JudikaturOLG Linz

2R4/25h – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
15. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr. Werner Gratzl und Mag. Christine Mayrhofer in der Rechtssache des Klägers A* , geboren am **, **platz **, **, vertreten durch die Salburg Rechtsanwalts GmbH in Wien, wider die beklagte Partei B* Limited , **, **, **, **, vertreten durch Mag. Patrick Bugelnig, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 15.974,75 s.A., über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 28. November 2024, Cg*-9, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit EUR 1.958,22 (darin EUR 326,37 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist eine in Malta domizilierte Limited nach maltesischem Recht. Sie untersteht der Aufsicht und Kontrolle der Malta Gaming Authority. In Österreich besitzt die Beklagte keine Glücksspiellizenz für die Durchführung von elektronischen Lotterien bzw Online-Glücksspielen. Sie bietet dennoch auch in Österreich Online-Glücksspiele auf einer deutschsprachigen Website („C*“) an.

Der Kläger, wohnhaft in Österreich, legte bei der beklagten Partei einen Online-Account an und spielte immer von Österreich aus auf der deutschsprachigen Homepage C* Online-Glücksspiele im Zeitraum vom 16.10.2017 bis 22.10.2020. Um sich bei der beklagten Partei registrieren zu können, akzeptierte der Kläger die allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthalten unter anderem eine Vereinbarung, wonach ausschließlich maltesisches Recht zur Anwendung gelangt.

Der Kläger tätigte in diesem Zeitraum Einzahlungen in Höhe von EUR 90.921,00 auf sein Spielerkonto bei der Beklagten. Gegenüber stehen Auszahlungen in Höhe von EUR 74.946,25. Der endgültige Verlust aus Glücksspiel beträgt EUR 15.974,75. Der Kläger spielte nur Casino-Onlinespiele und keine Sportwetten. Mit dem Spielen aufgehört hat der Kläger, indem er selbst eine Sperre beantragte.

Der Kläger begehrt die Rückzahlung seines Spielverlustes. Ihm komme ein bereicherungs- und schadenersatzrechtlicher Anspruch wegen fehlender österreichischer Lizenz der beklagten Partei zu.

Die beklagte Partei bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte vor allem ein, dass das österreichische Glücksspielmonopol mit der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar sei. Das Anbieten von Glücksspielen aufgrund ihrer maltesischen Glücksspielkonzession sei daher rechtmäßig.

Mit dem angefochtenen Urteilverpflichtete das Erstgericht die beklagte Partei zur Zahlung von EUR 15.974,75 samt 4 % Zinsen seit 30.05.2024. Ein Zinsenmehrbegehren betreffend den Zeitraum vom 22.10.2020 bis 30.05.2024 wies es – unbekämpft geblieben - ab. Seiner Entscheidung legte es die eingangs wiedergegebenen Feststellungen zugrunde, auf die im Übrigen gemäß § 500a ZPO verwiesen wird. Es vertrat die Ansicht, es seien österreichisches Recht, jedenfalls die Regelungen des österreichischen Glücksspielgesetzes anzuwenden. Der beklagten Partei fehle eine nach dem Glücksspielgesetz für die angebotenen Online-Glücksspiele erforderliche Konzession. Die Frage der Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielmonopols sei höchstgerichtlich abschließend beantwortet, ohne dass es dazu einer neuerlichen Schaffung einer Tatsachengrundlage bedürfe. Die von der beklagten Partei angebotenen Glücksspiele stellten verbotene Glücksspiele dar, die zugrunde liegenden Glücksspielverträge seien daher absolut nichtig und der Kläger daher berechtigt, die bei den verbotenen Spielen erlittenen Verluste zurückzufordern. Dem stehe auch ein wissentliches Leisten von Einsätzen, um an einem in Österreich nicht konzessionierten Glücksspiel teilzunehmen, nicht entgegen. Es komme auch nicht darauf an, ob der Spieler durch die Teilnahme am verbotenen Spiel selbst einen Verwaltungsstraftatbestand erfülle. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens aus den Bereichen Marktforschung und Werbepsychologie habe es nicht bedurft, weil es sich einerseits um eine Rechtsfrage handle, andererseits darin ein unzulässiger Erkundungsbeweis liege. Da zur Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit bereits eine umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vorliege, sei die Anregung der Beklagten auf neuerliche Befassung des EuGH nicht aufzugreifen gewesen. Der Zinsenlauf beginne erst mit dem Tag der Klagszustellung.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der beklagten Partei wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung einschließlich sekundärer Feststellungsmängel. Sie beantragt die Abänderung im Sinne einer Klageabweisung, allenfalls nach Verfahrensergänzung, hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Der Kläger beantragt in seiner Berufungsbeantwortung die Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Die Berufung, die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln war, ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge erweist sich zur Frage der Kohärenz des GSpG als nicht stichhaltig, sodass gemäß § 500a ZPO auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Erstgerichts verwiesen werden kann. Ergänzend ist zu betonen, dass auch nach jüngster Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Frage der Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielmonopols abschließend beantwortet ist (zuletzt 7 Ob 86/24h). Eine zu dieser Frage erhobene außerordentliche Revision einer maltesischen Onlineglücksspielanbieterin wurde trotz Nichtbehandlung der behaupteten Stoffsammlungsmängel und sekundärer Feststellungsmängel durch das Berufungsgericht vom OGH zurückgewiesen (8 Ob 138/22k). Es wurde auch die Anregung auf neuerliche Befassung des Europäischen Gerichtshofs abgelehnt (7 Ob 86/24h). Aus der Entscheidung des EuGH C-920/19 „ Fluctus“ergibt sich kein Verbot für ein nationales Gericht, sich auf Vorentscheidungen „höherer“ (nationaler) Gerichte (hier auf in zahlreichen Parallelverfahren ergangene Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs) zu berufen (2 Ob 146/22t). Die letzte Beurteilung der Kohärenz bezog sich auf den Spielzeitraum bis 26.7.2023, der Klagszeitraum ist davon erfasst.

Sämtliche begehrten ergänzenden Feststellungen erweisen sich daher als rechtlich nicht relevant (7 Ob 168/22i). Eine neuerliche Befassung des EuGH kommt nicht in Betracht, weil die unionsrechtlichen Grundsätze geklärt sind (7 Ob 168/22i).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann auch der Mängelrüge kein Erfolg beschieden sein: den behaupteten Verfahrensmängeln (unterlassene Einholung von Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen Medienwesen und Werbepsychologie) fehlt es insofern an Entscheidungsrelevanz und braucht daher nicht weiter darauf eingegangen werden.

Die Berufung bleibt daher erfolglos.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.

Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO war nicht zuzulassen, weil die Rechtsrüge der Beklagten keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt.