6R327/24p – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende sowie den Richter Dr. Pscheidl und die Richterin Mag. Nigl, LL.M., im Konkurs über das Vermögen der A* B* GmbH , FN **, **, vertreten durch muhri werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in Graz, Masseverwalterin Dr. C*, Rechtsanwältin in Wien, über den Rekurs der Schuldnerin gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 22.11.2024, **-111, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung
Das Handelsgericht Wien eröffnete am 27.5.2024 den Konkurs über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte Dr. C* zur Masseverwalterin. Dem von der Schuldnerin dagegen erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht mit Beschluss vom 5.7.2024 zu 6 R 185/24f (Spruchpunkt I.) nicht Folge. Weitere Rekurse richteten sich bisher gegen die Bestellung bestimmter Mitglieder des Gläubigerausschusses (6 R 188/24x und 6 R 206/24v).
Die Schuldnerin ist Eigentümerin einer Vielzahl an – erheblich belasteten – Liegenschaftsobjekten. Ihr Geschäftszweig lautet auf „Erwerb, Besitz, Vermietung, Verpachtung, Verwaltung, Entwicklung und Veräußerung von Liegenschaften“. Daraus resultiert eine erhebliche Anzahl an Bestandverhältnissen. Zusammengefasst ist die Schuldnerin im An- und Verkauf von Immobilien sowie in der Bestandgabe von Immobilien tätig.
Über das Vermögen der Muttergesellschaft der Schuldnerin, der A* D* GmbH, eröffnete das Erstgericht am 21.8.2024 zu ** und über das Vermögen ihrer Schwestergesellschaft, der A* E* F* GmbH, am 10.9.2024 zu ** das Insolvenzverfahren. Das Unternehmen der Schwestergesellschaft wurde mit Beschluss vom 24.9.2024 geschlossen.
Die Masseverwalterin führte in ihrem Erstbericht vom 10.6.2024 (ON 9) aus, dass aufgrund der bisherigen Auswertungen einzelner schuldnerischer Bankkonten in Zusammenschau mit Grundbuch- und Firmenbuchrecherchen erheblicher Missbrauchsverdacht im Hinblick auf Abflüsse aus der Schuldnerin (auch im Zusammenhang mit Liegenschaftstransaktionen und aufzuklärenden Aufwandspositionen im JAB 2022) an die G* E* GmbH bestehe. Die Geldherkunft in den Gesellschaften sei nicht bekannt. Es werde zu prüfen sein, ob „Gelder im Kreis geschickt wurden“. Weiters falle am Bankkonto der Schuldnerin auf, dass die H* AG seit 2021 insgesamt Zahlungen von EUR 3.922.991,- erhalten habe. Im Zeitraum des Se-Verfahrens seien Überweisungen mit dem Verwendungszweck von Rechnungsnummern aus den Jahren 2021 und 2022 getätigt worden.
In ihrem Kostenvoranschlag vom 20.6.2024 (ON 33) schätzte die Masseverwalterin die Kosten für die Überwachung der Unternehmensfortführung für das erste Monat mit EUR 20.000,- netto und für jedes weitere Monat mit EUR 15.000,- netto. Diese Kosten beurteilte die Schuldnerin als unangemessen hoch (vgl ON 42).
Am 24.6.2024 (ON 37) beantragte die Schuldnerin den Abschluss eines Sanierungsplans und die Innehaltung mit der Verwertung. Diesen Antrag wies das Erstgericht unbekämpft zurück (ON 38), weil kein Vermögensverzeichnis vorgelegt worden sei (§ 141 Abs 2 Z 3 IO), der Sanierungsplan evident unerfüllbar sei (§ 141 Abs 2 Z 6 IO) und eine unübersichtliche Vermögenslage vorliege (§ 142 Z 2 IO).
In ihrem Schriftsatz vom 30.6.2024 (ON 43) legte die Masseverwalterin dar, der Missbrauchsverdacht habe sich weiter erhärtet. Es bestünden aufklärungsbedürftige Geschäftsbeziehungen der Schuldnerin zum Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer ihrer Steuerberaterin, Dkfm. I*, sowie zu Dr. J*, dem Gesellschafter ihrer Hausverwaltungsgesellschaft. Die bisherige Steuerberaterin könne nicht als unabhängige dritte Beraterin qualifiziert werden. Transaktionen vor Insolvenzeröffnung, an denen diese Berater bzw deren Gesellschaftergeschäftsführer beteiligt gewesen seien und diese bzw deren Gesellschaften beträchtliches Liegenschaftsvermögen (EUR 8.995.000,- sowie EUR 21 Mio) erworben hätten sowie weitere Vorgänge in der Buchhaltung, seien zwingend näher zu analysieren und aufzuklären. Im Sinne des Gläubigerschutzes sei die weitere Beauftragung der bisherigen Steuerberaterin und Hausverwalterin nicht vertretbar. Beide seien auch nicht vollumfänglich kooperativ. Bei mehr als 250 Bestandobjekten sei der Masseverwalterin eine Kautionsliste mit lediglich 40 Kautionen übermittelt worden. Deren Verbleib sei bis dato ungeklärt. Die K* mbH sei daher mit der Buchhaltung und steuerlichen Vertretung während des Insolvenzverfahrens beauftragt worden.
Mit Beschluss vom 1.7.2024 (ON 46) erteilte das Erstgericht der Masseverwalterin gemäß § 84 Abs 1 IO die Weisung, die L* E* F* GmbH mit der Verwaltung der Wohnungseigentumsobjekte und der Zinshäuser der Schuldnerin zu beauftragen.
Die Schuldnerin stellte in der Folge in Aussicht, bis längstens 30.8.2024 einen Antrag auf Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 123b IO zu stellen und beantragte aus diesem Grund, das Verwertungsverfahren zumindest bis 30.9.2024 aufzuschieben (ON 59).
In der ersten Gläubigerversammlung und Prüfungstagsatzungam 1.8.2024 (ON 67) setzte das Erstgericht die Frist für die Geltendmachung nach § 110 IO mit sechs Monaten fest und fasste den Beschluss, das schuldnerische Unternehmen fortzuführen. Die Masseverwalterin berichtete, ein Innehalten mit der Verwertung sei aufgrund der 55 leerstehenden Objekte, die rund EUR 20.000,- Betriebskosten monatlich verursachen würden, denen keine Einnahmen gegenüber stünden, nicht begründbar. Im Zinshaus in der M*gasse bestehe ein Gasgebrechen, die Mieter seien seit 1.7.2024 ohne Warmwasser und Heizung und würden Mietzinsminderungsansprüche geltend machen. Nach Umfrage wurde im Protokoll festgehalten, dass kein einziger Gläubiger die Innehaltung der Verwertung des schuldnerischen Vermögens befürworte. Dem Protokoll wurde eine Liste mit den von der neuen Hausverwaltung erhobenen Missständen angeschlossen (AS 395; bspw fehlende Mietverträge und Kautionen).
Mit Beschluss vom 20.9.2024 (ON 85) wies das Erstgericht den Antrag der Schuldnerin (ON 59), das Verwertungsverfahren bis 30.9.2024 aufzuschieben, ab. Bis dato liege kein Antrag auf Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach § 123b IO vor. Konkrete Nachweise über das Vorhandensein entsprechender finanzieller Mittel zur Finanzierung einer Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach § 123b IO seien bislang nicht erbracht worden. Ein Innehalten mit der Verwertung liege daher nicht im Interesse der Gläubiger.
Am 1.10.2024 regte die Schuldnerin (unter anderem) eine Verkürzung der Bestreitungsfrist auf drei Monate an (ON 86). Die Festlegung einer sechsmonatigen Klagefrist nach § 110 Abs 4 IO habe es ihr unmöglich gemacht, eine Verfahrensbeendigung nach § 123b IO herbeizuführen. Infolge der Anmeldung von Forderungen Dritter, die entweder gar nicht oder nicht in der angemeldeten Höhe bestehen würden, müssten auch diese Beträge von mehreren Millionen Euro sichergestellt werden, wozu die Schuldnerin nicht in der Lage sei. Mit der sechsmonatigen Klagefrist habe das Erstgericht die Interessen der Schuldnerin und der Gläubiger beschränkt und dem übergeordneten Zweck des Insolvenzverfahrens zuwider gehandelt. Das schuldnerische Unternehmen betreibe lediglich eine Vermögensverwaltung. Durch eine formale Fortführung würden unnötig Kosten verursacht und die Insolvenzmasse – allein schon durch eine allfällige Fortführungsentlohnung, die in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zum tatsächlichen Aufwand stehe, – erheblich geschmälert werden. Für die Gläubiger, denen tatsächlich Forderungen zustünden, könne kein tatsächlicher Mehrwert erzielt werden.
Weiters brachte die Schuldnerin bezüglich einzelner Liegenschaften bestehende Probleme vor, wie die nicht fristwahrende Anweisung von Masseforderungen in der **gasse **, **gasse ** und **gasse **; Gerichtsverfahren betreffend den Mieter N* (**gasse **/Top **); kein Warmwasser und kein Internetzugang in der O*gasse **; die drohende Gassperre in der P*gasse ** und Wasserschäden in Top 18-19 sowie die Gassperre in der M*gasse **.
Die Schuldnerin ersuchte das Erstgericht, der Masseverwalterin eine Weisung zu erteilen, sich rechtskonform zu verhalten und die erforderlichen Schritte zur ordnungsgemäßen Verwaltung der Masse umzusetzen, weiters der Schuldnerin und deren Rechtsvertreterin die angefragten Informationen zukommen zu lassen.
Diesem Schriftsatz war als Beilage ./22 ein Schreiben der Schuldnervertreterin vom 1.10.2024 an die Masseverwalterin angeschlossen, worin diese auf einen mangelhaften Informationsstand in Bezug auf mögliche Schritte, die im Rahmen der Fortführung des Unternehmens hinsichtlich des Status der Gesellschaft gesetzt worden seien bzw auf diesen Einfluss hätten, verweist. Vom Erstgericht und der Masseverwalterin gesetzte Rahmenbedingungen hätten dazu geführt, dass eine zielgerichtete Vorgehensweise zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens, sei es im Sinne des § 123b IO oder auf Grundlage eines Sanierungsplans, nicht umsetzbar sei.
In ihrem Zwischenbericht vom 8.10.2024 (ON 90) hielt die Masseverwalterin fest, aus ihrer Sicht bestehe im Unternehmensgeflecht, dessen Teil die Schuldnerin sei, ein zu überprüfender Verdacht der Geldwäsche (S 7). Die Schuldnerin habe sie zu keinem Zeitpunkt vor September 2024 über einen Dachboden im Liegenschaftsobjekt **, Ecke **, in Kenntnis gesetzt und bleibe auch jetzt noch konkrete Details schuldig.
Aus dem Zwischenbericht ergeben sich folgende Guthabensstände:
Hauptanderkonto **
Bestandanderkonto **
Anderkonto zum Zinshaus
**gasse ** EUR 11.645,09
M*gasse ** EUR 3.468,25
Nach der allgemeinen Prüfungstagsatzung vom 1.8.2024 und der nachträglichen Prüfungstagsatzung vom 22.10.2024 stellt sich das Anmeldungsverzeichnis dar wie folgt:
angemeldete Forderungen EUR 129.023.692,62
festgestellte Forderungen EUR 101.410.352,34
bestrittene Forderungen EUR 27.613.340,28
In ihrer Stellungnahme (ON 96) zur Eingabe der Schuldnerin (ON 86) wies die Masseverwalterin den Vorwurf der nicht fristgerechten Begleichung von Masseforderungen zurück. Es hätten erst alle Daten gesammelt und überprüft werden müssen. Seit August 2024 würden die Vorschreibungen der Betriebskosten pünktlich bezahlt. Im Bestandobjekt des N* bestehe laut einem Gutachten vom 31.1.2023 infolge fehlerhafter Elektroinstallationen Brandgefahr. Diese Streitigkeit habe mit einer Abschlagszahlung geregelt werden können. Im Objekt O*gasse ** sei nach Kenntnisnahme die Warmwasserversorgung unverzüglich wiederhergestellt worden. Die Sperre des Internetzugangs sei auf das Verhalten der Schuldnerin zurückzuführen, die ihr diesen Vertrag nicht bekanntgegeben habe. Bis dato habe sie weder den Vertrag noch das Passwort erhalten. Die Schuldnerin sei nicht Eigentümerin der Wohnung P*gasse ** Top 18-19. Von der drohenden Gassperre sei sie von der Schuldnerin erst verspätet informiert worden. Danach seien taggleich die notwendigen Arbeiten beauftragt worden. Sie habe wiederholte und fortgesetzte Bemühungen zur Beseitigung des Gasgebrechens in der M*gasse gesetzt. Die Schuldnerin habe keine Unterstützung geleistet, finanzielle Mittel würden fehlen.
Am 24.10.2024 beantragte die Masseverwalterin die Schließung des schuldnerischen Unternehmens (ON 103). Die Schuldnerin habe in ihrem Schreiben vom 1.10.2024 (Beilage ./22 zu ON 86) selbst dargelegt, dass eine Unternehmenssanierung nicht mehr zu erwarten sei. Diesfalls sei unverzüglich die Schließung des Unternehmens anzuordnen. Der Gläubigerausschuss habe sich in seiner Sitzung vom 22.12.2024 [richtig: 22.10.2024] einstimmig für eine Unternehmensschließung ausgesprochen. Es solle nunmehr die Verwertung sämtlicher schuldnerischer Immobilien erfolgen und das Unternehmen zerschlagen werden.
Die Schuldnerin sprach sich in ihrer Äußerungvom 30.10.2024 (ON 104) gegen die Unternehmensschließung aus. Eine Erhöhung des Ausfalls für die Insolvenzgläubiger sei nicht zu erwarten und eine kostendeckende Fortführung jedenfalls möglich. Sie sei mit ihrem Schreiben vom 1.10.2024 (Beilage ./22 der ON 86) an die Masseverwalterin herangetreten, da diese trotz mehrfacher Urgenzen weiterhin keine Informationen über die von ihr geplanten Schritte bekanntgegeben habe und damit eine zielgerichtete Vorgehensweise zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht möglich sei. Die von der Masseverwalterin beantragte und vom Insolvenzgericht genehmigte Bestreitungsfrist von sechs Monaten erschwere die Weiterverfolgung der von der Schuldnerin angestrebten Unternehmenssanierung, zumal allen Verfahrensbeteiligten bewusst sei, dass für die Antragstellung im Sinne des § 123b IO die Sicherstellung von mehreren Millionen Euro notwendig sei. Mit dieser - nicht im Interesse der Verfahrensbeteiligten liegenden - Bestreitungsfrist sei die Verfahrensbeendigung im Sinne des § 123b IO verunmöglicht worden.
Der Schließungsantrag der Masseverwalterin sei unsubstanziiert. Sie handle nicht im Interesse der Verfahrensbeteiligten bzw der Insolvenzgläubiger. Die Schuldnerin beschäftige weder Dienstnehmer, noch habe sie monatlich relevante Fixkosten, weil sie lediglich Vermögensverwaltung betreibe und Immobilien über „Airbnb“ bzw vergleichbare Plattformen vermiete.
Mit der beabsichtigten Unternehmensschließung falle der Geschäftszweig „Airbnb“ als zusätzliche Einkunftsquelle weg. Der Aufwand der Vermittlung sei wesentlich geringer als der durch die Vermittlung erwirtschaftete Ertrag. Die generierten Einnahmen würden wiederum den Insolvenzgläubigern zu Gute kommen. Der gesetzlich zwingend erhöhte Ausfall während der Fortführung sei nicht zu erwarten. Anhaltspunkte, dass sich die Liquidationsquote durch die Fortführung des Unternehmens auch nur ansatzweise reduzieren könnte, würden nicht vorliegen. Durch die Fortführung würden weder Wertverluste erfolgen noch Verbindlichkeiten entstehen, die aus den erwirtschafteten Erträgen bzw den Deckungsbeiträgen nicht bezahlt werden könnten. Vielmehr sei durch die Fortführung von einem Werterhalt auszugehen und könne damit die erklärte Zielsetzung der Schuldnerin, und zwar der Abschluss eines Sanierungsplans und die Fortführung des Unternehmens, ermöglicht werden. Die Votierung des Gläubigerausschusses könne zwar ein Indikator für die gerichtliche Entscheidung sein, jedoch hätten die Gläubiger ein rein kurzfristiges Interesse an der Maximierung ihrer Rückflüsse. Eine Schließung des Unternehmens führe zu einem wesentlichen Nachteil für die Masse und einem als gesichert anzunehmenden Ausfall für die Insolvenzgläubiger. Mietverträge würden aufgekündigt und bestehende Einnahmequellen damit unwiderruflich verloren gehen. Eine Fortführung des Unternehmens wäre wirtschaftlich vorteilhafter und könnte potentiell höhere Erträge zur Deckung der Gläubigeransprüche generieren. Durch die Schließung werde der Abschluss eines Sanierungsplans undurchführbar.
Die Masseverwalterin hielt dem in ihrer Äußerungvom 19.11.2024 (ON 109) entgegen, das schuldnerische Unternehmen sei nicht mehr rettbar. Die Schuldnerin habe bisher nicht dargelegt, wie eine Sanierung oder eine Aufhebung nach § 123b IO finanziert werden solle. Aus dem Unternehmensfortbetrieb sei dies nicht möglich. Aus den Jahresabschlüssen 2021 und 2022 ergebe sich, dass bereits damals eine Finanzierung einer Sanierungsplanquote rein aus dem Unternehmensfortbetrieb faktisch unmöglich gewesen sei. Im Konkursverfahren der Muttergesellschaft seien keinerlei relevante finanzielle Mittel vorhanden. Die A*Q* GmbH sei eine Schwestergesellschaft der Schuldnerin, die nicht einmal genug finanzielle Mittel zur Zahlung der Betriebskosten mehrerer Wohnungen habe. Eine Sanierung der Schuldnerin durch Zuschüsse nahestehender Dritter bzw der Muttergesellschaft könne gänzlich ausgeschlossen werden. Weder eine Gesamtveräußerung noch der Abschluss eines Sanierungsplans seien möglich.
Nach wie vor bestehe der Unzulässigkeitsgrund des § 142 Z 2 IO aufgrund der komplett unübersichtlichen Vermögenslage. Der Masseverwalterin seien bis dato keine Buchhaltungsunterlagen, insbesondere auch für den Zeitraum vor der Insolvenzeröffnung, ausgehändigt worden. Die Schuldnerin setze keinerlei Aufklärungsbemühungen hinsichtlich diverser fraglicher Liegenschaftstransaktionen und insbesondere auch nicht hinsichtlich der beträchtlichen Zahlungsabflüsse an die G* E* GmbH (laut Vermögensverzeichnis ON 40 – eine Forderung von EUR 85.510.640,52, nach Zahlungsausgängen von EUR 89.069.134,00 seit 2021) und die H* AG (Zahlungen von rund EUR 3,5 Mio seit 2021).
Die Schuldnerin leiste seit Beginn des Insolvenzverfahrens nicht die notwendige Unterstützung und zeige sich noch nicht einmal hinsichtlich der Kurzzeitvermietung konstruktiv. Der Geschäftsführer der Schuldnerin habe wegen Burn-Outs nie aktiv mit der Masseverwalterin Kontakt aufgenommen. Eine nachhaltige Unternehmensfortführung scheitere auch am fehlenden funktionierenden betrieblichen Rechnungswesen.
Die Masse erhalte Zuflüsse aus der Kurzzeitvermietung von Objekten über „Airbnb“ und „booking.com“ nur an den beiden Standorten O*gasse ** und R*straße. Dabei handle es sich um Sondermasse, da Pfandrechte daran begründet worden seien. Sondermassekosten seien daher aus diesen Mieteinnahmen zu bezahlen. Infolge von Instandhaltungsarbeiten habe die Schuldnerin von Juli bis September 2024 mit keinerlei Einnahmen gerechnet. Im Übrigen habe die Schuldnerin im Rahmen der Fortführungsplanung EUR 3.000,- bis EUR 5.000,- pro Monat an Vermittlungserlösen angenommen. Derartige Mieteinnahmen seien im Verhältnis zu den bestehenden Insolvenzforderungen vernachlässigbar und könnten daher keinerlei relevante Auswirkung auf die Quote für die Insolvenzgläubiger haben.
Die Masse werde bei einer Fortführung des Unternehmens mit den Fortführungskosten belastet. Die Schuldnerin habe sich in ihrer Eingabe vom 1.10.2024 noch implizit gegen eine Unternehmensfortführung ausgesprochen. Hinsichtlich der Liegenschaft R*straße liege bereits ein Bewertungsgutachten vor. Die Verwertung sei in einem vermieteten Zustand äußerst erschwert bzw nicht möglich. Im Interesse der bestmöglichen Verwertung sei daher aktuell nicht neu zu vermieten. Der letzte Kurzzeitmieter sei Anfang November 2024 ausgezogen. Die Bestandobjekte der Schuldnerin seien mit höheren Erträgen verwertbar.
Mit der Insolvenz der Schwestergesellschaft der Schuldnerin, die die Dienstnehmer beschäftigt habe, und der Muttergesellschaft seien wesentliche Strukturen weggebrochen, sodass eine Unternehmensfortführung nicht zu bewerkstelligen sei.
Mit dem angefochtenen Beschlussbewilligte das Erstgericht die Schließung des schuldnerischen Unternehmens gemäß § 115 Abs 1 IO. Die Schuldnerin habe in den sechs Monaten seit Verfahrenseröffnung nicht dargelegt, wie ein Sanierungsplan oder eine Aufhebung des Verfahrens nach § 123b IO finanziert werden solle. Aus dem Unternehmensfortbetrieb, damit aus eigenen Mitteln, sei eine Finanzierung ausgeschlossen. Einnahmen aus der Kurzzeitvermietung über „Airbnb“ und „booking.com“ seien im Verhältnis zu den bestehenden Insolvenzforderungen marginal und darüber hinaus für die Sondermassekosten der pfandbelasteten Liegenschaftsobjekte heranzuziehen. Die Schuldnerin habe im Schriftsatz vom 1.10.2024 (ON 86) beklagt, dass mit der gerichtlich beschlossenen Fortführung lediglich eine Vermögensverwaltung betrieben werde und die Fortführungsentlohnung unnötig Kosten verursache. Einer angedachten Sanierung stehe der Unzulässigkeitsgrund des § 142 Z 2 IO entgegen. Die Schuldnerin verweigere die Herausgabe von Buchhaltungsunterlagen, es bestehe eine komplett unübersichtliche Vermögenslage, zu diversen fraglichen Geldmittelabflüssen und Liegenschaftstransaktionen werde keinerlei Aufklärung geleistet. Das obstruktive Verhalten der Schuldnerin, das jegliche Mithilfe missen lasse, die fehlenden Buchhaltungsunterlagen, der Mangel eines funktionierenden betrieblichen Rechnungswesens, die fehlende Informationserteilung trotz unzähliger Anfragen und die Nichtgewährung von Einsicht in Geschäftsunterlagen stünden einer weiteren Fortführung entgegen. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit sei von der Unsanierbarkeit des Unternehmens auszugehen. Eine Gesamtveräußerung sei nicht darstellbar. Das letzte halbe Jahr habe gezeigt, dass die bestmögliche Befriedigung aller Insolvenzgläubiger weder über einen Sanierungsplan noch eine Gesamtveräußerung möglich sei. Der Mittelzufluss aus der Fortführung sei in der Relation vernachlässigbar. Die Fortführung könne nicht weiter gerechtfertigt werden. Das schuldnerische Unternehmen sei zu schließen und im Wege der Einzelverwertung zu liquidieren.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Schuldnerin mit dem Antrag, ihn aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1.1 Die Schuldnerin macht darin geltend, die Unternehmensschließung sei die ultima ratio. Wesentliches Ziel des Insolvenzverfahrens sei die Sanierung von Unternehmen. Im Zweifelsfall solle das Interesse an der Unternehmensfortführung Vorrang haben. Der Unternehmensfortbetrieb führe zu keiner Erhöhung des Ausfalls für die Insolvenzgläubiger, die sofortige Liquidation demgegenüber zum Verkauf von Vermögenswerten unter dem Marktwert. Im Rahmen der Unternehmensfortführung könne mit einem strategischen Verkauf der maximale Marktwert erzielt werden.
Da bisher keine Bewertungsgutachten für die im Eigentum der Schuldnerin stehenden Liegenschaften vorliegen würden, insbesondere für jene, die über Kurzzeitvermietungsplattformen wie „Airbnb“ und „booking.com“ angeboten würden, könne nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass eine Fortführung des Unternehmens zu einer wesentlichen Vergrößerung des Ausfalls für die Insolvenzgläubiger führe. Kurzzeitvermietete Objekte könnten für potenzielle Käufer sogar attraktiver sein. Der Markt für Kurzzeitvermietungen weise eine hohe Nachfrage auf. Die Unternehmensschließung sei unverhältnismäßig.
1.2 Das Erstgericht hätte die Ausführungen der Masseverwalterin nicht ohne eigenständige Prüfung und Sachverhaltsermittlung übernehmen dürfen. Es habe das Recht der Schuldnerin auf rechtliches Gehör nicht ausreichend gewahrt. Die realistische Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen Fortführung, der Erhöhung der Befriedigungsquote der Gläubiger und einer nachhaltigen Lösung für alle Beteiligten sei nicht berücksichtigt worden. Durch die Fokussierung der Masseverwalterin auf eine Unternehmensschließung sowie die Vorenthaltung von Informationen werde die Schuldnerin in ihren Bemühungen um eine wirtschaftliche Stabilisierung sowie Gläubigerbefriedigung behindert.
Der Bericht der Masseverwalterin ignoriere die umfangreichen Bemühungen der Schuldnerin um Transparenz, das Ermöglichen einer Sanierung und die Wahrung der Interessen aller Beteiligten. Bereits mit Schriftsatz vom 1.10.2024 habe die Schuldnerin das Erstgericht ersucht, der Masseverwalterin die Weisung zu erteilen, der Schuldnerin und deren Rechtsvertreterin notwendige Informationen zukommen zu lassen, um effektiv die Fortführung des Unternehmens vorbereiten zu können. Es liege im Interesse der Schuldnerin, alle Informationen bereitzustellen, da eine erfolgreiche Sanierung von der Kooperation mit der Masseverwalterin und den Gläubigern abhänge.
Der Masseverwalterin würden alle notwendigen Unterlagen vorliegen, um das Unternehmen fortführen zu können. Die Schuldnerin habe der Masseverwalterin wiederholt ihre Bereitschaft signalisiert, alle Fragen zur Vermögenslage aufzuklären, und sich kooperativ gezeigt. Verzögerungen würden aus der unzureichenden Weitergabe von Informationen durch die Masseverwalterin selbst sowie externen Faktoren oder Missverständnisse resultieren.
1.3 Ein Leerstand führe nachweislich zu finanziellen Nachteilen für die Insolvenzmasse und somit für die Gläubiger. Wirtschaftliche Überlegungen, wie die Generierung laufender Einnahmen, die zur Deckung der Kosten beitragen und die Insolvenzmasse entlasten würden, würden gegen die Argumentation der Masseverwalterin sprechen.
1.4Die von der Masseverwalterin beantragte und vom Insolvenzgericht genehmigte Bestreitungsfrist von sechs Monaten verunmögliche die beabsichtigte Antragstellung nach § 123b IO und erschwere damit die Unternehmenssanierung massiv, zumal die Sicherstellung mehrerer Millionen Euro notwendig geworden sei.
Ein tragfähiges Sanierungskonzept, das diesen massiven wirtschaftlichen Anforderungen des Insolvenzverfahrens entspreche, erfordere Zeit und eine gründliche Vorbereitung. Es sei unerlässlich, Investoren bzw Partner einzubinden. Die Schuldnerin stehe kurz vor dem Abschluss eines tragfähigen Sanierungskonzepts.
Dazu war zu erwägen:
2.1 Der grundsätzlich zur Unternehmensfortführung verpflichtete Masseverwalter hat bei Vorliegen der Schließungsvoraussetzungen einen Schließungsantrag an das Insolvenzgericht zu richten ( Riel in Konecny/Schubert , InsG § 115 KO Rz 2).
§ 115 Abs 1 Satz 1 IO definiert somit die Grenzen der Zulässigkeit der Unternehmensfortführung im Konkurs und ordnet an, dass das Insolvenzgericht die Schließung eines Unternehmens nur anordnen oder bewilligen darf, wenn aufgrund der Erhebungen feststeht, dass anders eine Erhöhung des Ausfalls, den die Insolvenzgläubiger erleiden, nicht vermeidbar ist.
2.2Die Bestimmungen, die die Fortführung, Schließung und Wiedereröffnung eines Insolvenzbetriebes regeln, stellen auf den Ausfall der Insolvenzgläubiger ab, die durch die Fortführung des Unternehmens nicht schlechter gestellt werden dürfen. Für das Insolvenzgericht besteht solange kein Anlass für die Anordnung der Unternehmensschließung, als eine Tilgung der Masseforderungen durch die aufgrund einer Unternehmensfortführung zu erzielenden Erlöse überwiegend wahrscheinlich bleibt (RS0106331; 1 Ob 2050/96v = SZ 69/170; Riel,aaO § 115 KO Rz 4; ZIK 2015/198 [145]). Bei der Beurteilung, wie wahrscheinlich die Deckung der Masseverbindlichkeiten ist, ist zu berücksichtigen, welche Mittel dem Insolvenzverwalter – sei es aufgrund von Einnahmen, von Kautionen oder von Haftungen Dritter – insgesamt zur Verfügung stehen und wie konkret die Hoffnungen sind, das Unternehmen sanieren zu können. Entgegen dem Wortlaut des § 115 Abs 1 IO („ feststehen “) genügt für die Unternehmensschließung eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich die Verluste der Insolvenzgläubiger durch eine allfällige Unternehmensfortführung mehren würden (OLG Wien 6 R 211/24d ua).
In der Regel ist die Wahrscheinlichkeit eines positiven Betriebsfortführungsergebnisses in einem zweistufigen Prüfungsverfahren zu ermitteln: Zunächst ist der Ausfall zu berechnen, den die Insolvenzgläubiger mit der Insolvenzeröffnung bereits erlitten haben („Konkursbi-lanz“). Dann ist zu prüfen, ob sich dieser durch die Fortführung erhöhen würde bzw wie wahrscheinlich eine solche Ausfallserhöhung ist. Die Erstellung einer detaillierten Fortführungserfolgsrechnung ist aber dann nicht erforderlich und das Unternehmen jedenfalls zu schließen, wenn nicht prognostizierbar ist, ob aus den Einkünften des Unternehmens überhaupt die laufenden Massekosten abgedeckt werden können, weil der Schuldner über keine geordnete Buchhaltung verfügt, die vom Insolvenzverwalter verlangten Abrechnungen und Belege nicht vorlegt und ihm auch sonst keine (hinreichenden) Unterlagen zur Verfügung stellt, aus denen die monatlichen Fixkosten der Fortführung verlässlich kalkuliert werden können ( Mohr, IO 11§ 115 IO E 28, E 29; OLG Wien 6 R 211/24d).
Die Fortführungserfolgsrechnung ist nur ein (wenn auch wesentlicher) Teil der bei der Entscheidung über die Unternehmensfortführung oder -schließung vorzunehmenden umfassenden Interessensabwägung zwischen dem „allgemeinen Interesse an der Betriebsfortführung“ und dem Interesse der durch die Fortführung gefährdeten Gläubiger ( Riel, aaO § 115 KO Rz 18).
Die Schließung des Unternehmens ist aber nicht nur dann erforderlich, wenn im Rahmen seiner Fortführung letztlich Verluste erwirtschaftet werden. Schon eine Verzögerung der Verwertung kann für die Insolvenzgläubiger bei voraussichtlich negativen Betriebsfortführungsergebnissen eine Erhöhung ihres Ausfalls bedeuten ( Mohr, IO 11 § 115 E 18).
2.3Es können aber auch andere Gründe als die in § 115 IO explizit genannten die Unternehmensschließung rechtfertigen. Diesen ist gemeinsam, dass einer Unternehmensfortführung Hindernisse entgegenstehen, die zwar nicht oder nicht unmittelbar darin bestehen, dass nur durch diese eine Erhöhung des Ausfalls der Insolvenzgläubiger vermeidbar ist, aber dennoch eine Aufrechterhaltung der betrieblichen Leistungsbereitschaft rechtlich oder faktisch unmöglich machen ( Riel, aaO § 115 KO Rz 58). So ist das Unternehmen zu schließen, wenn rechtliche (wie zB fehlende Gewerbeberechtigung, fehlende Berufsberechtigung, Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils, mit welchem dem Schuldner die Unterlassung seiner Geschäftstätigkeit aufgetragen wurde) oder faktische Hindernisse (zB Verweigerung des Schuldners zur notwendigen Mithilfe, fehlende bzw gänzlich undurchsichtige Buchhaltungsunterlagen, wodurch ein vollkommenes Informationsdefizit besteht, das sich trotz zumutbarer Bemühungen des Insolvenzverwalters nicht beseitigen lässt, Unmöglichkeit der Fortführungsfinanzierung) der Unternehmensfortführung entgegenstehen. Selbst wenn keine Erhöhung des Ausfalls der Insolvenzgläubiger vorliegt, ist etwa das Unternehmen zu schließen, wenn ausreichende liquide Mittel zur Fortführungsfinanzierung fehlen ( Stapf/Steger in KLS 2§ 115 IO Rz 3; vgl auch Lovrek in Bartsch/Pollak/Buchegger, InsR 4 § 115 KO Rz 10). Faktische Unmöglichkeit der Unternehmensfortführung liegt ferner dann vor, wenn der Schuldner seine für die Fortführung erforderliche Mitwirkung verweigert ( Lovrek, aaO § 115 KO Rz 13). Ebenfalls unter die Fälle der mangelnden Mitwirkung sind jene Konstellationen einzureihen, bei welchen mangels Vorliegens einer geordneten Buchhaltung und mangels Mitwirkung des Schuldners nicht überprüfbar ist, ob aus den Einnahmen des Fortbetriebs überhaupt die Masseforderungen beglichen werden können. Auch wenn in diesen Fällen streng genommen ein Gläubigerausfall nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststeht (in Wahrheit lässt sich bei fehlender Buchhaltung und mangelnder Kooperation gar nichts feststellen), ist die Schließung gerechtfertigt: Die Förderung einer Unternehmensfortführung „ins Blaue“ kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden ( Lovrek, aaO § 115 KO Rz 15).
2.4 Anderes könnte dann gelten, wenn die Unternehmenssanierung zu erwarten ist. Dieses Kriterium verdient besondere Aufmerksamkeit, weil die Unternehmensfortführung spätestens seit dem IRÄG 1997 nicht Selbstzweck, sondern erkennbar Mittel zum Zweck des Abschlusses eines Sanierungsplanes oder einer Gesamtveräußerung des lebenden Unternehmens ist (ZIK 2015/198 [146]).
So besteht für das Insolvenzgericht prinzipiell, so lange die Deckung der Masseforderungen durch die Fortführungserlöse überwiegend wahrscheinlich bleibt, kein Anlass zur Schließung. Bei ungenügender Deckung der Masseforderungen kommt es wesentlich darauf an, wie wahrscheinlich eine Unternehmenssanierung zu erwarten ist, weil nur die dadurch zu erwartenden Mittel die Annahme rechtfertigen, dass eine Befriedigung der Masseforderungen überwiegend wahrscheinlich ist. Eine vage Sanierungshoffnung ist nicht ausreichend. Eine überwiegende Sanierungswahrscheinlichkeit schließt die Unternehmensschließung aus, weil dann zu verneinen ist, dass eine Erhöhung des Ausfalles der Insolvenzgläubiger nur durch eine Unternehmensschließung vermeidbar ist.
Eine uU deutlich vor der Zwangsschließung des Abs 4 liegende Fortführungsgrenze besteht damit für gerade kostendeckende Unternehmensfortführungen, also in solchen Fällen, in denen keine unmittelbaren Ausfallserhöhungen, aber auch keine wesentlichen Verbesserungen der voraussichtlichen Quote bestehen. Diese Grenze liegt darin, dass das Unternehmen zu schließen ist, wenn weder eine Gesamtveräußerung noch ein Sanierungsplan möglich ist. Das Insolvenzgericht hat, wenn sich aus einem Bericht des Insolvenzverwalters ergibt, dass die Unternehmenssanierung wahrscheinlich nicht mehr zu erwarten ist, unverzüglich die Schließung anzuordnen ( Stapf/Steger,aaO § 115 IO Rz 4; RS0106331; 1 Ob 2050/96v = SZ 69/170; Riel, aaO § 115 KO Rz 4; ZIK 2015/198).
3.1 Im Rechtsmittelverfahren ist für die Beurteilung der Frage, ob die Schließungsvoraussetzungen vorliegen, die Sachlage im Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz und die Bescheinigungslage im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel maßgebend (vgl Lovrek in Bartsch/Pollak/Buchegger, InsR 4 § 114a KO Rz 85 mwN).
3.2 Verfahrensrechtlich genügt die Glaubhaftmachung der Schließungsvoraussetzungen ( Lovrek, aaO § 115 KO Rz 7, vgl dieselbe , aaO § 114a KO Rz 71 ff).
4.1 Liegt ein begründeter Schließungsantrag des Insolvenzverwalters vor und ist aufgrund dieses Berichts eine Unternehmenssanierung wahrscheinlich nicht mehr zu erwarten, so hat das Insolvenzgericht unverzüglich die Unternehmensschließung anzuordnen ( Mohr, IO 11 § 115 E 1, E 3, E 5, E 19, E 20; OLG Wien 6 R 262/24d). Bestehen keine konkreten Anhaltspunkte, die den Bericht des Insolvenzverwalters unrichtig, unvollständig oder zweifelhaft erscheinen lassen, so muss das Insolvenzgericht den Sachverhalt nicht weiter ermitteln. Der Untersuchungsgrundsatz verpflichtet das Insolvenzgericht nicht zu uferlosen Nachforschungen ( Mohr, IO 11 § 114a E 5; vgl auch Lovrek , aaO § 114a KO Rz 73).
4.2 Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, sodass das Erstgericht nicht zu eigenen weiteren Sachverhaltsermittlungen gehalten war.
5.1 Die Argumentation der Schuldnerin im Rekurs ist nicht geeignet, Bedenken an der Einschätzung der Masseverwalterin zu erwecken, eine Unternehmenssanierung sei nicht mehr zu erwarten. Aussagekräftige Grundlagen für die Beurteilung eines allfälligen Sanierungserfolgs wurden von ihr auch mit dem Rekurs nicht vorgelegt.
Sie behauptet noch nicht einmal ein bestehendes tragfähiges Sanierungskonzept, sondern verweist lediglich auf die notwendige Einbindung von Investoren und das diesbezüglich Zeiterfordernis. Eine erfolgreiche Sanierung des schuldnerischen Unternehmens bleibt damit rein hypothetisch.
5.2 Eine verlässliche Beurteilung der Deckung der Massekosten ist mangels Mitwirkung der Schuldnerin und fehlender Unterlagen nicht möglich. Entgegen ihrer Behauptung mangelt es – wie der bisherige Verfahrensgang gezeigt hat – an der Kooperation der Schuldnerin. Sie hätte seit der Insolvenzeröffnung Zeit zur Aufklärung der von der Masseverwalterin aufgeworfenen Fragen gehabt. Diese Sachverhalte sind immer noch ungeklärt. Der Einwand der Schuldnerin, die Masseverwalterin leiste ihrerseits keine ausreichende Information über ihr weiteres Vorgehen, kann die mangelnde Mitwirkung der Schuldnerin nicht entschuldigen.
Somit scheitert eine Fortführung hier aber auch daran, dass der Masseverwalterin keine ordnungsgemäßen Buchhaltungsunterlagen, insbesondere auch aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung, zur Verfügung stehen und im Konkursverfahren keine umfassende Mitwirkung der Schuldnerin gegeben ist. Die Schuldnerin zeigte keinerlei Bemühen dahin, dessen Durchführung und Abwicklung zu erleichtern.
5.3 Eine Gesamtveräußerung war im Insolvenzverfahren zu keinem Zeitpunkt Thema.
5.4Schließlich übersieht die Schuldnerin hinsichlich der beabsichtigten Sanierung, dass nach wie vor eine unübersichtliche Vermögenslage besteht (§ 142 Z 2 IO) und von ihr keinerlei Bemühungen zur Aufklärung gesetzt wurden. Damit liegt ein fakultativer Unzulässigkeitsgrund vor, bei dessen Vorliegen das Insolvenzgericht den Sanierungsplanantrag fakultativ als unzulässig zurückweisen kann ( Nunner-Krautgasser/Anzenberger in KLS 2§ 142 IO Rz 1).
Die Aufhebung des Konkursverfahrens mit Zustimmung aller Gläubiger (§ 123b IO) scheitert nach den eigenen Angaben der Schuldnerin an der Unmöglichkeit der Sicherstellung sämtlicher Insolvenzforderungen.
Die Sanierung der Schuldnerin ist damit mit jedenfalls überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht möglich.
6. Zum Teilbetrieb der Kurzzeitvermietung ist anzumerken, dass sich aus den Beilagen ./RR und ./SS zum Zwischenbericht der Insolvenzverwalterin vom 8.10.2024 (ON 90) für den Zeitraum 29.5. bis 4.10.2024 Einnahmen ergeben von booking.com von
EUR 698,86 und
EUR 1.623,85 jeweils am 16.8.2024
EUR 238,36 am 30.8.2024
EUR 592,95 am 20.9.2024
EUR 964,56 am 27.9.2024 und
EUR 255,06 am 4.10.2024
und von Airbnb von EUR 0,01 am 17.9.2024.
Bescheinigungsmittel dafür, dass seither und in der Zukunft Erlöse erzielt werden könnten, die die monatlichen Fixkosten decken, legte die Schuldnerin nicht vor. Auch Anhaltspunkte für das Vorliegen geeigneter Fortführungsgarantien ergeben sich – im Hinblick auf den Teilbetrieb der Kurzzeitvermietung - aus der Aktenlage nicht. Die behauptete Nachfrage bleibt rein hypothetisch.
7. Zusammengefasst hat die Schuldnerin ausreichende Grundlagen für die Beurteilung eines wahrscheinlichen Sanierungserfolgs bzw Fortführungserfolgs auch mit dem Rekurs nicht vorgelegt. Ein Zweifelsfall, in dem der Unternehmensfortführung der Vorzug zu geben wäre, liegt nicht vor (vgl Riel , aaO § 115 KO Rz 3). Seit der Insolvenzeröffnung ergaben sich auch keinerlei sonstige Anhaltspunkt, die für eine Unternehmensfortführung sprechen würden.
8. Die Schließung des schuldnerischen Unternehmens erfolgte daher zu Recht, sodass dem Rekurs ein Erfolg zu versagen war.
9.Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 252 IO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO.