Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Einzelrichter Ing.Mag. Kaml in der Strafsache gegen DI A* und einen anderen Angeklagten wegen der Vergehen der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Vergabeverfahren nach § 168b Abs 1 StGB über die Beschwerde des DI Dr. B* (ON 297) gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Jänner 2025, GZ **-296, den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss in seinem Punkt 1.) dahingehend abgeändert, dass der Beitrag des Bundes zu den Kosten der Verteidigung des DI Dr. B* mit 5.200,- Euro bestimmt wird.
Begründung:
Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 9. Jänner 2025 wurde (soweit hier von Relevanz) DI Dr. B* nach in Summe rund elfeinhalbstündiger Hauptverhandlung an zwei Tagen von dem wider ihn mit Strafantrag der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) erhobenen Vorwurf der Vergehen der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Vergabeverfahren nach § 168b Abs 1 StGB (ON 260) gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen (ON 290.2).
Mit Schriftsatz vom 17. Jänner 2025 (ON 294) beantragte (hier relevant) auch dieser die „Leistung eines Beitrags zu den Kosten der Verteidigung gemäß § 393a StPO“.
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 296) bestimmte der Erstrichter den Beitrag zu den Kosten der Verteidigung des DI Dr. B* mit 3.000,- Euro.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Freigesprochenen (ON 297), mit welcher er den Zuspruch von weiteren 10.000,- Euro als Beitrag zu den Kosten der Verteidigung begehrt.
Die Beschwerde ist teilweise berechtigt.
Wird – soweit hier relevant - ein nicht lediglich auf Grund einer Privatanklage oder der Anklage eines Privatbeteiligten (§ 72 StPO) Angeklagter freigesprochen, so hat ihm der Bund gemäß § 393a Abs 1 StPO auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Angeklagten bestrittenen baren Auslagen und (abgesehen von einem hier nicht vorliegenden Fall) auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient. Der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung ist zufolge Abs 2 leg cit unter Bedachtnahme auf den Umfang des Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf im – hier vorliegenden - Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts den Betrag von 13.000 Euro nicht übersteigen. Im Fall längerer Dauer der Hauptverhandlung (§ 221 Abs 4 StPO) kann das Höchstmaß des Beitrags um die Hälfte überschritten und im Fall extremen Umfangs des Verfahrens (§ 285 Abs 2 StPO) auf das Doppelte erhöht werden.
Da ein Pauschalbeitrag zuzusprechen ist, kann dieser nicht die gesamten (notwendigen und zweckmäßigen) Verteidigungskosten, sondern lediglich einen Teilbetrag davon abdecken, welcher unter Bedachtnahme auf die gesetzlich normierten Kriterien festzusetzen ist (vgl EBRV 2557 BlgNR 27. GP S 6 sowie Lendl , WK-StPO § 393a Rz 10 mwN). Im Hinblick auf den Umfang des Verfahrens ist sowohl die Phase des Ermittlungs- und Hauptverfahrens als auch ein allfälliges Rechtsmittelverfahren zu berücksichtigen (EBRV aaO). Für ein durchschnittliches Verfahren der „Stufe 1“ ist von den durchschnittlichen Verteidigungskosten für ein „Standardverfahren“ auszugehen und der sich dabei ergebende Betrag als Ausgangsbasis für die Bemessung des Pauschalkostenbeitrags heranzuziehen. Ein „Standardverfahren“ vor dem Einzelrichter des Landesgerichts umfasst dabei die Vertretung im Ermittlungsverfahren, die Teilnahme an der Hauptverhandlung in der Dauer von fünf Stunden sowie die Einbringung eines prozessrelevanten Schriftsatzes und verursacht unter Heranziehung der Ansätze der AHK einen Aufwand von rund 6.500 Euro (EBRV 2557 BlgNR 27. GP S 8).
Wenngleich in den Erläuterungen zu § 393a StPO nun Beträge für die Bestimmung der Pauschalkosten bei einem durchschnittlichen Verfahren am Bezirks- und am Landesgericht bestimmt werden, bedeutet dies nicht, dass in einem solchen Durchschnittsfall 50 % des Höchstbetrages anzusetzen sind, da an der Bemessung des Kostenbeitrags in Form von Pauschalkosten beiträgen festgehalten wird, sodass weiterhin kein vollständiger Ersatz der Verteidigerkosten stattfindet, sondern ein angemessener Beitrag dazu geleistet wird.
Ausgehend von diesen Prämissen erweist sich der zugesprochene Beitrag zu den Kosten der Verteidigung mit nur rund 25% des Höchstbetrages als zu gering bemessen. Denn tatsächlich dauerte das Ermittlungsverfahren, in dem der Freigesprochene bereits seit 1. Juli 2022 anwaltlich vertreten wurde (Vollmachtsbekanntgabe ON 35), bis 25. September 2024 an (Strafantrag ON 260). Bereits die mehr als zweijährige Dauer des Ermittlungsverfahrens – in deren Rahmen auch eine Hausdurchsuchung am Hauptwohnsitz des Freigesprochenen stattfand (vgl ON 16) - und der Aktenumfang machten, wenngleich im Übrigen kein weiterer besonderer Verteidigungsaufwand erforderlich war (bspw Teilnahme an Haftprüfungsverhandlungen, Enthaftungsanträge, Beweisanträge, Einstellungsanträge, etc), die wiederholte Stellung von Akteneinsichtsanträgen, die fortlaufende Besprechung mit dem Mandanten und zumindest die Einbringung einer kurzen Stellungnahme notwendig (ON 248.1). Das Ermittlungsverfahren vermag vor diesem Hintergrund – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – aber dennoch ein Ausschöpfen der „Stufe 1“ keinesfalls zu rechtfertigen, ist doch nicht isoliert die bloße Dauer dieses Verfahrensabschnittes zu betrachten, sondern insbesondere der dabei auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand ins Kalkül zu ziehen.
Mit Blick darauf, dass auch die Hauptverhandlung einen das „Standardverfahren“ übersteigenden Umfang aufwies, indem an zwei Tagen insgesamt rund 11/2 Stunden verhandelt wurde (ON 282.4 und ON 290.2), sowie einen rechtlich etwas komplexeren Sachverhalt zum Gegenstand hatte (zwei Anklagefakten [Ausschreibung „C*“ Ende 2019/Anfang 2020 und Ausschreibung D* Juni bis August 2021] in einer Wirtschaftsstrafsache), der Strafakt zum Urteilszeitpunkt 289 Ordnungsnummern umfasste, gleichzeitig aber kein Rechtsmittelverfahren erforderlich war, erscheint eine Erhöhung des dem Beschwerdeführer zugesprochenen Pauschalkostenbeitrags auf das im Spruch genannte Ausmaß (40 % des Höchstbetrages) aufgrund des insgesamt zwar als überdurchschnittlich aufwändig zu bezeichnenden Verfahren der „Stufe 1“, das dem Höchstaufwand dieser Stufe insgesamt allerdings noch nicht nahekommt, angemessen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen diese Entscheidung steht ein Rechtsmittel nicht zu.
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