9Bs86/25y – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Engljähringer als Vorsitzende, Dr. Gföllner und Mag. Hemetsberger in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens der Weitergabe und des Besitzes nachgemachten oder verfälschten Geldes nach § 233 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss der Einzelrichterin des Landesgerichts Linz (im Ermittlungsverfahren) vom 11. April 2025, HR*-11, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Die über A*, geboren **, verhängte Untersuchungshaft wird aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 1 und Abs 2 Z 3 lit b StPO iVm §§ 46a Abs 2, 35 Abs 1 zweiter Satz JGG fortgesetzt.
Dieser Beschluss ist längstens wirksam bis 18. Juni 2025.
Text
BEGRÜNDUNG:
Die Staatsanwaltschaft führt zu St* gegen den am ** geborenen jungen Erwachsenen A* ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Suchtgifthandels und eines Delikts gegen die Sicherheit des Geldverkehrs.
Mit dem nun angefochtenen Beschluss vom 11. April 2025 (ON 11) verhängte das Erstgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft (ON 1.4) über den Beschuldigten nach dessen Einvernahme zur Sache und zum Haftgrund (ON 10) die Untersuchungshaft wegen Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 1 und Abs 2 Z 3 lit b StPO.
Dagegen wendet sich die Beschwerde des Beschuldigten (ON 10, 12), die jedoch ohne Erfolg ist.
Rechtliche Beurteilung
A* ist – soweit aktuell hafttragend – dringend verdächtig, er habe in B*
A./ am 28. März 2025 nachmittags vorschriftswidrig an einem allgemein zugänglichen Ort öffentlich und unter Umständen, unter denen sein Verhalten geeignet ist, durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigtes Ärgernis zu erregen, und zwar im ** nächst den öffentlichen Toilettenanlagen, Suchtgift einem anderen gegen Entgelt überlassen, indem er C* rund 0,15 Gramm Heroin zum Preis von 5 Euro verkaufte;
B./ ab einem noch festzustellenden Zeitpunkt bis 9. April 2025 nachgemachtes oder verfälschtes Geld, nämlich eine totalgefälschte Fünf-Euro-Banknote mit dem Vorsatz, dass sie als echt und unverfälscht ausgegeben werde, besessen,
und habe hierdurch zu A. das Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 2a zweiter Fall SMG und zu B./ das Verbrechen der Weitergabe und des Besitzes nachgemachten oder verfälschten Geldes nach § 233 Abs 1 Z 1 StGB begangen.
Mit den umfassenden beweiswürdigenden Ausführungen des Erstgerichts (ON 11, 4 ff), auf die bereits an dieser Stelle verwiesen wird, gründen die qualifizierten Verdachtsannahmen zur objektiven und subjektiven Tatseite auf die bisherigen unbedenklichen Ermittlungsergebnisse des SPK B*, allem voran die schlüssigen Angaben des C* (ON 2.5) und die Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung beim Beschuldigten, bei welcher allem voran 16,5 Gramm Cannabiskraut, eine Mehrzahl von Verpackungsmaterialien (Klemmsäckchen), andere Utensilien zur Abwaage und Verarbeitung von Drogen (Feinwaagen, Folienschweißgerät) sowie eine totalgefälschte, indes in Haptik und Aussehen täuschungsgeeignete (vgl ON 8.2, 7 f) Fünf Euro-Banknote, mehrere Mobiltelefone und 1080 Euro Bargeld in einer für die Suchtgifthandelsszene typischen Stückelung aufgegriffen wurden (ON 8.2; ON 8.7). Der – nicht ausgeführten – Beschwerde zuwider vermag die Dringlichkeit des Tatverdachts durch die Einlassung des Beschuldigten vor Polizei (ON 8.4) und Gericht (ON 10), er habe das Cannabiskraut ausschließlich für seinen Eigenkonsum gleich in einer größeren Menge erworben; mit Heroin habe er schon lange nichts mehr zu tun; sein auf Morphin positiver Drogenharntest gehe auf den (Bei-)Konsum einer Substidol-Tablette neben seiner aktuellen Substitutionstherapie zurück; die Messutensilien benötige er nur zur Kontrolle seiner Ankäufe; beim Bargeldbetrag handle es sich um seine Ersparnisse aus den Zuwendungen seiner Eltern; das Falschgeld sei eine offensichtliche Kopie, mit der er nichts vorgehabt habe, nicht entscheidend abgeschwächt zu werden. Vielmehr kontraindizieren die jüngsten Sicherstellungen in der Zusammenschau mit dem Hinweis des C* (ON 2.5, 5 f), der Beschuldigte habe beim berichteten Straßenverkauf ein Säckchen mit mehr Heroin bei sich gehabt, das er anschließend wieder in seinem Hosenbund versteckt habe, gesteigert Tatbegehung des an Suchtmittel gewöhnten Beschwerdeführers bloß zum Zweck des Drogenerwerbs für seinen persönlichen Gebrauch. Die bisherigen objektiven Verfahrensergebnisse lassen zudem mit höhergradiger Wahrscheinlichkeit auf die innere Tatseite des Beschuldigten, dem weder Drogenhandel noch Delinquenz mit Falschgeld wesensfremd sind (ON 2.4), schließen.
Tatbegehungsgefahr in der Ausprägung der lit b des § 173 Abs 2 Z 3 StPO liegt vor. Ungeachtet des jungen Alters des Beschuldigten ist angesichts seiner akzentuierten, bereits wiederholt mit Hafterfahrungen verbundenen Vorstrafenbelastung, mutmaßlicher Straffälligkeit trotz offener Probezeiten und des daraus abzuleitenden gravierenden Persönlichkeitsdefizits zu befürchten, der Beschwerdeführer werde aufgrund seiner eingeschränkten finanziellen Situation und seiner tiefen Einbindung in das Suchtgiftmilieu auf freiem Fuß ungeachtet des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens neuerlich rechtsgutidente Straftaten mit nicht bloß leichten Folgen nach dem SMG oder gegen die Sicherheit des Geldverkehrs, wie die ihm nun angelasteten, begehen.
Diese Einschätzung hält auch der, bei jungen Erwachsenen gemäß § 46a Abs 1 JGG statuierten strengeren Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 35 Abs 1 zweiter Satz JGG stand. Die bisher 10-tägige Untersuchungshaftdauer ist mit Blick auf die Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (Strafdrohung des § 233 Abs 1 StGB bis fünf Jahre Freiheitsstrafe) selbst unter Berücksichtigung der Nachteile für das Fortkommen und die Entwicklung des jungen Erwachsenen nicht unverhältnismäßig. Beim vorliegenden Persönlichkeitsbild des Rechtsmittelwerbers, über den seit seiner ersten Verurteilung aus dem Jahr 2021 Bewährungshilfe angeordnet ist (ON 2.4, 1 f) und hinsichtlich dessen eine Sozialnetzkonferenz aktuell für nicht zweckmäßig erachtet wird (ON 19.2), kann die Haft derzeit auch nicht wirksam durch gelindere Mittel nach § 173 Abs 5 StPO substituiert werden.
Mitteilung gemäß § 174 Abs 4 iVm Abs 3 Z 5 StPO:
Vor einer allfälligen Fortsetzung der Haft wird eine Haftverhandlung stattfinden, sofern nicht die Durchführung der Haftverhandlung vor Ablauf der Haftfrist wegen eines unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses unmöglich ist – diesfalls kann die Haftverhandlung auf einen der drei dem Fristablauf folgenden Arbeitstage verlegt werden (§ 175 Abs 3 StPO). Der Beschuldigte kann durch seinen Verteidiger auf die Durchführung einer bevorstehenden Haftverhandlung verzichten (§ 175 Abs 4 StPO). Nach Einbringen der Anklage ist die Wirksamkeit eines Beschlusses auf Fortsetzung der Untersuchungshaft durch die Haftfrist nicht mehr begrenzt; Haftverhandlungen finden nach diesem Zeitpunkt nur statt, wenn der Angeklagte seine Enthaftung beantragt und darüber nicht ohne Verzug in einer Hauptverhandlung entschieden werden kann (§ 175 Abs 5 StPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.