7Bs211/25z – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Knapp, LL.M., als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Offer und Mag. Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB über die Berufung des Genannten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 31.1.2025, GZ **-77, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Die Berufung wird als unzulässig z u r ü c k g e w i e s e n .
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Ein Schöffensenat des Landesgerichts Feldkirch erkannte mit dem angefochtenen Urteil den ** geborenen Angeklagten A* des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB schuldig und verurteilte ihn nach § 87 Abs 1 StGB in Anwendung des § 39 Abs 1 und 1a StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Jahren und sechs Monaten.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs habe er im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem – im Urteil namentlich genannten –abgesondert verfolgten und wegen dieser Tat bereits rechtskräftig verurteilten Mittäter am 15.3.2021 in ** dem B* eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zugefügt, indem er diesem einen Faustschlag ins Gesicht versetzte und sowohl er als auch sein Mittäter mit den Füßen auf diesen eintraten, während dieser am Boden lag, wodurch dieser einen Schlüsselbeinbruch und eine Rissquetschwunde im Gesicht erlitt.
Gegen dieses Urteil, das auch einen Zuspruch (§ 366 Abs 2 erster Satz, 369 Abs 1 StPO) eines Entschädigungsbetrages an einen Privatbeteiligten enthält, meldete der anwaltlich vertretene Angeklagte sogleich nach Verkündung „Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung“ an, ohne – soweit relevant – auszuführen, ob sich die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe oder gegen jenen über die privatrechtlichen Ansprüche richtet (ON 76, 9).
Die zur Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel zur Verfügung stehende Frist wurde am 16.4.2025 durch Zustellung des Urteils an den Wahlverteidiger RA Mag. C* ausgelöst (vgl Zustellnachweis bei ON 81). Noch während laufender Ausführungsfrist beantragte der Angeklagte durch seinen Wahlverteidiger, der sich mit einer Übernahme der Verfahrenshilfe einverstanden erklärte, am 9.5.2025 „zur Ausführung des Rechtsmittels“ die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers (ON 82 und ON 83), der mit Beschluss vom 16.5.2025 auch beigegeben wurde (ON 84). Der Ausschuss der ** Rechtsanwaltskammer bestellte daraufhin mit Bescheid vom 19.5.2025, **, Rechtsanwalt Mag. C* zum Verfahrenshilfeverteidiger (ON 85). Diesem wurde das Urteil vom 31.1.2025 sowie die Protokolle über die an zwei Tagen stattgefundene Hauptverhandlung nochmals zugestellt (vgl Vfg in ON 84). Erst am 18.6.2025 übermittelte der Verfahrenshilfeverteidiger eine schriftlich ausgefertigte Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe (ON 86), welche jedoch – wie nachfolgend ausgeführt wird – verspätet und unbeachtlich ist. Die angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde wurde zurückgezogen (vgl Mitteilung an das Oberlandesgericht Innsbruck vom 30.7.2025).
Rechtliche Beurteilung
Da die in der Strafprozessordnung bestimmten Fristen nur in gesetzlich ausdrücklich angeführten Fällen verlängert werden können (RIS-Justiz RS0111614) und eine einmal – wie hier durch Zustellung des fristauslösenden Aktenstücks an den Wahlverteidiger – ausgelöste Rechtsmittelfrist nicht durch die gerichtliche Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers gehemmt oder unterbrochen wird (RIS-Justiz RS0125686 [insb T1], RS0116182 [insb T12]; Soyer/Schumann in Fuchs/Ratz,WK StPO § 63 Rz 9 ff mwN), vermochte weder der am 9.5.2025 gestellte Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers noch der darauf folgende bewilligende Beschluss des Erstgerichts vom 16.5.2025 noch die neuerliche Zustellung des Urteils an den bestellten Verfahrenshilfeverteidigers am 27.5.2025 den Lauf vierwöchigen Ausführungsfrist für die Berufung (§ 294 Abs 2 StPO) zu beeinflussen, sodass diese mit Ablauf des 14.5.2025 endete. Selbst der – hier ohnehin nicht vorliegende – Fall, dass der Angeklagte seinem vormaligen Wahlverteidiger infolge einer Auflösung des Vollmachtsverhältnisses untersagt hätte, die innerhalb der Frist erforderlichen und ihn vor Rechtsnachteilen schützenden Prozesshandlungen vorzunehmen (vgl § 11 Abs 2 RAO), hätte keinen Einfluss auf den Lauf der Frist (RIS-Justiz RS0116182 [insb T9]).
Die Ausführung der Berufung erweist sich daher als verspätet. Weil der Angeklagte bei deren Anmeldung – mit Blick auf das Bestehen sowohl eines Sanktionausspruchs als auch eines Adhäsionserkenntnisses – entgegen § 294 Abs 2 StPO nicht deutlich und bestimmt erklärt hat, durch welche Punkte des Erkenntnisses er sich beschwert erachtet, war die Berufung bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 294 Abs 4 StPO; RIS-Justiz RS0100561 [insb T9]; Ratz , WK-StPO § 294 Rz 10 und § 295 Rz 6).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.