Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Mag. Hemetsberger als Einzelrichterin in der Strafsache gegen A* wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG iVm § 38 Abs 1 und 2 Z 3 FinStrG idF BGBl. I 163/2015 über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz vom 3. Juli 2025, Hv*-53, entschieden:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
BEGRÜNDUNG:
A* wurde mit (gekürzt ausgefertigtem) Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 21. März 2025 (ON 50) von den wider ihn mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Linz vom 26. Juli 2023 in Richtung § 33 Abs 1 FinStrG iVm § 38 Abs 1 und 2 Z 3 FinStrG idF BGBl. I 163/2015 erhobenen Vorwürfen (ON 4) gemäß § 214 FinStrG freigesprochen.
Mit Eingabe vom 2. April 2025 (ON 52) beantragte der Freigesprochene im Wege seines Verteidigers einen Betrag zu den Kosten seiner Verteidigung gemäß § 393a StPO in Höhe von EUR 45.000,00 zuzüglich EUR 1.140,00 Barauslagen.
Die Staatsanwaltschaft Linz erhob am 8. April 2025 keinen Einwand gegen einen angemessenen Verteidigerkostenbeitrag (ON 1.58).
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 53) setzte das Erstgericht den Verteidigungskostenbeitrag gemäß § 228a Abs 2 FinStrG iVm § 393a Abs 1 StPO mit EUR 16.140,00 (darin EUR 1.140,00 Barauslagen) fest und wies das Mehrbegehren ab.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft (ON 54), die die Herabsetzung des vom Erstgericht bestimmten Pauschalbeitrags begehrt.
Die Beschwerde, gegen die sich der Freigesprochene am 4. August 2025 geäußert hat, ist nicht berechtigt.
Wird ein im Offizialverfahren Angeklagter freigesprochen, so hat ihm der Bund auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Angeklagten bestrittenen baren Auslagen und außer dem Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient hat. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang des Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und dafür im Verfahren vor dem Schöffengericht – vorbehaltlich der in den §§ 221 Abs 4 und 285 Abs 2 StPO genannten Fälle – EUR 30.000,00 nicht übersteigen (§ 393a Abs 1 und Abs 2 Z 1 StPO).
Mit dieser seit 1. August 2024 geltenden Bestimmung (BGBl. I 2024/96) sollen die Kriterien für die Bemessung des konkreten Pauschalkostenbeitrags mit dem Ziel deutlicher Anhebung neu gestaltet werden; grundsätzlich wird aber weiterhin an der Bemessung des Kostenbeitrags in Form von Pauschalkostenbeiträgen festgehalten (EBRV 2557 BlgNR XXVII. GP 6). Die vor der Novellierung des Systems des Verteidigerkostenbeitrags entwickelte Judikatur, die bei ganz einfachen Verteidigungsfällen den Einstieg bei nur etwa 10% des jeweiligen Höchstbetrags fand, lehnt der Gesetzgeber nunmehr explizit ab (vgl. EBRV 2557 BlgNR XVII. GP 8).
Ausschlaggebend sind insbesondere der sich auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand bei den Ermittlungsmaßnahmen bzw. den Verfahrenshandlungen, die Dauer des Verfahrens, die Anzahl an Verfahrensbeteiligten sowie die Gestaltung des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalts, der in seiner gesamten Bandbreite von ganz einfachen Fällen bis hin zu aufwendigen Strafverfahren (zum Beispiel Wirtschaftsstrafsachen mit Firmenverflechtungen) variieren kann. Beim Kriterium des Umfangs des Verfahrens sind sowohl Ermittlungs- und Hauptverfahren als auch ein allfälliges Rechtsmittelverfahren zu berücksichtigen. Es ist somit auf den Verfahrensaufwand im gesamten Strafverfahren abzustellen. Insgesamt soll durch die Neuregelung zum Ausdruck kommen, dass der Umfang des Verfahrens alleine nicht ausschlaggebend ist, sondern auch dessen Komplexität in der Beurteilung entsprechend zu berücksichtigen sein soll. Je nach Umfang der Ermittlungen und Verfahrenshandlungen sowie Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen kann sich der Betrag den im Gesetz vorgesehenen Höchstmaß annähern bzw. sich von diesem weiter entfernen. Unter Heranziehung der Ansätze nach den AHK (Allgemeine Honorar-Kriterien) – unter Berücksichtigung des Einheitssatzes, jedoch ohne Erfolgs- oder Erschwerniszuschläge – werden hiefür nach den Gesetzesmaterialien durchschnittliche Verteidigungskosten in einem „Standardverfahren“ vor dem Schöffengericht mit EUR 15.000,00 veranschlagt. Ein solches Standardverfahren vor dem Schöffengericht umfasst demnach an Verteidigungsaufwand die Vertretung im Ermittlungsverfahren (Besprechung mit dem Mandanten/der Mandantin, Vollmachtsbekanntgabe bzw. Antrag auf Akteneinsicht, Aktenstudium bzw. Vorbereitungstätigkeit und Teilnahme an einer zweistündigen Vernehmung, die Teilnahme an einer Hauptverhandlung in der Dauer von acht Stunden und die Einbringung eines prozessrelevanten Schriftsatzes sowie die Teilnahme an einer Rechtsmittelverhandlung in der Dauer von zwei Stunden (vgl. EBRV 2557 BlgNR XVII. GP 5 und 8).
Voranzustellen ist, dass das Erstgericht den Pauschalkostenbeitrag im Sinne dieser Kriterien und in gewissenhafter Prüfung des gesamten Verfahrensaufwandes bestimmt hat, sodass auf dessen Erwägungen verwiesen werden kann (ON 53, 5 ff).
Zusammengefasst dargestellt wurde A* mit einem sehr umfangreichen Abschlussbericht des Amts für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom 23. Dezember 2022 (ON 2.1 bis ON 2.21, beinhaltend ua den Strafakt der Finanzstrafbehörde und zahlreiche Beilagen ua Dokumente in slowakischer Sprache) basierend auf einer abgabenbehördlichen Außenprüfung vom 9. September 2019 vorgeworfen, im Zeitraum 2015 bis 2019 im Zusammenhang mit mehreren, auch ausländischen Unternehmen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG mit einem strafbestimmenden Wertbetrag in Höhe von insgesamt EUR 425.099,00 begangen zu haben.
Ohne weitere Zwischenschritte wurde am 26. Juli 2023 die Anklageschrift (ON 4) beim Landesgericht Linz eingebracht, wobei deren Begründung im Wesentlichen auf den Ermittlungsergebnissen der Betriebsprüfung im Jahr 2018 gründete.
Am 9. August 2023 erfolgte die Vollmachtsbekanntgabe des Verteidigers samt Antrag auf elektronische Akteneinsicht (ON 5). Neben einem weiteren Antrag auf Akteneinsicht wurden an wesentlichen Schritten am 20. November 2023 eine sehr umfangreiche Gegenäußerung zur Anklageschrift samt zahlreichen Beilagen (ON 12), am 29. Februar 2024 eine 12-seitige Stellungnahme zur Stellungnahme des Außenprüfers zur Gegenäußerung (ON 22), am 2. Mai 2024 eine (ablehnende) Stellungnahme zur Bestellung eines Sachverständigen (ON 35) und am 30. Oktober 2024 ein Beweisantrag sowie eine Bekanntgabe (ON 38) eingebracht. Die Hauptverhandlung fand an drei Tagen mit einem Zeitaufwand von insgesamt etwas über 16 Stunden statt (vgl ON 1.61, ON 48 und ON 50). Da weder die Staatsanwaltschaft noch die Finanzstrafbehörde das freisprechende Urteil vom 21. März 2025 (ON 50) bekämpften, gab es kein Rechtsmittelverfahren.
Bei einer nach den obigen Kriterien vorzunehmenden Gesamtbetrachtung, die sich nicht nur an den vom Verteidiger vorgenommenen und zweckmäßigen Verfahrenshandlungen, sondern auch am Verfahrensgegenstand und -umfang orientiert, ist fallkonkret in Übereinstimmung mit dem Erstgericht – für ein Schöffenverfahren – von einem durchaus schon überdurchschnittlichen Aktenumfang sowie komplexen Rechtsfragen und dementsprechenden Verteidigungsaufwand im Hauptverfahren auszugehen, sodass der vom Erstgericht bestimmte Pauschalkostenbeitrag in Höhe von EUR 15.000,00 auch mit Blick auf den Verteidigereinsatz nur in diesem Verfahrensstadium nicht korrekturbedürftig ist. Die bescheinigten Barauslagen, die das Erstgericht antragsgemäß zugesprochen hat, sind ohnehin nicht von der Beschwerde umfasst.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
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