (Abs 2 leg cit).

Der Pauschalkostenbeitrag in einem Höchstbetrag der „Grundstufe (Stufe 1)“ in Höhe von 6.000 Euro soll grundsätzlich für alle jene Verteidigungsfälle zur Verfügung stehen, die – wie der vorliegende – nicht außergewöhnlich oder extrem sind. Dabei ist es angezeigt, bei einem durchschnittlichen Verfahren der „Stufe 1“ die durchschnittlichen Verteidigungskosten für ein sogenanntes „Standardverfahren“ zu Grunde zu legen. Grundsätzlich ist dabei davon auszugehen, dass ein durchschnittliches „Standardverfahren“ im Regelfall eine Besprechung mit dem Mandanten, eine Vollmachtsbekanntgabe bzw einen Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden umfasst und damit unter Heranziehung der Kostenansätze der Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) rund 3.000 Euro an Aufwand für die Verteidigung verursachen wird, wobei in dieser Berechnung zwar der Einheitssatz Berücksichtigung findet, der Erfolgszuschlag jedoch außer Betracht bleibt. Für Verfahren, die – wie das vorliegende – in die bezirksanwaltliche Zuständigkeit fallen, ist angesichts deren im Regelfall geringeren Komplexität und auch der kürzeren Verfahrensdauer eine Reduktion der „Ausgangsbasis“ angezeigt, sodass hier als Richtwert die Hälfte des Durchschnittswerts, sohin 1.500 Euro, angemessen erscheint (EBRV 2557 BlgNR 27. GP S 5). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass der Pauschalbeitrag stets nur ein Beitrag sein und nicht die gesamten Verteidigerkosten ersetzen darf (vgl Lendl, WK-StPO § 393a Rz 10 mwN).

Fallbezogen lag – unter Bedachtnahme auf den geringen Umfang der Ermittlungen, die geringe Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen (Verletzung der ehemaligen Lebensgefährtin in Form einer Prellung sowie einer Hautabschürfung durch Packen am rechten Unterarm), die Notwendigkeit der Vollmachtsbekanntgabe an die Kriminalpolizei sowie die unter Berücksichtigung einer Unterbrechung ca. zweistündige Beschuldigtenvernehmung - ein einfacher, hinter dem (bezirksgerichtlichen) „Standardverfahren“ zurückbleibender Verteidigungsfall vor, für welchen der durch das Erstgericht zugesprochene Beitrag zu den Kosten der Verteidigung (im Ausmaß von 20% der „Ausgangsbasis“ von EUR 1.500,--) durchaus angemessen und sachgerecht ist.

Wenn der Beschwerdeführer moniert, dass es nicht in die Entscheidungskompetenz des Erstgerichts falle, zu prüfen, ob eine Verteidigung dem Grunde nach im Strafverfahren notwendig gewesen sei und diesbezüglich auf Seite 5 des angefochtenen Beschlusses verweist, so ist dem zu erwidern, dass gegenständlicher Beschluss nur vier Seiten umfasst, das Erstgericht keine Aussagen zu einer notwendigen Verteidigung (worunter wohl nur jene nach § 61 Abs 2 StPO verstanden werden kann) getroffen hat und es sich bei diesem Beschwerdevorbringen augenscheinlich um einen Textbaustein aus einer anderen Beschwerde handelt.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers können für den Antrag auf Leistung eines Beitrags zu den Kosten der Verteidigung und demzufolge auch für das diesbezügliche Rechtsmittelverfahren keine Kosten verzeichnet werden (vgl. Lendl, WK-StPO § 393a Rz 23).

Fahrtkosten wiederum stellen keine Barauslagen dar, sondern werden als Teil des Honoraranspruchs des Verteidigers nur im Rahmen des Pauschalkostenbeitrags abgegolten (vgl. Önar, LIK-StPO § 393a Rz 15; Mayerhofer/Hollender, StPO 5§ 393a E 8; RIS-Justiz RS0101439).

Es war daher der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.

Der Ausschluss weiterer Rechtsmittel erfolgt aus § 89 Abs 6 StPO.