Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Hagen und Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafvollzugssache des A*wegen bedingter Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 20.8.2025, GZ **-9, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG).
BEGRÜNDUNG:
A* verbüßt seit 12.8.2025 im elektronisch überwachten Hausarrest die über ihn mit Urteil des Landgerichts München II - 8. Strafkammer - vom 17.11.2014, rechtskräftig seit 25.11.2014, **, wegen gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln, Beleidigung in Tateinheit mit Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung gemäß §§ 185, 194 Abs 1, 223 Abs 1, 224 Abs 1 Nr 2, 230 Abs 1, 241 Abs 1, 21, 52, 53, 64 StGB, 1 Abs. 1, 3 Abs. 1, 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG, verhängte Freiheitsstrafe von (mit Beschluss des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen vom 1.7.2024, rechtskräftig seit 27.7.2024, **, neu festgesetzt) 2 Jahren und 8 Monaten. Aufgrund des Übernahmeersuchens der Oberstaatsanwaltschaft München II vom 17.11.2023 wurde die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 11.3.2025, **, übernommen und mit 2 Jahren und 8 Monaten festgesetzt, wobei erlittene Vorhaftzeiten von 518 Tagen und vom 20.9.2023, 8.40 Uhr bis 20.9.2023, 10.50 Uhr angerechnet wurden. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 11.11.2026. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe liegen seit 12.7.2025 vor, jene nach zwei Drittel werden am 22.12.2025 erfüllt sein.
Der Strafgefangene beantragte am 12.8.2025 (Tag des Haftantritts) die bedingte Entlassung unter Hinweis auf die in Deutschland bereits verbüßte Haftzeit (ON 2.2).
Die Justizanstalt Innsbruck äußerte aufgrund der Führung keine Bedenken gegen eine bedingte Entlassung (ON 2.3).
Die Staatsanwaltschaft sprach sich aus spezialpräventiven Gründen dagegen aus (ON 4).
Nach persönlicher Anhörung des Strafgefangenen (ON 8) lehnte ein Einzelrichter des Landesgerichtes Innsbruck als Vollzugsgericht mit dem angefochtenen, mündlich am 20.8.2025 verkündeten - und im Übrigen eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung enthaltenden (ON 9, vgl § 152a Abs 3 StVG) - Beschluss die bedingte Entlassung nach Verbüßung von mehr als der Hälfte der Freiheitsstrafe gestützt auf das einschlägig getrübte Vorleben des Strafgefangenen, insbesondere aber auch auf den Umstand, dass er bereits mehrfach das Übel von längeren Freiheitsentzügen verspürt habe und schon in den Genuss bedingter Strafnachsichten bzw Entlassungen sowie Bewährungshilfe gekommen und dennoch wieder rückfällig geworden sei, ab.
Dagegen erhob der Strafgefangene unmittelbar nach Verkündung und Rechtsmittelbelehrung Beschwerde, wobei deren schriftliche Ausführung, wie angekündigt, nicht erfolgte (ON 8, 3).
Der Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, kommt keine Berechtigung zu.
§ 46 Abs 1 StGB schreibt die bedingte Entlassung frühestens nach der Hälfte der Strafzeit vor, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Tat(en), des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzugs begonnene freiwillige Behandlung im Sinn von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat(en) begangen wurde(n), eingetreten ist, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung - allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB - nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, ist der Rest der Strafe im Regelfall (vgl aber § 46 Abs 2 StGB) bedingt nachzusehen ( Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 15 f mwN).
Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, so ist er gemäß trotz Vorliegens der Voraussetzung nach solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Gewichtige Umstände, welche sich aus der Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen und strafbaren Verhaltens auffallend abheben, müssen ein Absehen von der vorzeitigen Entlassung unumgänglich erscheinen lassen. Dabei ist nicht nur der bloße Abschreckungseffekt bei potentiellen Tätern, sondern (im Sinne positiver Generalprävention) auch das Interesse an der Festigung genereller Normtreue in der Bevölkerung zu beachten. Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat ableitbar sein. Liegen sie vor, sind sie gleichrangig mit den Erfordernissen der Spezialprävention zu berücksichtigen. Eine aus spezialpräventiver Sicht durchaus zulässige bedingte Entlassung kann demnach auch allein wegen eines in der Schwere der Tat gelegenen (besonderen) generalpräventiven Grunds verweigert werden (
Der Beschwerdeführer wurde in Deutschland vor der dem aktuellen Vollzug zugrundeliegenden Verurteilung zwischen 2004 und 2011 bereits wiederholt wegen Straftaten gegen Leib und Leben und Vergehen nach dem Betäubungsmittelgesetz schuldig erkannt und neben Geldstrafen auch zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt. Trotzdem wurde er in der Folge abermals einschlägig rückfällig und zu der, diesem Vollzug zugrundeliegenden Freiheitsstrafe verurteilt, wobei unter einem die Unterbringung in einer Erziehungsanstalt sowie Führungsaufsicht und Bewährungshilfe angeordnet wurden. Obwohl er einen Teil der dem aktuellen Vollzug zugrundeliegenden Freiheitsstrafe bereits verbüßt hat, kam es im Jahr 2021 zu einem Widerruf der zur Bewährung ausgesetzten Strafe (Beschluss des Landgerichts München I vom 12.10.2021) sowie wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht in Tateinheit mit Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung in 3 tateinheitlichen Fällen zu einer weiteren Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, die mit 26.5.2024 verbüßt war. Diese Wirkungslosigkeit bisheriger Sanktionen lässt aber trotz der als positiv zu wertenden Führung ohne Ordnungswidrigkeiten im elektronisch überwachten Hausarrest und den Beteuerungen des Beschwerdeführers, in Zukunft nicht mehr straffällig zu werden, die von § 46 Abs 1 StGB geforderte Legalprognose, wonach er durch die bedingte Entlassung zwischen dem Hälfte- und Drittelstichtag nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abgehalten wird, selbst unter Berücksichtigung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB, nicht zu.
Weil die bedingte Entlassung daher schon an spezialpräventiven Erwägungen scheitert, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen und erübrigt sich damit ein Eingehen auf generalpräventive Erfordernissen nach § 46 Abs 2 StGB.
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