8Ns4/25m – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A* B*wegen die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG über den negativen Kompetenzkonflikt zwischen dem Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems, AZ U1*, und dem Bezirksgericht Grieskirchen, AZ U2*, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Zur Führung dieser Strafsache ist das Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems zuständig.
Text
Begründung:
Mit Strafantrag vom 16. Jänner 2025 legte die Staatsanwaltschaft Steyr der am ** geborenen A* B* die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zur Last (ON 9). Der Strafantrag wurde am selben Tag beim Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems eingebracht (ON 1.6).
Am 28. Jänner 2025 wurde der Akt vom Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems zuständigkeitshalber im Sinne des § 29 JGG unter Bezugnahme auf den ZMR-Auszug vom 21. Jänner 2025 (ON 10), wonach seit 13. Oktober 2014 als Hauptwohnsitz der Angeklagten C*, D* E* F*/G*, gemeldet sei, dem Bezirksgericht Grieskirchen abgetreten (ON 1.8).
Das Bezirksgericht Grieskirchen legte den Akt am 13. Februar 2025 dem Oberlandesgericht Linz zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt im Sinne des § 38 letzter Satz StPO vor (ON 1.9 und ON 12). Begründend führte es aus, dass die jugendliche A* B* bei Einleitung des Verfahrens ihren ständigen Aufenthalt in H*, I*straße J*, und somit im Sprengel des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems gehabt hätte, was sich aus ihren Angaben in der Beschuldigtenvernehmung vom 21. März 2024 (ON 2.7,4) und der Meldung als Nebenwohnsitz im ZMR (ON 10) ergebe.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 29 JGG ist für Jugendstrafsachen das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel der Beschuldigte zur Zeit des Beginns des Strafverfahrens iSd § 1 Abs 2 StPO seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder hatte. Entscheidend ist daher der Aufenthalt des Beschuldigten, den er bei Aufnahme der Ermittlungstätigkeit von Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft im Sinne der Prüfung eines Anfangsverdachts, somit bei der ersten Befragung zum Tatverdacht, hat ( Schroll/Oshidari in Höpfel/Ratz , WK 2JGG § 29 Rz 7).
Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person bestimmt sich ausschließlich nach tatsächlichen Umständen. Maßgeblich ist der tatsächliche Schwerpunkt der Lebensführung einer Person, nicht aber der Wille, an einem bestimmten Ort Aufenthalt zu nehmen (RIS-Justiz RS0109116). Das Gesetz knüpft die Zuständigkeit ausschließlich an tatsächliche Umstände, welche die dauerhafte Beziehung zwischen dem Beschuldigten und seinem Aufenthaltsort anzeigen ( Schroll/Oshidari, aaO Rz 2). Gewöhnlich ist ein Aufenthalt dann nicht, wenn sich die betreffende Person bloß vorübergehend (etwa nur zur Durchreise, zu Urlaubszwecken, für eine Krankenbehandlung oder nur zu einem kurzen Besuch von Freunden und Verwandten) an dem bestimmten Ort aufhält ( Schroll/Oshidari, aaO Rz 3). Dem Wohnsitz oder Aufenthalt des gesetzlichen Vertreters kommt bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts eines Jugendlichen lediglich interpretative Bedeutung zu ( Schroll/Oshidari, aaO Rz 5).
Das Ermittlungsverfahren wurde – mit der ersten Befragung der Beschuldigten – am 21. März 2024 eingeleitet. Im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung gab B* an, sie lebe gemeinsam mit ihrer Mitbewohnerin in H*, I*straße J*, wo sie ihren Nebenwohnsitz gemeldet habe. Mit Hauptwohnsitz sei sie noch bei ihren Eltern in C*, D*straße F*, gemeldet, allerdings sei sie dort nur manchmal zu Besuch (ON 2.7,4).
Ausgehend von den oben angeführten Grundätzen, hatte die Angeklagte zum Zeitpunkt der Einleitung des Strafverfahrens am 21. März 2024 ihren – nicht nur vorübergehenden – Aufenthalt und somit tatsächlichen Schwerpunkt ihrer Lebensführung in H*, sodass zur Führung der Strafsache das Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems zuständig ist.
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diese Entscheidung steht kein Rechtsmittel zu (§ 38 letzter Satz StPO).