11Bs164/25t – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Hagen und Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafvollzugssache des A*wegen bedingter Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 11.6.2025, GZ ** 6, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nichtzu (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).
Begründung:
Text
Der am ** geborene A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Innsbruck die über ihn im Verfahren ** des Landesgerichts Linz verhängte Freiheitsstrafe von 20 Monaten. Die bedingte Entlassung zum Hälftestichtag am 22.5.2025 wurde vom Vollzugsgericht mit Beschluss vom 11.3.2025, AZ B*, abgelehnt; der dagegen vom Strafgefangenen erhobenen Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 27.3.2025, AZ 11 Bs 65/25h, nicht Folge gegeben. Zwei Drittel der Strafe wird er am 1.9.2025 verbüßt haben. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 22.3.2026 (IVV-Auszug in ON 2.4).
Im Zuge amtswegiger Prüfung der bedingten Entlassung nach Verbüßung von zwei Drittel der Strafe beantragte der Strafgefangene die bedingte Entlassung mit der Begründung, er habe eine falsche Entscheidung getroffen, weshalb er im Gefängnis sei; in dieser Zeit habe er gearbeitet und immer an seine Familie gedacht; er bitte um eine vorzeitige Entlassung, damit er wieder nach Tschechien zu seinen Kindern und seiner Mutter zurückkehren könne, wo er richtig arbeiten und für eine gute Zukunft für seine Kinder und seine Mutter kämpfen möchte (ON 2.2).
Die Anstaltsleitung der Justizanstalt Innsbruck bescheinigt dem in der dortigen Anstaltsküche beschäftigten Strafgefangenen eine gute Arbeitsleistung und ein sehr gutes Anstalts- und Sozialverhalten und verwies darauf, dass er im Rahmen der Aus-/Fortbildung einen Staplerkurs absolviere. Aufgrund der Führung bestünden gegen eine bedingte Entlassung zum Stichtag 1.9.2025 keine Bedenken (ON 2.1).
Die Staatsanwaltschaft sprach sich aus spezialpräventiven Gründen gegen eine bedingte Entlassung aus (ON 5).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Vollzugsgericht die bedingte Entlassung zum Drittelstichtag unter Hinweis auf das massiv getrübte Vorleben und die Wirkungslosigkeit bisheriger strafgerichtlicher Reaktionen, darunter vor allem unbedingte Freiheitsstrafen samt wiederholter Hafterfahrungen und der rasche Rückfall nach der Verurteilung durch das Amtsgericht Dresden ab.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die unmittelbar nach Zustellung erhobene, schriftlich nicht näher ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen (ON 7).
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, ist nicht berechtigt.
§ 46 Abs 1 StGB schreibt die bedingte Entlassung frühestens nach der Hälfte vor, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB (Anm.: Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Tat(en), des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit ( Jerabek/Ropperin WK² StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzugs begonnene freiwillige Behandlung im Sinn von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat(en) begangen wurde(n), eingetreten ist oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe(n) von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen ( Jerabek/Ropper aaO Rz 15).
Die tschechische ECRIS-Auskunft des Strafgefangenen (ON 4) weist insgesamt 16 Eintragungen auf. Mit einer Ausnahme wurde der Strafgefangene seit 2001 zu Freiheitsstrafen verurteilt, welche er zum Teil auch verbüßt hat. So wurden die vom Gericht Okresní soud Česká Lípa verhängten Freiheitsstrafen mit 19.9.2002, mit 26.11.2009, mit 26.11.2010, mit 5.2.2015, mit 24.11.2016, mit 6.4.2020, mit 5.10.2020, die vom Gericht Okresní soud Mladá Boleslav verhängte Freiheitsstrafe mit 4.1.2020 und die vom Gericht Okresní soud Praha-východ verhängte Freiheitsstrafe mit 13.8.2023 vollzogen (Pkte 1, 3, 4, 6, 8, 10, 11, 12 und 14). Der Strafgefangene befindet sich somit zum wiederholten Male in Haft. Zudem wurde er nach der Verurteilung durch das Amtsgericht Dresden rasch rückfällig (Pkte 15 und 16 der tschechischen ECRIS-Auskunft) und lagen zuletzt bereits die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1 StGB vor.
Die völlige Wirkungslosigkeit bisheriger Sanktionen, insbesondere die mehrmalige Hafterfahrung und der rasche Rückfall lassen auf eine Rückfalllabilität schließen, die der vom § 46 Abs 1 StGB geforderten Legalprognose, wonach der Strafgefangene durch die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Drittel der Strafe nicht weniger als durch die weitere Verbüßung von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, selbst unter Berücksichtigung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB zum Drittelstichtag 1.9.2025 entgegensteht.
Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben.
Die beantragte Anhörung durch das Erstgericht konnte unterbleiben, da der Strafgefangene im Verfahren über die bedingte Entlassung zum Hälftestichtag (AZ B* des Landesgerichts Innsbruck) bereits am 11.3.2025 gehört wurde (OLG Innsbruck 11 Bs 143/20x; Drexler/Weger, StVG 5 § 152a Rz 1; Pieber in WK 2StVG § 152a Rz 1).