3R150/24m – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Guggenbichler und den KR Langenbach, MBA, in der Rechtssache der klagenden Partei A* B*, ** **, C*straße D*, E*, vertreten durch die Dr. Schartner Mag. Kofler Rechtsanwalt GmbH in Altenmarkt im Pongau, gegen die beklagte Partei F* AG, FN **, **-Straße **, **, vertreten durch Dr. Peter Lindinger und Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 31.000,-- samt Anhang, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 18.6.2024, **-52, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.269,22 (darin EUR 544,87 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
Der Kläger hat bei der Beklagten für das Objekt C*straße D*, E*, zu Polizzen-Nr. * eine „Landwirtschaft-Versicherung“ abgeschlossen, die unter anderem auch eine Feuerversicherung umfasst. Zum Inhalt des Versicherungsvertrags gehören die „Vertragsgrundlagen für die Versicherung von Landwirtschaften“ (ABVL 2004), deren hier relevanter Inhalt lautet:
Teil A – Feuerversicherung
Artikel 1
Versicherte Gefahren und Schäden
1. Versichert sind folgende Gefahren:
Brand
…..
Brand ist ein Feuer, das bestimmungswidrig entsteht und/oder sich bestimmungswidrig ausbreitet (Schadenfeuer).
….
Artikel 9
Sicherheitsvorschriften
Sicherheitsvorschriften sind Auflagen, die der Versicherungsnehmer zur Erhaltung des Versicherungsschutzes beachten/einhalten muss. Werden die Sicherheitsvorschriften missachtet, ist der Versicherer im Schadenfall nach Maßgabe der ABS 2002 Art 3 von der Verpflichtung zur Leistung frei. Der Versicherungsnehmer darf alle Sicherheitsvorschriften weder selbst missachten, noch deren Missachtung durch Dritte gestatten oder dulden.
Dabei sind jedenfalls einzuhalten
1. gesetzliche und behördliche Sicherheitsvorschriften
2. vereinbarte Sicherheitsvorschriften für bestimmte Gefahren.
Feuerversicherung
Generell muss der Versicherungsnehmer dafür sorgen, dass bei brandgefährlichen Tätigkeiten bzw Situationen in seinem Betrieb besonders vorsichtig vorgegangen wird und die einschlägigen gesetzlichen, behördlichen, normierten und vorgeschriebenen Maßnahmen jedenfalls eingehalten werden. Brandgefährliche Tätigkeiten dürfen nur von erfahrenen Personen und nur mit Genehmigung des Versicherungsnehmers durchgeführt werden. Wenn kein ausreichender
Brandschutz sichergestellt werden kann, müssen brandgefährliche Tätigkeiten jeder Art unterbleiben.
Bei Arbeiten durch Betriebsfremde muss der Versicherungsnehmer nach Möglichkeit dafür sorgen, dass auch diese die Sicherheitsvorschriften einhalten. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, in seinem landwirtschaftlichen Betrieb, besonders auch beim Ausdrusch von Erntefrüchten, die gesetzlichen, behördlichen und sonstigen Vorschriften über Aufstellung, Beschaffenheit und Betrieb von Mähdreschern, Zugmaschinen sowie von beweglichen und unbeweglichen Kraftmaschinen aller Art genau einzuhalten. Dies gilt auch für die Lagerung des Kraftstoffs für Verbrennungsmotoren.
In Scheunen, Ställen und allen anderen Räumen, in denen sich leicht brennbare Stoffe oder brennbare Flüssigkeiten (zB Heu, Stroh, Brenn- und Treibstoffe usw.) befinden, - dürfen Fahrzeuge, Geräte und Maschinen mit Verbrennungsmotoren in Betrieb unbeaufsichtigt weder dauernd, noch vorübergehend eingebracht oder als Antriebsquelle verwendet werden;
Unbeaufsichtigt heißt, dass nicht mindestens eine Person, die älter als 14 Jahre ist, in unmittelbarer Nähe anwesend ist und im Bedarfsfall sofort erste Löschmaßnahmen ergreifen kann.
Sind derartige Fahrzeuge, Geräte und Maschinen außer Betrieb, dürfen sie eingestellt werden. Außer Betrieb heißt, dass der Motor und die elektrische Versorgung des Motors abgeschaltet sind.
- darf nicht geraucht werden; diese Räume dürfen auch nicht mit offenem Licht betreten werden;
- sind brandgefährliche Tätigkeiten aller Art grundsätzlich verboten. Brandgefährliche Tätigkeiten im Sinne dieser Sicherheitsvorschrift sind Schweißen und autogenes Schneiden, Schleifen und Trennschleifen (insbesondere mit dem Winkelschleifer o.Ä.), Löten, Flämmen, Auftauen usw. Die zu bearbeitenden Teile sind an eine dafür vorgesehene und speziell eingerichtete Arbeitsstätte zu bringen.
Nur wenn es absolut unvermeidlich ist, dürfen brandgefährliche Tätigkeiten in den genannten Bereichen an Ort und Stelle durchgeführt werden. Dabei sind umfassende Sicherheitsvorkehrungen, Abdeck- und Schutzmaßnahmen zu treffen, Wasser in ausreichender Menge und geeignete Löschgeräte bereitzuhalten sowie die Arbeitsstelle und deren weitere Umgebung nach Abschluss der brandgefährlichen Tätigkeiten mehrere Stunden lang wiederholt zu überwachen.
Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die Erntefrüchte, die zur Selbstentzündung neigen (insbesondere Heu und andere Futtermittel), vor der Einlagerung ausreichend zu trocknen. Nach der Einlagerung sind die Sachen in den für eine wirksame Brandverhütung erforderlichen Zeitabständen zu beobachten und ist auch die Temperatur zu messen oder messen zu lassen. Wird eine Temperatur von 70 Grad C oder mehr gemessen, hat der Versicherungsnehmer unverzüglich die Feuerwehr zu verständigen. Sind Brandmelde- bzw Brandlöschanlagen vorhanden und wird dafür ein
Prämiennachlass gewährt, so müssen diese Anlagen nach den einschlägigen Vorschriften installiert, betrieben und gewartet werden (s.a. Besondere Bedingungen 13 GL 003 0 und 13 GL 004 0).
[…]
Artikel 10
Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Schadenfall
[…]
Schadenmeldung
Jeder Schaden muss dem Versicherer unverzüglich gemeldet werden. Einbruchdiebstahl-, Beraubungs- und Feuerschäden sind darüber hinaus auch der Sicherheitsbehörde anzuzeigen. In dieser Anzeige sind besonders alle Tatbestandsmerkmale und abhandengekommenen bzw gestohlenen Sachen anzugeben. Bis zur Anzeige des Schadens kann der Versicherer die Entschädigungsleistung aufschieben.
Schadenaufklärung
Der Versicherungsnehmer muss dem Versicherer jede Untersuchung über die Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungsleistung ermöglichen. Bei der Schadenermittlung ist unterstützend mitzuwirken. Auf Verlangen sind dem Versicherer entsprechende Unterlagen auf Kosten des Versicherungsnehmers zur Verfügung zu stellen.
Bei Gebäudeschäden ist auf Verlangen ein beglaubigter Grundbuchauszug nach dem Stand zum Tag des Schadenereignisses auf Kosten des Versicherungsnehmers beizubringen.
Die Schadenstelle und der Schadenzustand dürfen ohne Zustimmung des Versicherers nicht verändert werden; ausgenommen davon sind notwendige Schadenminderungsmaßnahmen oder Veränderungen, die im öffentlichen Interesse notwendig sind.
Leistungsfreiheit
Verletzt der Versicherungsnehmer eine der vorstehenden Obliegenheiten, ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei - nach Maßgabe des VersVG § 6 - nach Maßgabe des VersVG § 62 im Fall einer Verletzung der Schadenminderungspflicht.“
Der Kläger und seine Ehefrau haben ihren landwirtschaftlichen Betrieb am 1.5.2018 an ihre Tochter G* B* junior verpachtet, die diesen seither auch führt. Für die Heuernte und die Heueinlagerung ist seit der Verpachtung der Landwirtschaft ihr Mitarbeiter H*, ein Landwirtschaftsmeister, zuständig. Der Kläger und seine Ehefrau helfen seit der Verpachtung in der Landwirtschaft nur noch in untergeordneter Weise mit, wenn Not am Mann oder der Frau ist. Der Kläger ist weiterhin für das Füttern der Ziegen zuständig.
Am 12.9.2020 kam es in einer damals noch vom Kläger gepachteten landwirtschaftlichen Halle des ** zu einem Brand. Zum Zeitpunkt des Brandes waren in dieser Halle ca 2.000 Quader Heuballen und auch Strohballen gelagert. Nach den polizeilichen Erhebungen am Brandort war eine Selbstentzündung der ca 500 kg schweren Heuballen eine der beiden möglichen Brandursachen. Ein konkreter Sachbeweis dafür konnte jedoch aufgrund der Änderungen im Zuge des Löscheinsatzes der Feuerwehr nicht mehr gefunden werden. Als zweite mögliche Brandursache wurde ein von einer Hochzeitsgesellschaft vor Ort verwendeter pyrotechnischer Gegenstand im Nahbereich der Halle festgestellt. Der Kläger wurde im Zuge der polizeilichen Erhebungen zu diesem Brandgeschehen als Pächter im Beisein von H* als seiner Vertrauensperson einvernommen. Ihm wurden die Ergebnisse der Ermittlungen mitgeteilt. Er hatte daher Kenntnis davon, dass die Selbstentzündung der Heuvorräte eine mögliche Brandursache war.
Die Beklagte erbrachte zu diesem Versicherungsfall Leistungen in nicht feststellbarer Höhe an den Kläger und seine Ehefrau.
Im Jahr 2021 nutzte G* B* junior im Rahmen ihres landwirtschaftlichen Betriebs vor allem das ca 2015 auf der Liegenschaft C*straße D*, E*, errichtete Stallgebäude zur Lagerung von Stroh und Heu. In diesem ca. 100 x 40 m großen Stallgebäude befindet sich ein Ziegenstall für zumindest 1.000 Ziegen. Der hintere Teil des Gebäudes, ein offener Lagerhallenbereich, wurde darüber hinaus als Stroh- und Heulager genutzt.
Am 13.7.2021 kam es auf der Liegenschaft des Klägers zu einem Brand, bei dem das Gebäude, das den Ziegenstall samt Heu- und Strohlagerhalle umfasst hatte, betroffen war. Vor dem Ausbruch des Brandes wurden letztmalig am 12.7.2021 13 Stück frische Heuquaderballen durch den Kläger in dieses Heulager eingebracht. Diese Heuquaderballen sind aber als Brandursache auszuschließen.
Zum Zeitpunkt des Brandes waren insgesamt ca 2.000 Stück Heuquaderballen in diesem Stallgebäude untergebracht. Nach dem Mähen am 13. und 14.6.2021 hatte H* am 17. und 18.6.2021 rund 250 frisch gepresste Heuquaderballen in die Lagerhalle des Ziegenstalls eingebracht. Er nutzte davor eine zumindest viertägige Schönwetterphase und ließ das Schnittgut (Heu) vor Ort im Freien unter mehrmaligem Wenden trocknen. In weiterer Folge verbrachte er die im landwirtschaftlichen Betrieb von G* B* junior vorhandene Großpackenpresse „BIC Pack 1290 XC“ an den Ort der Trocknung und verpresste dort die rund 450 kg schweren Heuquaderballen. Die verpressten Heuquaderballen sind ungefähr 240 cm breit, 90 cm hoch und 120 cm tief. Die Presse verfügt über einen Feuchtemesser mit einer Anzeige der gemessenen Feuchtigkeit des Ernteguts. Die Feuchtigkeitsmessung erfasst die Feuchtigkeit des Ernteguts jedoch nur an der Oberfläche und punktuell. Damit ist keine umfassende Detektion des Feuchtigkeitsgehalts des Ernteguts gegeben.
In weiterer Folge brachte H* die ungefähr 250 Heuquaderballen dieses Heuschnitts auf den Bauernhof und lagerte sie im Bereich der Lagerhalle des Ziegenstalls, indem er Reihen mit einer Länge von drei bis vier Ballen nebeneinander und einer Höhe von vier bis fünf Heuquaderballen übereinander errichtete. Diese Ballenreihen erreichten daher eine Stapelhöhe von 3,7 m bis ca. 4,5 m. H* ließ dabei zwischen den von ihm errichteten Heuballenreihen keine (begehbaren) Abstände, um die Lagerraumkapazitäten umfassend nutzen zu können.
Im Bereich dieser Heuballen brach in weiterer Folge am 13.7.2021 der gegenständliche Brand durch die Selbstentzündung des Heus aus. Dieser Bereich wurde durch den Brand vollständig zerstört.
In der Zeit nach dem Einlagern der Heuquaderballen am 17. und 18.6.2021 bis zum Ausbruch des Brandes am 13.7.2021 kontrollierte H* diese Heuballen nur in dem ihm zugänglichen Bereich sowie in dem ihm aufgrund seiner Körpergröße erreichbaren Bereich stichprobenartig zwei bis drei Mal pro Woche auf Temperatur und Restfeuchtigkeit mit einem Heumessstab (Eindringtiefe ca 50 cm). Bei seinen Messungen in diesem Bereich maß er keinen Temperaturanstieg.
Der Kläger verfütterte in dieser Zeit schon Teile aus der ersten Reihe der frisch eingelagerten Heuernte (ungefähr einen halben Heuballen pro Tag) an die Ziegen. Bis zum Brand brauchte er so ungefähr 15 bis 20 Heuballen auf. Bei diesen Fütterungen waren für den Kläger keine Anzeichen für eine nicht ausreichende Trocknung des Futtermittels oder für ein Gären (einen bedenklichen Fermentationsprozess) in den gepressten Heuballen erkennbar.
H* unterließ es trotz seiner Kenntnis von der grundsätzlichen Gefahr der Heuselbstentzündung in den ersten vier bis sechs Wochen nach der Heuernte sowie den konkreten Ergebnissen der behördlichen Ermittlungen nach dem Vorbrand im Jahr 2020, seine (regelmäßigen) Messungen auf den gesamten Bereich der frisch eingelagerten Heuernte vom Juni 2021 im Umfang von rund 250 Heuquaderballen auszudehnen. Hätte er im gesamten Bereich der von ihm frisch eingelagerten Heuernte vom Juni 2021 im Umfang von rund 250 Heuquaderballen regelmäßige (Temperatur)Messungen an den Heuballen vorgenommen, wäre bei einem gewöhnlichen Geschehensverlauf der bevorstehende Ausbruch des Brandes durch einen entsprechenden Temperaturanstieg in den Heuballen erkennbar geworden und hätte ein bevorstehender Brandausbruch erkannt und verhindert werden können.
Das Phänomen der Selbstentzündung, insbesondere auch von Heu, ist grundsätzlich bekannt. Es sind auch entsprechende Vorbeugemaßnahmen bekannt und etabliert. Diese werden sowohl in den landwirtschaftlichen Versicherungsbedingungen als auch den Feuerpolizeiordnungen der Länder angeführt bzw vorgeschrieben, um Schadensfälle zu vermeiden. Bei der Bodentrocknung des Heus besteht die Gefahr, dass aufgrund der nicht möglichen Ventilation die Trocknung unterschiedlich erfolgt und es dadurch im Heu zu verschiedenen Trocknungsgraden kommt. Durch das regelmäßige Heuwenden kann die gleichmäßige Trocknung gefördert werden. Je höher die Lagerdichte in den Ballen bzw im Haufwerk ist, desto geringer ist die Möglichkeit, Wärme nach außen hin abzuführen. Ebenso besteht bei zu dichter Lagerung der Heuballen die Gefahr, dass es zu einer geringeren Wärmeabfuhr kommt. Um den Temperaturanstieg innerhalb von Heuballen zu prüfen, genügt es in der Regel, die Temperatur an diversen gut am Objekt verteilten Stellen jeweils in zwei Tiefenstufen zu messen. Bleiben die gemessenen Temperaturen unter 50 °C, kann die Anzahl der Messungen beibehalten werden. Wird diese Temperatur an einer Stelle überschritten, muss die Zahl der Messstellen verdichtet werden. Es besteht dann die Gefahr eines Wärme- bzw Glutnestes. Es genügt daher nicht, den Heustock nur einmal zu messen, sondern diese Messungen müssen nach einem gewissen Zeitablauf an anderen Stellen wiederholt werden. Bei den verfahrensgegenständlichen Fermentationsprozessen entsteht nicht nur Wärme, sondern auch ein typischer Geruch. Aufgrund der offenen Konstruktion der verfahrensgegenständlichen Halle bzw des Stalls ist es möglich, dass der aufgetretene Geruch für die Betreiber der Landwirtschaft nicht erkennbar gewesen ist. Auch durch die durchgeführte Stapelung, die in der Landwirtschaft grundsätzlich üblich ist, wird die weitere Komprimierung des Heus gefördert, sodass die Bakterien besser arbeiten können und Wärme entstehen kann. Dadurch wird auch die Möglichkeit der Luftzirkulation eingeschränkt. Das gilt sowohl für die Standflächen der Ballen als auch für deren Oberflächen und führt insgesamt dazu, dass allenfalls entstehende Wärme schlechter abgegeben werden kann. Um eine Selbstentzündung des Heus verlässlich zu vermeiden, ist es notwendig, zumindest alle drei Tage Messungen mit der Messsonde vorzunehmen. Diese Kontrollen sind vor allem in den ersten vier bis sechs Wochen nach dem Einbringen und Verpressen der Heuballen durchzuführen. In diesem Zeitraum ist es angebracht, dass regelmäßig an mehreren Stellen jedes Ballens gemessen wird. Darüber hinaus wäre eine regelmäßige „Geruchsmessung“ angebracht. Je nach der Entwicklung der tatsächlich gemessenen Werte wäre dann die Überwachung zu verdichten.
Zum verfahrensgegenständlichen Inventarschaden wurde zwischen den Streitteilen eine Erstrisikosumme von EUR 310.000 vereinbart. Der Versicherungswert des durch den Brand beschädigten Inventars überstieg diesen Betrag.
Der Kläger begehrte mit seiner am 11.5.2022 eingebrachten Klage EUR 31.000 samt Anhang. Er brachte zusammengefasst vor, die Ablehnung der Regulierung des Schadens durch die Beklagte sei unberechtigt, weil dieser auf kein (grob) fahrlässiges Verhalten des Klägers zurückzuführen sei. Messungen des Heus seien laut Ausführungen des Sachverständigen für Brandwesen nicht notwendig gewesen. Der Hof sei zum Schadenszeitpunkt bereits an die Tochter des Klägers verpachtet gewesen. Auch die Heuernte sei durch die Pächterin durchgeführt worden. Es könne daher aus der Behandlung der Heuernte kein Vorwurf gegenüber dem Kläger erhoben werden.
Eine Trocknung der Ernte sei in der hauseigenen Trocknungsanlage nicht vorgenommen worden, da eine exzellente Witterung vorgeherrscht und sohin eine völlig trockene Ernte vorgelegen habe. Es habe daher keine Notwendigkeit und auch keine Verpflichtung zur Verwendung der Trocknungsanlage bestanden, auch von Messungen nach der Einlagerung habe Abstand genommen werden können. Beim Pressen des Heus selbst habe auch kein erhöhter Feuchtigkeitswert festgestellt werden können.
Nach § 4 Abs 9 OÖ Feuer- und GefahrenpolizeiVO (in der Folge kurz: OÖ FGP-VO) seien regelmäßige Temperaturmessungen bei Erntegütern nur dann vorzunehmen, wenn Bedingungen vorliegen, die vorhersehbar eine Selbstentzündung begünstigen. Da solche Bedingungen nicht vorgeherrscht hätten, habe eine Pflicht zur Vornahme solcher Temperaturmessungen auch nicht bestanden.
Das Heu sei im Rahmen des Pressvorgangs durch die Feuchtigkeitsanzeige der Heupressmaschine kontrolliert worden. Darüber hinaus seien auch die eingelagerten Heuquaderballen in regelmäßigen Abständen von H* kontrolliert worden. Es sei daher dem Kläger insgesamt kein grob fahrlässiges Verhalten vorwerfbar. Das Verhalten seiner Tochter als Pächterin und Betriebsführerin der Landwirtschaft sowie des ihr zuzuordnenden Mitarbeiters H* seien dem Kläger nicht zurechenbar. H* sei kein Repräsentant iSd Judikatur betreffend die Verpflichtungen des Klägers. Der Kläger sei weder für das
Pressen der Heuquader noch für die Feuchtigkeitsmessungen während des Pressens und nach dem Einlagern zuständig gewesen. Diese Arbeiten seien im landwirtschaftlichen Betrieb der Tochter des Klägers durchgeführt worden.
Der Kläger habe insofern eine weitere Qualitätsprüfung durchgeführt, als er das eingelagerte Futter (Heu) bereits an die Tiere (Ziegen) verfüttert habe. Bei diesen
Füttervorgängen habe er keine Veränderung des eingelagerten Heus im Sinne einer Gärung feststellen können.
Aus advokatorischer Vorsicht mache er derzeit nur ein Zehntel der Erstrisikosumme aus dem Inventarschaden geltend.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde nach, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete zusammengefasst ein, der gegenständliche Brand vom 13.7.2021 sei nach den Ergebnissen der strafrechtlichen Ermittlungen durch eine Selbstentzündung (exotherme Reaktion durch mikrobiologischen und physikalischen Vorgang) aufgestapelter Heu-Großquaderballen verursacht worden. Diese Strohballen seien vom Kläger am Tag vor dem Brand gegen 23.00 Uhr frisch vom Feld in den Stall eingelagert worden, von dem der Brand ausgegangen sei. Obwohl der Betrieb des Klägers über eine Trocknungsanlage für Heu verfüge, sei keine entsprechende Trocknung durchgeführt worden. Der Kläger habe auch eine Überprüfung des Feuchtegehalts des eingebrachten Heus unterlassen, obwohl eine entsprechende Messvorrichtung vorhanden gewesen wäre. Nach Art 9 ABVL 2004 seien bestimmte Sicherheitsvorschriften definiert, die der Versicherungsnehmer zur Erhaltung des Versicherungsschutzes einhalten müsse. Eine der im Rahmen der Feuerversicherung einzuhaltenden Sicherheitsvorschriften bestimme, dass der Versicherungsnehmer verpflichtet sei, Erntefrüchte, die zur Selbstentzündung neigen (insbesondere Heu und andere Futtermittel), vor der Einlagerung ausreichend zu trocknen und nach der Einlagerung in den für eine wirksame Brandverhütung erforderlichen Zeitabständen zu beobachten und auch die Temperatur zu messen oder messen zu lassen. Diese Sicherheitsvorschriften habe der Kläger nach seinen eigenen Angaben nicht eingehalten.
Die Beklagte sei daher aufgrund der daraus ableitbaren Verstöße gegen die vereinbarten Sicherheitsvorschriften (zur Gänze) leistungsfrei.
Darüber hinaus sei es bereits im September 2020 auf dem Anwesen des Klägers zu einem Brand gekommen. Nach der im damaligen Verfahren eingeholten Stellungnahme der Brandverhütungsstelle sei dieser ebenfalls auf die Selbstentzündung von Heuballen zurückzuführen gewesen. Dem Kläger sei daher aufgrund eines nicht einmal ein Jahr zurückliegenden Brandschadens die Gefahr der Selbstentzündung der Heuballen zweifellos bekannt gewesen. Ungeachtet dieser Kenntnis habe er wiederum sowohl eine Trocknung als auch eine Messung und Überwachung der Heuballen unterlassen, obwohl sämtliche Vorrichtungen dafür vorhanden gewesen wären. Die Unterlassung dieser einfachen und naheliegenden Maßnahmen zur Vermeidung eines (erneuten) Brandes gehe über die normale Sorglosigkeit des täglichen Lebens deutlich hinaus und sei als grobe Fahrlässigkeit zu werten. Die Beklagte sei daher auch gemäß § 61 VersVG leistungsfrei.
Versicherungsnehmer und somit Vertragspartner der Beklagten seien die Eigentümer der versicherten Landwirtschaft, konkret der Kläger und dessen Gattin, gewesen. Es seien daher auch diese für die Einhaltung der versicherungsvertraglichen Obliegenheiten und Sicherheitsvorschriften verantwortlich, ohne dass die Bestellung eines Betriebsführers daran etwas ändern könne. Aufgrund des Art 9 ABVL 2004 habe der Kläger als Versicherungsnehmer auch die gesetzliche Sicherheitsvorschrift des § 4 Abs 9 OÖ FGP-VO zu berücksichtigen gehabt. Über diese gesetzliche Sicherheitsvorschrift hinausgehend sei als vertragliche Sicherheitsvorschrift im Rahmen der Feuerversicherung vereinbart worden, dass der Versicherungsnehmer verpflichtet sei, Erntefrüchte, die zur Selbstentzündung neigen (insbesondere auch Heu), ausreichend zu trocknen, nach der Einlagerung in den für eine wirksame Brandverhütung erforderlichen Zeitabständen zu beobachten, die Temperatur zu messen oder messen zu lassen und bei Feststellung höherer Temperaturen unverzüglich die Feuerwehr zu verständigen. Entgegen der allgemeinen gesetzlichen und der speziellen vertraglichen Sicherheitsvorschriften habe der Kläger aber nach seinen eigenen Angaben im Jahr 2021 keine Trocknung und auch keine Messungen des Heus durchgeführt. Aufgrund dieses Verhaltens des Klägers als Versicherungsnehmer sei die Beklagte bereits dem Grunde nach leistungsfrei.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt.
Es traf die auf den Seiten 2 und 7-16 der Urteilsausfertigung ersichtlichen, eingangs der Berufungsentscheidung auszugsweise wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen, auf die verwiesen wird, und folgerte rechtlich (zusammengefasst), die in der deutschen Rechtsprechung vertretene Repräsentantentheorie sei aus dem (österreichischen) VersVG nicht abzuleiten. Der Einwand der Beklagten, dem Kläger sei grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, könne vor dem Hintergrund der bereits im Mai 2018 erfolgten Verpachtung des Betriebs an seine Tochter und seiner seither lediglich untergeordneten Mitarbeit, bei der für ihn das Risiko der Selbstentzündung des Heus nicht erkennbar gewesen sei, nicht erfolgreich sein.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in klagsabweisendem Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben, und bekämpft für ihn nachteilige Tatsachenfeststellungen.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Die Berufungswerberin stützt ihre Rechtsrüge auf den Rechtssatz RIS-Justiz RS0080407 [T3]. Den Versicherungsnehmer könne, auch wenn er mangels Anwendbarkeit der Repräsentantentheorie für das Verhalten Dritter nicht einstehen müsse, nach dem Selbstverschuldensprinzip ein zur Leistungsfreiheit des Versicherers führender Vorwurf treffen, was etwa dann der Fall sei, wenn es an der erforderlichen Sorgfalt in der Betriebsführung fehle und der Betrieb demzufolge Organisationsmängel aufweise, die den Eintritt des Versicherungsfalles erheblich begünstigten. Der betreffende Rechtssatz ist der Entscheidung 7 Ob 6/84 entnommen, der die von der Versicherungsnehmerin geduldete regelmäßige zweckwidrige Verwendung von Kfz-Probekennzeichen zugrundelag. Die Entscheidung ist daher für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Die Berufungswerberin lässt auch offen - und hat dazu in erster Instanz auch kein Vorbringen erstattet -, dass und worin es in dem vom Kläger verpachteten Betrieb an der erforderlichen Sorgfalt in der Betriebsführung gefehlt hätte und welche Organisationsmängel vorgelegen sein sollen.
2. Davon abgesehen hat der OGH zuletzt zu 7 Ob 204/22h festgehalten, dass dem Versicherungsnehmer ungeachtet der Ablehnung der Repräsentantentheorie in Bezug auf Obliegenheiten das Verhalten jener Personen zuzurechnen sei, die er zur Abwicklung des Versicherungsverhältnisses bevollmächtigt hat. Darüber hinaus liege bei der Bestellung eines Dritten durch den Versicherungsnehmer zum bevollmächtigten Vertreter für ein bestimmtes Vertragsverhältnis ein besonderer und selbständiger Zurechnungsgrund vor, der von der bloßen Repräsentanz bei Erfüllung einzelner Obliegenheiten unterschieden werden müsse.
Im gegenständlichen Fall wurde aber der mit der Einlagerung und Kontrolle der Heuballen befasste Mitarbeiter der Tochter des Klägers von diesem weder zur Abwicklung des Versicherungsverhältnisses bevollmächtigt noch zum bevollmächtigten Vertreter für ein bestimmtes Vertragsverhältnis bestellt. Sein Verhalten ist daher dem Kläger nicht zuzurechnen.
3. Ein Verschulden des Klägers selbst ist aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ableitbar.
Der Berufung war daher nicht Folge zu geben. Auf die in der Berufungsbeantwortung enthaltene Tatsachenrüge ist angesichts der erfolglosen Berufung nicht einzugehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen. Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO genannten Qualität und von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung waren nicht zu lösen.