10Bs147/25a – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen A* B*und andere wegen des Vergehens der Tierquälerei nach § 222 Abs 1 Z 1 StGB über die Beschwerde der C* D* GmbH gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 3. Juni 2025, Hv*-11, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Die Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit an das Landesgericht Ried im Innkreis gerichtetem Strafantrag vom 30. Oktober 2024 (ON 3.23) legt die Staatsanwaltschaft Salzburg (unter anderem) dem am ** geborenen A* B* das Vergehen der Tierquälerei nach § 222 Abs 1 Z 1 StGB zur Last.
Die Anzeigerin C* D* GmbH erklärte bereits im Rahmen ihrer verfahrenseinleitenden Sachverhaltsdarstellung vom 3. Mai 2023, sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte anschließen zu wollen (S 3 f in ON 2.2.2), wobei der Anspruch in der (unter anderem gegen A* B* geführten) Hauptverhandlung vom 20. Jänner 2025 letztlich mit insgesamt EUR 98.478,60 beziffert wurde (S 3 in ON 5).
Mit dem angefochtenen Beschluss wurde nunmehr die Anschlusserklärung der C* D* GmbH als Privatbeteiligter gemäß § 67 Abs 4 Z 1 StPO zurückgewiesen (ON 11).
Die dagegen von der C* D* GmbH erhobene Beschwerde (ON 16) ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Inhaltlich des Strafantrags haben E* B*, A* B* und F* ab einem nicht näher bekannten Zeitpunkt bis zum 7. Februar 2023 in ** gemeinsam als Mittäter in Stallgebäuden und im Wohnhaus ** sowie auf dem unbeheizten Dachboden des Wohnhauses **, trotz einem seit 19. Jänner 2023 gegen E* B* bestehenden behördlichen Tierhalteverbots, Tiere nicht artgerecht gehalten und ihnen dadurch unnötige Qualen in Form von Hunger und Angst unter anderem durch Unterlassen, nämlich durch Nichtgewähren der notwendigen Nahrung und Unterkunft, zugefügt, indem sie eine Bengalkatze am Heuboden ohne Zugang zu Futter und Wasser, eine laut schreiende Savannah-Katze in einer Hundebox hinter einem Schrank ohne Zugang zu Futter und Wasser, 27 bereits dehydrierte Katzen unterschiedlicher Rassen auf dem stark verkoteten Dachboden ohne Heizung, nur mit einer Schüssel Trockenfutter und gefrorenem Wasser sowie mehrere Hunde bei Temperaturen bis zu -10°C ohne Heizung in diversen Containern oder behelfsmäßigen Stallabteilen hielten, wodurch die Tiere in einem schlechten gesundheitlichen Zustand waren, Parasitenbefall, starke Verfilzungen sowie Ohren- und Augenentzündungen aufwiesen.
Die Privatbeteiligte C* D* GmbH begründete ihren Privatbeteiligtenanschluss (zusammengefasst) damit, dass sie 24 der behördlich abgenommenen Hunde der Angeklagten verpflegt und tierärztlich versorgt habe und die vom Land ** auf Basis einer Leistungsvereinbarung entrichteten Pauschalbeträge die tatsächlich aufgelaufenen Kosten nicht decken würden (insb S 3 f in ON 2.2., S 3 und 37 in ON 5).
Einem Anschluss als Privatbeteiligter im Strafverfahren liegen ausschließlich Ansprüche ex delictozu Grunde (vgl RIS-Justiz RS0017294), sodass nur der durch die Straftatin seinem Recht Geschädigte selbst die Stellung eines Privatbeteiligten in Anspruch nehmen kann. Privatbeteiligter kann somit nur sein, wer Opfer (§ 65 Z 1 lit c StPO) der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Straftat ist. Dieser Grundsatz wird in der Rechtsprechung lediglich in – hier nicht zutreffenden - Fällen der Legalzession oder eines Übergangs des Anspruchs im Erbgang durchbrochen (vgl Spenling aaO Vor §§ 366 – 371 Rz 31 ff).
Richtig ist, dass keine Bindung an den „tatbestandsrelevanten Schaden“ besteht. Nichts desto trotz muss der Privatbeteiligte durch die Straftat, wegen der der Angeklagte verurteilt wird bzw die anklagegegenständlich ist, verletzt worden sein. Nur dann sind auch nicht im Schutzbereich der übertretenen strafrechtlichen Norm liegende Schäden zu ersetzen (vgl RIS-Justiz RS0101225; Spenling aaO § 366 Rz 14 mwN).
Diese Voraussetzung erfüllt die Beschwerdeführerin nicht, zumal sich die strafbaren Handlungen der Angeklagten per se in keiner Weise zum Nachteil der Privatbeteiligten oder auch nur in deren Sphäre auswirken.
Gegenstand des strafrechtlichen Schutzes nach § 222 StGB ist das Tier schlechthin; geschütztes Rechtsgut ist somit ausschließlich das Wohlergehen des (höher entwickelten) Tieres als solches ( Hinterhofer in SbgK-StGB § 222 Rz 9 ff mH; Philipp in WK 2StGB § 222 Rz 5 mN), welchem jedoch – neben der „Person“ als Rechtssubjekt und Inhaber von Rechten und Pflichten, und der „Sache“ als Rechtsobjekt und Gegenstand dieser Herrschaftsrechte – keine eigenständige Rechtsposition zukommt ( Leukauf/Steininger/Tipold StGB 4 § 222 Rz 13 mH; Gimpel-HintereggerÖJZ 1989, 65 ff). Trotz der Betonung der Besonderheit von Tieren im Verhältnis zu anderen Sachen durch § 285a ABGB ist die Schädigung eines Tieres schadenersatzrechtlich als Vermögensschaden zu behandeln. Wird ein Tier getötet, verletzt oder sonst in seinem Wert vermindert, kommen folglich Schadenersatzansprüche, darunter kraft der Sonderbestimmung des § 1332a ABGB auch solche auf Ersatz von Heilungskosten, dem – in seinem Vermögen verletzten – Eigentümer des Tieres zu ( Hinteregger in Kletečka/ Schauer ABGB-ON 1.06§ 1332a Rz 1 f [Stand 1.8.2022, rdb.at]). Ein aus dem Tatvorwurf nach § 222 StGB gedeckter Vermögensschaden der Beschwerdeführerin ist somit nicht ableitbar (vgl OLG Linz, 9 Bs 145/24y und 10 Bs 119/25h). Sie ist nicht Opfer iSd § 65 Z 1 lit c StPO.
Das Beschwerdevorbringen, wonach es durch die Strafprozessnovelle 2008 zu einer starken Ausweitung des Opfer- bzw Verletzungsbegriffs gekommen sei, argumentiert an der dennoch geforderten Voraussetzung vorbei, dass die Schädigung oder der wirtschaftliche Verlust eine direkte Folge der Straftat gewesen sein muss (so auch Kier, WK StPO § 65 Rz 1). Dass den Verwahrer auf Grund tierschutzrechtlicher Bestimmungen – im Fall einer Beauftragung durch die Behörde - diverse Verpflichtungen treffen, vermag ebenfalls keinen die Beschwerdeführerin treffenden Schaden aus der Straftat des/der Angeklagten selbst zu begründen.
Der im Rechtsmittel zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 1 Ob 229/16v lag das Vergehen der vorsätzlichen Schädigung des Tier- und Pflanzenbestands nach § 181f Abs 1 StGB durch Abschuss eines unter Artenschutz stehenden Luchses zu Grunde, wobei die dortige Klägerin auf Basis einer Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung mit der Aufgabe betraut war, bedrohte Tierarten zu fördern und zu erhalten sowie die Erhaltung der Lebensräume des Luchses im betreffenden Gebiet zu gewährleisten. Hiezu wird ausgeführt, dass ein Schutz der Tier- und Pflanzenarten durch den Staat nur unter Einsatz von finanziellen Mittel möglich ist, weshalb das Töten geschützter Tierarten nicht nur deshalb rechtswidrig sei, weil ein ideelles Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung dieser Tierarten besteht, sondern auch deshalb, weil die – sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene bestehende – Verpflichtung zur Setzung von Maßnahmen zum Schutz dieser Tierarten für die öffentliche Hand einen nicht unwesentlichen finanziellen Aufwand bedeutet. Insoweit diene § 181f StGB auch dem Schutz finanzieller Interessen derjenigen, die diesen Aufwand zu tragen haben. In diesem Zusammenhang ergibt sich die Notwendigkeit zum Ankauf und Aussetzen eines neuen Luchses (und der damit verbundene Aufwand finanzieller Mittel) jedoch – anders als im gegenständlichen Fall - direkt aus der Straftat selbst, weil als unmittelbare Folge des rechtswidrigen Abschusses die Erhaltung der Population beeinträchtigt wurde, sodass (von der Klägerin) ein neues Exemplar dieser geschützten Tierart angeschafft werden musste (demgegenüber zum Schutzbereich des § 222 StGB siehe oben). Ein Vergleich mit dem zur Last gelegten Verhalten des Angeklagten, das für sich genommen keine Handlungspflicht der Beschwerdeführerin auslöst, führt daher nicht zum Ziel.
Gemäß § 30 Abs 3 TschG erfolgt die Haltung behördlich abgenommener Tiere auf Kosten und Gefahr des Tierhalters, wobei die vom Land und vom Verwahrer zu erbringenden Leistungen und das dafür zu entrichtende Entgelt vertraglich zu regeln sind (Abs 2 leg cit). Während es sich bei dem zwischen dem Land und möglichen Verwahrern ausgestalteten Rechtsverhältnis um ein zivilrechtliches handelt, ist jenes zwischen der Behörde und dem bisherigen Halter ein solches des öffentlichen Rechts und sind diesem die Kosten der Unterbringung und Versorgung des betroffenen Tieres von der Behörde im Rahmen der Hoheitsverwaltung aufzuerlegen, sodass der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen ist (vgl OLG Linz, 9 Bs 145/24y mwN). Ein daraus resultierender Rechtsanspruch der Beschwerdeführerin gegen den Tierhalter wird von dieser ohnehin nicht behauptet.
Ein im Zuge des Strafverfahrens zu berücksichtigender Ersatzanspruch der C* D* GmbH ex delicto ist nicht ableitbar, weshalb der Beschwerde ein Erfolg zu versagen war. Es wird – wiederum - darauf hingewiesen, dass allfällige darüber hinausgehende zivilrechtliche Ansprüche davon unberührt bleiben und auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen wären.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.