JudikaturOLG Linz

9Bs26/25z – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
24. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Engljähringer als Vorsitzende, Mag. Hemetsberger und Mag. Kuranda in der Maßnahmenvollzugssache betreffend A*wegen § 25 Abs 3 StGB und bedingter Entlassung aus einer strafrechtlichen Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 8. Jänner 2025, BE*-12, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene A* wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 25. März 2021, Hv*, in einem (nunmehr:) forensisch-therapeutischen Zentrum gemäß § 21 Abs 1 StGB untergebracht, weil er in ** unter dem (nunmehr:) maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, nämlich einer Kombination aus Drogensucht, Abbauerscheinungen durch Drogenkonsum, einer Psychose in Form einer Schizophrenie und einer schweren dissozialen Persönlichkeitsstörung und der damit einhergehenden eingeschränkten Fähigkeit, sein Verhalten vernunftgemäß zu steuern und die Konsequenzen seines Verhaltens ausreichend erfassen zu können,

I./ Nachgenannte mit dem Tod gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

A./ am 3. Oktober 2020 B*, indem er ihm gegenüber äußerte, er werde ihn abstechen, wobei er dabei ein kleines Küchenmesser in der Hand hielt;

B./ am 16. Oktober 2020 C* durch die sinngemäße Äußerung, er werde sich eine Waffe besorgen;

II./ am 26. Oktober 2020 versuchte,

A./Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich der Sachverhaltsaufklärung und seiner Durchsuchung nach dem SPG zu hindern, indem er Insp D*  und Insp E* mit seinem linken Ellenbogen und seiner linken Hand zu schlagen versuchte;

B./ durch die unter Punkt II./A./ beschriebene Handlung Insp D* und Insp E*, sohin Beamte während der Vollziehung ihrer Aufgaben oder der Erfüllung ihrer Pflichten, am Körper zu verletzen.

Mithin hat er Taten begangen, die ihm außer diesem Zustand als die Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB, des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB und der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB zuzurechnen wären.

Die – nach Festnahme am 6. November 2020 mit Urteilsrechtskraft am 25. März 2021 eingeleitete – Maßnahme wird aktuell im Forensisch-therapeutischen Zentrum (FTZ) F* vollzogen (ON 3).

Mit dem nun angefochtenen Beschluss (ON 12) stellte das Erstgericht im Rahmen der jährlichen Überprüfung gemäß § 25 Abs 3 StGB nach Einholung einer forensischen Stellungnahme des FTZ F* vom 23. September 2024 (ON 4), eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens des Sachverständigen Univ.-Doz. Dr. G* vom 8. Dezember 2024 (ON 9) sowie Durchführung einer Anhörung (ON 11) die Notwendigkeit der weiteren strafrechtlichen Unterbringung des Betroffenen in einem forensisch-therapeutischen Zentrum fest (und lehnte damit implizit die bedingte Entlassung des Betroffenen ab).

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich Beschwerde des Betroffenen, die jedoch ohne Erfolg ist.

Vorbeugende Maßnahmen sind auf unbestimmte Zeit anzuordnen und so lange zu vollziehen, wie es ihr Zweck erfordert (§ 25 Abs 1 StGB). Die bedingte Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme ist zu verfügen, wenn nach der Aufführung und der Entwicklung des Angehaltenen in einer Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen anzunehmen ist, dass die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, nicht mehr besteht (§ 47 Abs 2 StGB).

Im Sinn dieser Kriterien ist entgegen dem Beschwerdevorbringen, das sich im Ergebnis in einer nicht an der Verfahrensordnung ausgerichteten, unsubstanziierten Kritik an der fachlichen Kompetenz des gerichtlich zertifizierten, mit der zusätzlichen Expertise für forensisch psychiatrische Gutachten ausgestatteten (ON 9, 1) und für das Fachgebiet Psychiatrische Kriminalprognostik eingetragenen Sachverständigen Univ.Doz. Dr. G* erschöpft, unter Berücksichtigung dessen nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachtens vom 8. Dezember 2024 (ON 9) sowie der damit übereinstimmenden Stellungnahme des FTZ F* vom 23. September 2024 (ON 4) davon auszugehen, dass die Unterbringung des Rechtsmittelwerbers vor dem Hintergrund seiner nach wie vor geltenden schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, nämlich einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, paranoiden Schizophrenie und Polytoxikomanie, sowie seiner gesundheitlichen Entwicklung und dem bisherigen Behandlungsverlauf weiterhin notwendig ist:

Den plausiblen Gutachtensausführungen zufolge weist der Betroffene aufgrund des völlig instabilen Zustandsbildes, des Immer-wieder-Aufkeimens psychotischer Inhalte, des schwer gestörten Gedankengangs, aber vor allem auch der hohen Neigung, jegliche Medikation und somit Behandlung abzulehnen, mit entsprechenden Eskalationstendenzen, einen denkbar schlechten psychischen Gesamtzustand auf. Im Maßnahmenvollzug kommt es immer wieder zu Impulsdurchbrüchen, zu tätlichen Auseinandersetzungen mit Mitbewohnern und zu übergriffigem, sexualisiertem Verhalten gegenüber den Betreuungspersonen (17 Meldungen von Ordnungswidrigkeiten im vergangenen Beobachtungszeitraum, ON 4, 7). Eine nachhaltige Stabilisierung des psychopathologischen Zustands ist bislang nicht einmal unter den engen Strukturen des Maßnahmenvollzugs gelungen; auch konnte aufgrund der fehlenden Delikts- und Behandlungseinsicht in Verbindung mit den kognitiven Einschränkungen des Rechtsmittelwerbers kein therapeutischer Fortschritt erzielt werden (ON 9, 26 f). In dieses Bild der im jüngsten Beobachtungszeitraum erneut gezeigten schweren, antisozialen Verhaltensauffälligkeiten (ON 9, 29) fügt sich nicht zuletzt, dass der Betroffene auch in der Vergangenheit bereits massiv wegen Aggressions- und Körperverletzungsdelinquenz, teils im Zusammenhang mit Waffengebrauch, strafrechtlich auffällig geworden war (ON 4, 3 f; ON 5). Resümierend ist daher mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass der Betroffene unter dem maßgeblichen Einfluss seiner psychischen Störung binnen Kurzem erneut mit Strafe bedrohte Handlungen mit schweren Folgen begehen wird, wobei mit (auch) absichtlich begangenen, auch massiven, von Waffeneinsatz begleiteten Tätlichkeiten gegen andere, die zu deren (auch) schweren Körperverletzungen führen können, oder mit schwerwiegenden Sexualstraftaten zu rechnen ist (ON 4, 14; ON 9, 28).

Mit Einschätzung des Erstgerichts ist also die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, noch nicht abgebaut und kann auch außerhalb der schützenden Strukturen eines forensisch-therapeutischen Zentrums nicht hintangehalten werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.