10Bs125/25s – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Einzelrichterin Mag. Höpfl in der Strafsache gegen A*und andere wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des A* gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 20. Mai 2025, HR*-15 , entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird dahin Folge gegeben, dass der Beitrag des Bundes zu den Kosten der Verteidigung des A* mit EUR 782,90 (darin enthalten EUR 32,90 Barauslagen) bestimmt wird.
Text
BEGRÜNDUNG:
Mit Verfügung vom 16. Februar 2025 wurde das von der Staatsanwaltschaft Salzburg (unter anderem) gegen A* wegen des Verdachts des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 15 Abs 1 StGB geführte Ermittlungsverfahren (St*) gemäß § 190 StPO eingestellt (ON 1.10).
Daraufhin begehrte der Genannte mit Eingabe vom 24. April 2025 im Wege seines Verteidigers – unter Anschluss einer Leistungsaufstellung über EUR 5.241,60 (darin enthalten EUR 873,60 USt) – einen angemessenen Beitrag zu den Kosten seiner Verteidigung (ON 13).
Das Erstgericht bestimmte die Höhe des vom Bund zu leistenden Beitrags zu den Kosten der Verteidigung mit EUR 550,00, wovon EUR 32,90 auf Barauslagen entfallen würden (ON 15).
Der dagegen von A* erhobenen Beschwerde (ON 17) kommt im spruchgemäßen Ausmaß Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 196a Abs 1 StPO hat der Bund im Falle der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens nach § 108 oder § 190 der Strafprozessordnung dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Angeklagten bestrittenen baren Auslagen und außer im Falle des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf – vorbehaltlich der Regelung des § 196a Abs 2 StPO - den Betrag von EUR 6.000,00 nicht übersteigen.
Die Bemessung des Kostenbeitrags wird in Form von Pauschalkostenbeiträgen vorgenommen. Ausschlaggebend sind dabei insbesondere der sich auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand bei den Ermittlungsmaßnahmen, die Dauer des Ermittlungsverfahrens, die Anzahl an Verfahrensbeteiligten sowie die Gestaltung des dem Ermittlungsverfahren zugrundeliegenden Sachverhalts, der in seiner gesamten Bandbreite von ganz einfachen Fällen bis hin zu umfangreichen Strafverfahren variieren kann. Ein „Standardverfahren“ umfasst nach den Gesetzesmaterialien im Regelfall eine Besprechung mit dem Mandanten/der Mandantin, eine Vollmachtsbekanntgabe bzw ein Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden. Unter Heranziehung der Ansätze nach den AHK (Allgemeine Honorar-Kriterien) – unter Berücksichtigung des Einheitssatzes, jedoch ohne Erfolgs- oder Erschwerniszuschläge – werden hiefür durchschnittliche Verteidigungskosten in Höhe von EUR 3.000,00 veranschlagt. Der solcherart zu bemessende Pauschalkostenbeitrag kann sich somit je nach Umfang der Ermittlungen und Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern oder aber sich von diesem weiter entfernen. Ein Anspruch auf Ersatz der gesamten aufgelaufenen (notwendigen oder zweckmäßigen) Vertretungskosten ist aber weder der Bestimmung des § 196a StPO noch den geltenden Verfassungsbestimmungen oder der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu entnehmen (vgl EBRV 2557 BlgNR XXVII. GP 2 ff).
Diese gesamthaft zu betrachtenden Kriterien der Bemessung verkennt der Beschwerdeführer, wenn er in seinem Vorbringen allein auf die von seinem Verteidiger vorgenommenen Verfahrenshandlungen abstellt, wobei schon vom Erstgericht zutreffend festgehalten wurde, dass nicht alle angeführten Positionen auch zu berücksichtigen sind.
Das Verfahren wegen des Verdachts des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, begangen im Zuge eines Vorfalls am 9. März 2024 in **, wurde zunächst gegen drei unbekannte Täter geführt (ON 2) und am 2. April 2024 von der Staatsanwaltschaft gemäß § 197 Abs 1 StPO abgebrochen. Nach Ausforschung des Beschwerdeführers und eines weiteren Beschuldigten, erfolgte die Einvernahme beider Beschuldigten am 22. Oktober 2024 (ON 5.4., ON 5.5.), bei welcher Angaben zur Sache jedoch verweigert wurden. Einbezogen wurde in der Folge ein weiteres, wiederum gegen diese beiden Beschuldigten geführtes Verfahren wegen des Verdachts des Vergehens des schweren Betrugs – hinsichtlich des Beschwerdeführers - nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB, 15 Abs 1 StGB. In diesem Zusammenhang stand der Verdacht im Raum, die Beschuldigten hätten mittels duplizierter Kreditkarten Zahlungen getätigt bzw tätigen wollen (vgl ON 6 und ON 12). Während das Verfahren betreffend im August 2024 erfolgter Vorfälle anfangs gegen unbekannte Täter geführt wurde, wurde der Beschwerdeführer am 9. Oktober 2024 noch vor Ort angetroffen (ON 6.6.2). Die Einvernahme der Beschuldigten zu diesen Vorwürfen erfolgte am 8. Jänner 2025 (wobei die Aussage von diesen neuerlich verweigert wurde).
Im Ergebnis war das Verfahren gegen den Beschwerdeführer (gemessen an dessen Kenntnis von den gegen ihn geführten Ermittlungen), somit rund vier Monate anhängig. Orientiert an den angezeigten Sachverhalten und den vorliegenden Beweisergebnissen handelt es sich um kein komplexes Ermittlungsverfahren. Schwierige Rechtsfragen waren nicht zu lösen, sondern galt es jeweils die Tatfrage zu klären. Der Akteninhalt und -umfang gestaltet sich äußerst übersichtlich.
Gemessen an den oben dargestellten Kriterien der Bemessung ist bei einer Gesamtbetrachtung daher von einem unter dem Durchschnitt gelegenen Ermittlungsverfahren auszugehen, dessen Besonderheit fallkonkret darin begründet liegt, dass nach Ausforschung des (der) Beschuldigten eine weitere Anzeige einbezogen wurde, wobei beide Beschuldigten von dem selben Verteidiger vertreten wurden. Zu Recht hat das Erstgericht ausgeführt, dass der letztgenannte Umstand bei Bemessung des Kostenbeitrags zu veranschlagen ist.
Nichts desto trotz ist mit Blick auf die unterschiedlichen Tatvorwürfe, der Beitrag auf EUR 750,00 anzuheben.
Zu den vom Erstgericht zugesprochenen Barauslagen in Höhe von EUR 32,90 ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass der Zuspruch von Kopierkosten in einem elektronisch geführten Akt ohne Bezug habenden Antrag des Beschuldigten unbekämpft geblieben ist, sodass sich vor diesem Hintergrund ein Betrag von insgesamt EUR 782,90 errechnet.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).