JudikaturOLG Linz

2R40/25b – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
02. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag. Christine Mayrhofer als Vorsitzende sowie Dr. Gert Schernthanner und Dr. Stefan Estl in der Rechtssache des Klägers A*, geboren am **, **, **, vertreten durch Dr. Stefan Rieder, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, gegen die beklagte Partei B* BetriebsgmbH , FN **, **straße **, **, vertreten durch Univ. Prof. Dr. Friedrich Harrer und Dr. Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, wegen EUR 12.070,00 s.A. und Feststellung (Streitwert EUR 3.000,00), über die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28. Jänner 2025, Cg*-45, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.827,12 (darin EUR 304,52 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 5.000,00, nicht aber EUR 30.000,00.

Die ordentliche Revision ist zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger wurde vom 27. Juli 2023 bis 1. August 2023 an der C*, deren Rechtsträgerin die beklagte Partei ist, stationär wegen einer Prostata-Hyperplasie behandelt. Am 28. Juli 2023 erfolgte eine bipolare Enukleation der Prostata, bei der es zu einem Gerätedefekt am verwendeten Morcellator kam. Für den Morcellator war an der C* nur eine Saugpumpe und daher kein Ersatzgerät vorhanden. Darüber war der Kläger nicht aufgeklärt worden. Die Operation wurde nach erfolglosen Versuchen, das Gerät wieder in Betrieb zu nehmen, abgebrochen und ein Teil des Gewebes wurde in der Harnblase belassen. Am 31. Juli 2023 erfolgte ein Zweiteingriff in Vollnarkose, bei dem das Restgewebe erfolgreich aus der Blase morcelliert wurde.

Der Kläger begehrt Schadenersatz und die Feststellung der Haftung künftige Schäden aus dem stationären Aufenthalt, insbesondere den Operationen am 28. und 31. Juli 2023, zusammengefasst mit der Begründung, bei einer solchen Operation hätte ein zweiter Morcellator als Reserve vorhanden sein müssen; diesfalls hätte die erste Operation kürzer gedauert und zum Erfolg geführt, sodass die zweite Operation nicht notwendig geworden wäre. Er habe eine Gesundheitsbeeinträchtigung erlitten, weil er am 28. Juni 2023 länger als notwendig in Vollnarkose gewesen sei und am 31. Juli eine neuerliche Operation unter Vollnarkose gebraucht habe. Selbst wenn es keine Vorschrift gebe, ein solches Gerät mehrfach vorzuhalten, entspreche es internationalen Standards, dass für den nie auszuschließenden Fall des Geräteausfalls ein derart kleines und kostengünstiges Gerät zumindest zweifach vorzuhalten wäre. Jedenfalls hätte er darüber aufgeklärt werden müssen, dass das Gerät defekt werden könnte und kein Ersatzgerät vorhanden sei. Die Operation hätte auch sofort bei Auftreten des Defekts abgebrochen werden müssen, weil Reparaturversuche aussichtslos gewesen seien. Die Beklagte treffe ein Organisationsverschulden; jedenfalls falle ihr eine Aufklärungspflichtverletzung zur Last. Wäre er entsprechend aufgeklärt worden, hätte er die Operation in einer anderen Klinik, die über ein Ersatzgerät verfügt hätte, durchführen lassen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete zusammengefasst ein, am Geräteausfall treffe sie kein Verschulden, mit dem Defekt des Gerätes habe nicht gerechnet werden müssen. Das Gerät sei am 30. März 2023 geliefert und am selben Tag überprüft worden, wobei es einwandfrei funktioniert habe. Das Prüfintervall betrage ein Jahr, die nächste Prüfung wäre erst am 30. März 2024 angestanden. Bei Operationsbeginn habe der Operateur, wie üblich, die Funktionstüchtigkeit kontrolliert. Eine generelle Vorschrift, wonach medizinische Geräte mehrfach vorgehalten werden müssten, existiere nicht und wäre in Hinblick auf deren Vielzahl und Heterogenität auch nicht möglich. Über die Operation und die damit verbundenen Risken und Komplikationen sei der Kläger umfassend aufgeklärt worden. Darüber, dass nur ein Morcellator zur Verfügung gestanden sei, habe er nicht aufgeklärt werden müssen, weil mit einem Defekt des neuen Gerätes nicht gerechnet habe werden müssen. Selbst bei Aufklärung über diesen Umstand hätte er in die Operation eingewilligt.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab. Seiner Entscheidung legte es die auf den Urteilsseiten 3 bis 6 ersichtlichen Feststellungen zugrunde, die sich wie folgt (leicht zusammengefasst) wiedergeben lassen, wobei die davon bekämpfte kursiv dargestellt ist:

Der Kläger wurde am 27. Juli über die für den nächsten Tag geplante bipolare Enukleation der Prostata aufgeklärt; der Aufklärungsbogen enthielt auch folgende Passage:

„Erweiterung des Eingriffs [...]

Zusätzliche Erkrankungen sind nicht immer vor der Operation erkennbar. Darüber hinaus können unvorhersehbare Komplikationen (z.B. stärkere Blutung) auftreten, die eine Änderung oder Erweiterung des Eingriffs wie z.B. den Übergang zur offenen Operation notwendig machen. Bitte erteilen Sie schon jetzt Ihre Einwilligung in solche notwendigen oder sinnvollen Erweiterungen/Änderungen, damit diese im gleichen Betäubungsverfahren durchgeführt werden können und sich ein erneuter Eingriff erübrigt.“

Eine bipolare Prostataenukleation dauert durchschnittlich bei Resektionsgewebe von 50 g bis 80 g zwischen 60 und 120 Minuten.

Am Beginn der Operation vom 28. Juli 2023 wurde die Funktion des Morcellators samt Saugpumpe nach den Regeln der Kunst ausreichend kontrolliert, wobei er sich voll funktionsfähig zeigte.

Die Enukleation der Prostata erfolgte problemlos und das gelöste Prostatagewebe im Umfang von 101 g wurde in die Harnblase geschoben, wo es morcelliert werden sollte. Der Operateur testete den Morcellator samt Saugpumpe vor dem Einführen in die Harnröhre des Patienten erneut, wobei keine technische Probleme auftraten. Daraufhin begann er mit der Morcellation des in der Harnblase befindlichen Prostatagewebes, was zunächst auch funktionierte, jedoch konnte dieser Schritt nicht abgeschlossen werden, weil die Saugpumpe des Morcellators plötzlich nicht mehr saugte. Da dem Operateur Geräteausfälle bei der Verwendung des Morcellators aus früheren Eingriffen bekannt waren und sich diese seiner Erfahrung nach stets durch Tauschen von Gerätekomponenten beheben ließen, tauschte das Operationsteam zunächst alle mehrfach im Operationssaal vorhandenen Komponenten des Geräts (wie die Schläuche, den Handgriff, die Messer) aus. Die Saugpumpe konnte nicht getauscht werden, weil diese in der C* nur einmal vorhanden war. Da die Maßnahmen nicht erfolgreich waren, entschied der Operateur ca 20 Minuten nach Auftreten des Gerätedefektes, die Operation abzubrechen. Ein Teil des Prostatagewebes wurde in der Harnblase belassen und ein Spülkatheter angelegt. Die gesamte Operation (Schnitt bis Naht) dauerte ca. 150 Minuten. Wäre der Gerätedefekt zum konkreten Zeitpunkt nicht aufgetreten, wäre die Operation bei störungsfreiem Weiterverlauf der Morcellation binnen ca 20 Minuten beendet gewesen.

Alternativ zum Abbruch der Operation samt späterer Re-Morcellation hätte der Operateur die Operation auch fortsetzen und das in der Harnblase schwimmende Prostatagewebe mittels Elektroschlingenresektion entfernen können. Die Elektroschlingenresektion bildet grundsätzlich eine gleichwertige Alternative zur Morcellation des enukleierten Prostatagewebes. Da das enukleierte Prostatagewebe mit einem Volumen von über 100 g zum Zeitpunkt des Geräteausfalls bereits frei in der Harnblase flottierte und das Gerät somit zum ungünstigsten Zeitpunkt während der Operation ausfiel, wäre diese Resektionsmethode ohne Ansaugmöglichkeit jedoch im konkreten Fall schwieriger durchzuführen gewesen als die Morcellation und wäre allenfalls mit einer wesentlich längeren Operationsdauer von bis zu mehreren Stunden einhergegangen. Eine Elektroschlingenresektion wäre – insbesondere bei möglichen Sichtbeeinträchtigungen durch Einblutungen – verglichen mit einer Morcellation mit einem höheren Komplikationsrisiko in Form von potentiellen Verletzungen des Umgebungsgewebes einhergegangen. Das Auftreten eines solchen Gerätedefekts im Rahmen einer Prostatamorcellation ist selten. Faktoren, die auf ein besonderes Risiko eines Geräteausfalls der am 28. Juli 2023 verwendeten Saugpumpe hingewiesen hätten, waren zum Zeitpunkt der Aufklärung des Klägers über die Operation nicht vorhanden.

Die Saugpumpe „**“ war am 30. März 2023 von der D* GmbH geliefert worden. Am selben Tag erfolgte die Prüfung und Freigabe des Geräts durch einen dafür qualifizierten Mitarbeiter des Lieferanten. Das vorgeschriebene Prüfintervall beträgt ein Jahr. Die Saugpumpe hatte am 10. Dezember 2013 eine CE-Kennzeichnung in Europa erhalten, wodurch die Übereinstimmung mit den relevanten Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltschutzstandards für medizinische Geräte bestätigt wurde.

Die Ursache für den Ausfall der Pumpe am 28. Juli 2023 ist nicht feststellbar.

Bei der Re-Morcellation am 31. Juli 2023 erfolgte ein problemloses Eingehen mit dem Gerät und in der Folge die Fortsetzung der unterbrochenen Morcellation. Die zweite Operation dauerte vom Schnitt bis zur Naht 10 Minuten, wobei der Kläger 45 bis 51 Minuten in Vollnarkose war.

Ein internationaler Standard, wonach ein Gerät wie der bei der Operation vom 28. Juli 2023 eingesetzte Morcellator oder die dafür benötigte Saugpumpe in Kliniken zumindest zweifach vorgehalten werden muss, ist nicht feststellbar.

In den Universitätskliniken E*, F*, G* und H* stehen bei der Durchführung vergleichbarer Operationen keine Ersatzmorcellatoren zur Verfügung. In manchen Krankenhäusern sind zwar Zweitgeräte vorhanden, jedoch dienen diese nicht als Ersatzgerät, sondern der Kapazitätsausweitung oder Anschaffung modernerer und effizienterer Systeme.

Nach dem Juli 2023 wurde auch in der C* der Beklagten ein zweites Gerät angeschafft, das der Kapazitätserweiterung dient.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, weder nationale, noch europäische oder gar internationale Vorschriften oder Standards beinhalteten eine Verpflichtung der Beklagten, ein Ersatzgerät für den bei der Operation vom 28. Juli 2023 verwendeten Morcellator, insbesondere für die verwendete Saugpumpe, vorzuhalten. Dies gelte insbesondere auch für die Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 sowie für die „ISO 13485-Medizinprodukte“.

Da auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden gewesen seien, dass mit einem Ausfall der Saugpumpe konkret gerechnet habe werden müssen, das Gerät entsprechend der Vorschriften geprüft und gewartet gewesen sei und zudem im seltenen Fall eines Ausfalls des Morcellators eine andere Operationsmethode als gleichwertige Alternative zur Verfügung gestanden sei, könne in der Nichtvorhaltung eines Ersatzgerätes kein Organisationsmangel der Beklagten erblickt werden.

Ein Defekt eines technischen Gerätes während einer Operation liege bei jeglichem Einsatz solcher Geräte im Bereich des Möglichen. Über diesen ganz allgemeinen Umstand hinaus seien hier keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass es zu einem Ausfall der Saugpumpe kommen könnte. Zudem stehe die Elektroschlingenresektion neben der Morcellation des enukleierten Gewebes als gleichwertige Alternative zur Verfügung. Der theoretisch mögliche Ausfall der Saugpumpe des Morcellators sei daher kein typisches Risiko des geplanten Eingriffs, über das im Vorfeld aufgeklärt hätte werden müssen. Eine solche Verpflichtung würde vielmehr eine Überspannung der ärztlichen Aufklärungspflichten bedeuten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers aus den Berufungsgründen unrichtiger Sachverhaltsfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung einschließlich der Geltendmachung sekundärer Feststellungsmängel, mit der er die Abänderung im Sinne einer Klagsstattgabe, hilfsweise die Aufhebung und Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung anstrebt.

Die beklagte Partei beantragt mit ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung des Klägers nicht Folge zu geben.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Mit der Tatsachen- und Beweisrüge bekämpft der Berufungswerber die oben kursiv dargestellte Feststellung, wonach in manchen Krankenhäusern zwar Zweitgeräte vorhanden seien, diese aber nicht als Ersatzgerät, sondern der Kapazitätsausweitung oder Anschaffung modernerer und effizienterer Systeme dienten. Richtig wäre festzustellen, dass in der Universitätsklinik E*, im Klinikum G* und in der Universitätsklinik H* jeweils ein zweites Gerät zur Verfügung stehe, das jedoch primär zum Zweck der Effizienzsteigerung und sekundär als Vorhaltung eines Ersatzgerätes diene.

Dem begründend angeführten bloßen Verweis auf die Ausführungen des Sachverständigen „in ON 40/US 14 (Antwort zur Frage 10)“ gelingt es nicht, Bedenken gegen die Urteilsfeststellung zu erwecken. Bereits im schriftlichen Gutachten (ON 28.1, Seite 7) legte der Sachverständige dar, dass es zwar Kliniken mit einem Zweitgerät gebe, diese Anschaffung aber unter dem Aspekt einer Kapazitätsausweitung oder der Anschaffung modernerer und effizienterer Systeme erfolgt seien, und berief sich dazu auf Rücksprachen mit den urologischen Ordinarien der österreichischen Universitäten E*, F*, G* und H*. Die Beantwortung der Frage 10 des Gutachtenserörterungsantrags diente der Konkretisierung, welche Kliniken über ein Zweitgerät verfügten, und dabei erklärte der Sachverständige, dass zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung – womit sichtlich die Abfassung des schriftlichen Gutachtens gemeint war - die Universitätsklinik E* und das Klinikum G* ein zweites Gerät gehabt hätten, und seit ungefähr einem Monat nun auch die Universitätsklinik H* über ein zweites Gerät verfüge, jedoch primär zum Zweck der Effizienzsteigerung und nur sekundär als Vorhaltung eines Ersatzgeräts. Die im schriftlichen Gutachten enthaltene Aussage, der die bekämpfte Feststellung folgt, wurde damit nicht relativiert. Die erwähnte Rangordnung bezog sich schon nur auf die Anschaffung der Universitätsklinik H*, die jedenfalls erst nach dem Vorfall erfolgte und damit, weil Mängel an Medizinprodukten bekannt werden, auch einem weiteren Zweck dienen konnte. Über die Zweckbestimmung von Zweitgeräten bis zum Bekanntwerden des Vorfalls ist damit nichts gesagt. Auch in der mündlichen Gutachtenserörterung stellte der Sachverständige überdies klar, dass Zweck der Anschaffung gewesen sei, dass mehrere Geräte gleichzeitig verwendet werden könnten.

Der formal im Rahmen der Beweisrüge, inhaltlich der Rechtsrüge zuzuordnenden, ergänzend begehrten Feststellungen zur Wahrscheinlichkeit einer Harnröhrenstriktur bedarf es nicht, weil ein Sorgfaltsverstoß der Beklagten als Anknüpfungspunkt einer Haftung nicht erwiesen wurde.

Mit der Rechtsrüge macht der Berufungswerber unter umfangreicher Darstellung der Rechtsprechung zur ärztlichen Aufklärungspflicht geltend, bei der Frage, ob die Universitätsklinik ein Ersatzgerät vorhalte, handle es sich um einen aufklärungspflichtigen Umstand. Einerseits komme der Klinik der Beklagten als Universitätsklinik eine Sonderstellung zu, weil von ihr Spitzenmedizin zu erwarten sei. Andererseits hätte der Kläger bei entsprechender Aufklärung eine echte Wahlmöglichkeit gehabt, sich in einem anderen Krankenhaus behandeln zu lassen. Dass ein Ersatzgerät nicht vorhanden sei, sei für ihn keineswegs offenkundig gewesen. Da der Eingriff zwar medizinisch empfohlen, nicht aber eilig gewesen sei, hätte eine umfassende Aufklärung erfolgen müssen, bei der auch über das nie auszuschließende Risiko, dass ein verwendetes Gerät (Medizinprodukt) ausfallen könne und die Klinik ein Ersatzgerät nicht vorhalte, aufzuklären sei.

Diese Ausführungen vermögen nicht zu überzeugen.

Über welche technische Ausstattung eine Krankenanstalt verfügt, bildet grundsätzlich keinen Gegenstand der ärztlichen Aufklärung. Sie schuldet aus dem Behandlungsvertrag eine Behandlung nach nach den Regeln der ärztlichen Kunst, wofür der aktuell anerkannte Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft maßgeblich ist (RIS Justiz RS0021335 [T 2], RS0133608). Sowohl eine veraltete Methode, als auch eine veraltete oder anders unzureichende Ausstattung bedeuteten daher einen Behandlungsfehler, nicht erst einen aufklärungspflichtigen Umstand. Anders ist dies etwa dann zu sehen, wenn sich gerade ein neues Verfahren etabliert, mit dem sich für den Patienten gravierende Vorteile (zB höhere Erfolgsaussicht, geringere Schmerzbelastung, besseres Ergebnis im kosmetischen Bereich) eröffnen; diesfalls muss ihm durch die entsprechende Information die Entscheidung ermöglicht werden, ob er sich an Stelle der ihm konkret gebotenen Behandlung um die neuere Behandlungsmethode in einem anderen Krankenhaus oder bei einem anderen Arzt bemühen oder (wenn die Behandlung nicht dringend erforderlich ist) ob er abwarten will, bis der von ihm aufgesuchte Arzt bzw die Krankenanstalt ebenfalls über diese Therapiemöglichkeit verfügt (vgl. Memmer in Aigner/Kletečka/Kletečka-Pulker/Memmer, Handbuch Medizinrecht Kap. I.3 (Stand 1.5.2022, rdb.at) 3.2.1.3.3).

Damit ist der hier zu beurteilende Fall nicht zu gleichzusetzen, weil die hier behauptete Verbesserung der Situation für den Patienten in einer bestimmten Problemlösungsmöglichkeit liegen soll. Um deren Vorteilhaftigkeit beurteilen zu können, müssten das später aufgetretene Problem als solches und die eigenen Lösungsansätze als nachteiliger erkannt werden. Erste Voraussetzung wäre daher die Erkennbarkeit eines Problems, das mit den eigenen Lösungsansätzen nicht ausreichend gelöst werden könnte.

Ein medizinischer Standard, ein Ersatzgerät vorzuhalten, steht nicht fest. Es steht auch gerade nicht fest, dass andere Kliniken Ersatzgeräte vorgehalten hätten.

Auch für den Patienten könnte eine Aufklärung über die Geräteausstattung nur dann einordenbar sein, wenn schon diese selbst problematisch wäre – etwa Vorgaben nicht erfüllen würde – oder auch das konkrete Problem skizziert würde, für das die Ausstattung eine Rolle spielen könnte. Widerspräche bereits das Nichtvorhalten eines Ersatzgeräts medizinischen Standards (oder gesetzlichen Regelungen), so könnte eine Aufklärung darüber den darin gelegenen Sorgfaltsverstoß nicht beseitigen. Existierte demnach aber keine Verpflichtung, ein Ersatzgerät vorzuhalten, müsste ein damit verbundenes Problem dargestellt werden, damit das Risiko eingeschätzt werden könnte. Dieses läge hier aber nicht allein im „nie ausschließbaren“ Geräteausfall an sich, sondern im Geräteausfall unter Umständen, die die Umstellung der Operationsmethode für den Patienten ungünstiger erscheinen ließen als deren Abbruch und spätere Fortsetzung. Nach den Feststellungen waren es ja der ungünstige Zeitpunkt des Ausfalls und die größere Gewebemenge, die den Operateur von einer Fortsetzung mittels Elektroschlingenresektion Abstand nehmen ließen. Über die Möglichkeit, dass während der Operation eine Änderung oder Erweiterung notwendig werden könnte, wurde der Kläger ohnehin aufgeklärt; der Mangel der Aufklärung könnte daher nur den – unglücklicherweise eingetretenen - Fall betreffen, dass die Änderung zu einer stärkeren Belastung führen würde als ein Abbruch und Verschieben der Operation.

Nach den Feststellungen ist das Auftreten eines solchen Gerätedefekts selten. Dem Operateur waren zwar Geräteausfälle bekannt, diese hatten sich aber stets durch Komponententausch beheben lassen. Das Gerät war relativ neu, CE-gekennzeichnet und geprüft. Anhaltspunkte für einen Ausfall gab es nicht. Bei einem Ausfall des Geräts, der sich entgegen dem bisher Bekannten nicht durch Komponententausch hätte beheben lassen, hätte die Operation mittels Elektroschlingenresektion fortgesetzt werden können. Dass dies aufgrund der konkreten Umstände auch ungünstiger sein könnte als ein Abbruch, war für die Beklagte als nicht auszuschließende Komplikation damit schon nicht vorhersehbar, weshalb sie darüber nicht aufklären konnte und nicht aufzuklären hatte. Auf die Erheblichkeit einer solchen Information für die Selbstbestimmung des Patienten ist nicht weiter einzugehen.

Aus den von der Berufung zitierten Entscheidungen zu 6 Ob 303/02f und 1 Ob 91/99k lässt sich nicht ableiten, dass eine Universitätsklinik Ersatzgeräte vorhalten müsste; aus der Verbindung von Lehre und Forschung lässt sich nicht auf eine quantitative Ausstattung schließen. Dass zum Zeitpunkt der Operation in einer anderen Klinik ein Ersatzgerät vorhanden gewesen wäre, sodass der Kläger die Wahl gehabt hätte, sich in einer solchen operieren zu lassen, steht entgegen der Berufung nicht fest. Über das unspezifisch „nie auszuschließende“ Risiko eines Geräteausfalls muss schon als offenkundige Tatsache nicht aufklärt werden. Die Berufungsausführungen zum vom Sachverständigen bezüglich Deutschland und der Schweiz gewonnenen Bild gehen nicht vom Urteilssachverhalt aus.

Woraus sich ein noch behaupteter Organisationsfehler ergebe, führt die Berufung nicht aus. Auf die zutreffende Beurteilung des Erstgerichts, eine Verpflichtung zur Vorhaltung eines Ersatzgeräts existiere nicht, kann verwiesen werden (§ 500a ZPO); auch die §§ 49ff Medizinproduktegesetz 2021, die das Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens regeln, kennen keine solche Verpflichtung. Dass die Behebungsversuche aussichtslos gewesen wären, ergab sich nicht, hatten sich in der Vergangenheit doch Defekte stets durch Austausch vorhandener Komponenten beheben lassen.

Die Berufung führt daher nicht zum Erfolg.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 50, 41 ZPO.

Der Bewertungsausspruch orientiert sich an der Bewertung des Feststellungsbegehrens in Zusammenrechnung mit dem Leistungsbegehren.

Die ordentliche Revision ist zulässig, weil, soweit ersichtlich, kaum höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage einer aus dem Behandlungsvertrag erfließenden Aufklärungspflicht über die technische Ausstattung einer Gesundheitseinrichtung besteht, und die Frage einer ärztlichen Aufklärungspflicht über mögliche technische Gebrechen – den nie ganz ausschließbaren Ausfall eines Geräts - bei der ärztlichen Behandlung mit Medizinprodukten und das Vorhalten oder Nichtvorhalten von Ersatzgeräten noch kein Gegenstand höchstgerichtlicher Entscheidung war. Nachdem eine solche Aufklärungspflicht eine Vielzahl von Fällen beträfe, geht die Bedeutung über den Einzelfall hinaus.