Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Mag. Hemetsberger als Vorsitzende, die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger und den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A*wegen Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB über dessen Einspruch gegen das Abwesenheitsurteil des Einzelrichters des Landesgerichts Salzburg vom 18. Februar 2025, GZ Hv*-33, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Dem Einspruch wird stattgegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und dem Landesgericht Salzburg die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung aufgetragen.
BEGRÜNDUNG:
Mit Abwesenheitsurteil des Landesgerichts Salzburg vom 18. Februar 2025 wurde der ** geborene A* zweier Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt und dafür zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, deren Vollzug unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehen wurde.
Inhaltlich des Schuldspruchs habe er am 6. September 2024 in ** nachgenannte Personen gefährlich zumindest mit einer Verletzung am Körper bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar
Dieses Urteil wurde ihm samt Rechtsmittelbelehrung (unter Anschluss je einer Übersetzung in die englische Sprache) am 24. September 2025 zugestellt (Zustellnachweis zu ON 1.27; vgl dagegen zur Hinterlegungsmitteilung ON 38 den negativen Zustellbericht ON 36, weshalb insoweit nicht von einer wirksamen Zustellung auszugehen ist [§ 17 Abs 3 dritter Satz ZustG]).
Mit seinem am 25. September 2025 persönlich überreichten Schreiben erhebt der Angeklagte nunmehr Einspruch gegen das Abwesenheitsurteil und führt er (inhaltlich den Ausspruch über die Schuld bekämpfend) aus, er habe niemandem gedroht, vielmehr sei ihm gedroht worden (ON 41).
Die Oberstaatsanwaltschaft hat sich dazu nicht geäußert.
Der Einspruch, über den vorweg in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden ist (§ 427 Abs 3 letzter Satz erster Halbsatz StPO; Bauer in WK-StPO § 427 Rz 22), ist berechtigt.
Die Durchführung der Hauptverhandlung und Urteilsfällung in Abwesenheit des Angeklagten ist nach § 427 Abs 1 StPO (neben weiteren Bedingungen) nur dann zulässig, wenn ihm die Ladung zur Hauptverhandlung persönlich zugestellt wurde. Gegen ein in seiner Abwesenheit ergangenes Urteil kann er innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung der Ausfertigung Einspruch erheben. Diesem Rechtsbehelf ( Kirchbacher, StPO 15§ 427 Rz 15) ist stattzugeben, wenn nachgewiesen wird, dass der Angeklagte durch ein unabweisbares Hindernis abgehalten wurde, in der Hauptverhandlung zu erscheinen (Abs 3 leg cit). Zustellungsmängel erfüllen – ungeachtet möglicher Geltendmachung als Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 (§ 489 Abs 1) StPO – regelmäßig diese Bedingung (vgl OLG Linz 9 Bs 340/18s, 10 Bs 89/22t, 7 Bs 85/23h; eingehend: Bauer aaO § 427 Rz 20; Venier in Bertel/Venier, StPO² § 427 Rz 7; Bachmann in LiK-StPO § 427 Rz 17; Nimmervoll, Strafverfahren² Kap VI Rz 340; aA: Kirchbacher aaO § 427 Rz 11 und 15).
Hier wurde dem Angeklagten die Ladung zu einem ersten Termin (21. Jänner 2025) samt Strafantrag am 16. Jänner 2025 zugestellt (ON 23). Trotzdem erschien er nicht zur Verhandlung, weshalb das Erstgericht beschloss, in seiner Abwesenheit zu verhandeln (ON 26). Nachdem eine Vertagung notwendig wurde, ordnete es die polizeiliche Vorführung des Angeklagten (§ 153 Abs 2 letzter Satz StPO) zum fortgesetzten Termin am 18. Februar 2025 an (ON 1.14); die Zustellung einer Ladung verfügte es dagegen nicht. Am Tag der fortgesetzten Hauptverhandlung war der Angeklagte für die Exekutivbeamten allerdings nicht greifbar (ON 1.16, ON 31) und unterblieb demgemäß seine Vorführung. Das Erstgericht setzte daraufhin (nach Erörterung der erfolgreichen Ladung zum ersten Termin) das Beweisverfahren in Abwesenheit des Angeklagten fort (ON 32, 2) und fällte das eingangs referierte Urteil (ON 32, 5).
Verhandlung und Urteilsfällung in Abwesenheit erfordern aber auch im Fall einer fortgesetzten oder wiederholten Hauptverhandlung (zwingend) die persönliche Zustellung der Ladung zur Hauptverhandlung an den Angeklagten (
Auf Basis dieser Überlegungen lag dem Fernbleiben des Angeklagten von der Hauptverhandlung am 18. Februar 2025 mangels gehöriger Ladung ein unabweisbares Hindernis im Sinne des § 427 Abs 3 StPO zugrunde. Nachdem sich die dazu führenden Umstände ohne Weiteres dem Akt entnehmen lassen, sind im konkreten Fall auch die ansonsten geforderte Behauptung und der Nachweis des Hinderungsgrundes (vgl dazu: RIS-Justiz RS0101596; Bauer aaO § 427 Rz 21) entbehrlich.
Demzufolge ist dem Einspruch des Angeklagten stattzugeben, das angefochtene Urteil zu kassieren und dem Landesgericht Salzburg die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung aufzutragen. Seine Berufung wegen Schuld und Strafe (§ 467 Abs 3 [§ 489 Abs 1] StPO) wird damit gegenstandslos ( Bauer aaO § 427 Rz 21).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (RIS-Justiz RS0124936).
Rückverweise
Keine Verweise gefunden