JudikaturOLG Linz

8Bs79/25m – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
08. Mai 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Grosser in der Maßnahmenvollzugssache des A* über die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 25. März 2025, BE*-22, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird dahin Folge gegeben, dass der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Landesgericht Steyr zurückverwiesen wird.

Text

Begründung:

Mit seit 9. August 2021 rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Linz als Geschworenengericht vom 18. Juni 2021, Hv*-54, wurde A* mehrerer Verbrechen des Mordes nach § 75 (teils iVm § 15) StGB und eines Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Unter einem wurde gemäß § 21 Abs 2 StGB idF vor BGBl I 2022/223 seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet. Die vorbeugende Maßnahme wird aktuell im Forensisch-therapeutischen Zentrum B* vollzogen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25. März 2025 (ON 22) sprach das Landesgericht Steyr als Vollzugsgericht aus, dass die strafrechtliche Unterbringung des Betroffenen in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB idgF weiterhin notwendig sei, nachdem dem Erstgericht mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 19. Februar 2025, 13 Os 116/24v-7 (ON 18), die Erneuerung des Verfahrens aufgetragen worden war; dies nach der (über die von der Generalprokurator gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr als Vollzugsgericht vom 23. April 2024,ON 13, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes) festgestellten Gesetzesverletzung des zuletzt genannten Beschlusses in der Bestimmung des § 47 Abs 2 StGB. Gegen den dieses zu erneuernde Verfahren einbeziehenden Beschluss richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Betroffenen (On 26), der im wie im Spruch ersichtlich Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Abermals gilt (vgl 13 Os 116/24v-7): Ein Beschluss, mit dem die bedingte Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme abgelehnt wird, muss Sachverhaltsannahmen enthalten, die den rechtlichen Schluss zulassen, dass die „Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet“ (§ 47 Abs 2 StGB), fortbesteht (11 Os 80/23h EvBl 2024/18, 62).

Letztere Voraussetzung ist erfüllt, wenn die der Unterbringung zugrunde liegende Gefährlichkeit weiter vorliegt und „extra muros“ nicht hintangehalten werden kann.

Die Gefährlichkeit des hier gemäß § 21 StGB Untergebrachten besteht im vorliegenden Fall einer Anlasstat, die mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht ist (vgl § 21 Abs 3 StGB), in der Befürchtung, dass er sonst in absehbarer Zukunft unter dem maßgeblichen Einfluss seiner schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen (§ 21 Abs 1 StGB) begehen werde (14 Os 37/24h [Rz 6] mwN).

Insofern der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen die identifizierende Wiedergabe von Expertisen überdies integrierend das Gutachten des Sachverständigen aus dem Fachgebiet der klinischen Psychologie, Mag. C* (ON 10) zugrundeliegt, entsteht im Besonderen das - nämlich in der Anhörung auch gänzlich unerörtert gebliebene – Problem, dass sich dort tatsächlich (vgl ON 10, S 18 ff) Ausführungen zu einer verfahrensfremden Person (D*) finden, wie die Beschwerde berechtigt aufzeigt. Auch im Übrigen bleibt die Entscheidung undeutlich, wenn offensichtlich aus sonstigen Expertisen (Forensischen Stellungnahmen) in diesem Verfahren in den Beschluss integrierte „Empfehlungen“ ausgesprochen werden, die den Entscheidungswillen verwässern. Damit kommt zum einen abermals ein kaum erkennbares Tatsachensubstrat zum Ausdruck; auch erweist sich der vom Vollzugsgericht gezogene rechtliche Schluss auf hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung einer tauglichen Prognosetat in absehbarer Zukunft insofern als rechtsfehlerhaft, weil die aus den gesetzlich genannten Erkenntnisquellen (§ 47 Abs 2 StGB) gebildete Feststellungsgrundlage die Ableitung der Befürchtung, also der rechtlichen Wertung einer hohen Wahrscheinlichkeit für die Sachverhaltsannahme, der Untergebrachte werde eine oder mehrere bestimmte Handlungen begehen, welche ihrerseits rechtlich als mit Strafe bedroht und entsprechend sozial schädlich (mit schweren Folgen) zu beurteilen wären, als willkürlich erscheinen lässt, weil einerseits lediglich Wiedergaben aus Expertisen kritiklos wortgleich übernommen wurden und andererseits nicht auszuschließen ist, dass sich (irrtümlich) in das Gutachten des Sachverständigen Mag C* übernommene, nicht auf den Beschwerdeführer bezogene Ausführungen vom März 2024 womöglich auf das Ergebnis dieser (aktualisierten) Beurteilung auswirken (könnten).

Denn das einzig unkontroversielle Sachverständigengutachten Dris. E* von 17. März 2021 würde ungeachtet der vorliegenden Forensischen Stellungnahmen doch in naher Zukunft das Erfordernis einer Neubegutachtung wegen der verstrichenen Zeit nahelegen, dies in jedem Fall bei fehlender unbedenklicher Ergänzung bzw (im angesprochenen Umfang) ebensolcher Aufklärung bzw Aktualiserung der Expertise vom 23. März 2024. Aus den genannten Gründen ist daher eine gesetzeskonforme Beurteilung der genannten Prämissen nicht möglich.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.