6Bs78/25h – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Friedrich als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Klammer und den Richter Mag. Melichar als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 SMG über die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 3.3.2025 zu ** (GZ **-3 der Staatsanwaltschaft Feldkirch) in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
Text
BEGRÜNDUNG:
Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte die Haft- und Rechtsschutzrichterin des Landesgerichtes Feldkirch gemäß § 122 Abs 1 StPO die von Beamten der PI B* am 21.2.2025 wegen Gefahr in Verzug gemäß § 117 Z 2 lit b und § 119 Abs 1 StPO iVm § 120 Abs 1 StPO durchgeführte Durchsuchung der vom Beschuldigten A* bewohnten Wohnung in **.
Im Rahmen der Begründung führte die Haft- und Rechtsschutzrichterin aus:
Die Staatsanwaltschaft Feldkirch beantragte beim Landesgericht die nachträgliche Bewilligung der von Beamten der PI B* am 21.02.2025 wegen Gefahr im Verzug durchgeführten Durchsuchung der von A* bewohnten Wohnung an der Adresse **.
Aus dem Bericht der PI B* vom 21.02.2025 über das Einschreiten der Beamten lässt sich folgendes entnehmen:
A* wurde bereits zwei Mal, zuletzt im Februar 2024, wegen Vergehen nach § 27 SMG an die Staatsanwaltschaft Feldkirch zur Anzeige gebracht.
Am 21.02.2025 um 18:30 Uhr versuchten Beamte der Polizeiinspektion B*, A*, im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft B*, an seiner Wohnadresse in **, ein Schriftstück der BH B* zuzustellen.
A* konnte nicht angetroffen werden, jedoch konnte starker Cannabisgeruch aus dem Wohnungsflur wahrgenommen werden. Der unmittelbar neben A* wohnhafte Nachbar öffnete besagten Wohnungsflur und gab an, dass A* nicht zu Hause sei. Der Cannabisgeruch konnte eindeutig der Wohnung des A* zugeordnet werden, da dieser offensichtlich nicht aus der Nachbarwohnung zu kommen schien.
Folglich wurde am 21.02.2025 um 20:30 Uhr nochmals durch Beamte der Polizeiinspektion B* an der Wohnadresse des A* Nachschau gehalten. A* öffnete um ca. 20:35 Uhr die Türe zum Hausflur, wobei erneut starker Cannabisgeruch durch die Beamten wahrgenommen wurde, welcher aus der Wohnung des A* stammte. Auf direkte Ansprache gab A* an, dass sich keine Suchtmittel in seiner Wohnung befinden würden und der Cannabisgeruch nicht von seiner Wohnung stamme. Nach Belehrung über die Möglichkeit einer freiwilligen Nachschau stimmte A* dieser nicht zu. Für die Beamten war unklar, ob sich weitere Personen in der Wohnung des A* aufhielten, da A* die Wohnungstüre hinter sich geschlossen hielt. Aufgrund dessen bestand für die Beamten der dringende Verdacht, dass versucht werden könnte, etwaige Beweismittel bzw Suchtmittel beiseite zu schaffen oder zu vernichten. Deshalb führten die Beamten gemäß § 120 StPO iVm § 122 StPO die Hausdurchsuchung aufgrund von Gefahr im Verzug aus Eigenem durch. A* wurde die Möglichkeit gegeben, etwaige illegale Gegenstände bzw. Suchtmittel selbst herauszugeben. A* gab an, keine Suchtmittel zu besitzen und wohnte der Durchsuchung persönlich bei. Die Hausdurchsuchung wurde im Zeitraum von 20:45 Uhr bis 20:55 Uhr in den Wohnräumlichkeiten durchgeführt. Im Zuge der Hausdurchsuchung konnten jedoch keine Suchtmittel fest- oder sichergestellt werden.
Rechtlich ist daz u auszuführen:
Gemäß § 117 Z 2 lit b StPO fällt unter die Durchsuchung von Orten und Gegenständen das Durchsuchen einer Wohnung oder eines anderen Ortes, der durch das Hausrecht geschützt ist und darin befindliche Gegenstände.
Gemäß § 120 Abs 1 StPO sind Durchsuchungen von Orten und Gegenständen nach § 117 Z 2 lit b StPO von der Staatsanwaltschaft aufgrund einer gerichtlichen Bewilligung anzuordnen; bei Gefahr im Verzug ist die Kriminalpolizei allerdings berechtigt, diese Durchsuchungen vorläufig ohne Anordnung und Bewilligung vorzunehmen. Die Durchsuchung von Orten und Gegenständen (§ 117 Z 2 StPO) ist gemäß § 119 Abs 1 StPO zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sich dort eine Person verbirgt, die einer Straftat verdächtig ist, oder Gegenstände oder Spuren befinden, die sicherzustellen oder auszuwerten sind.
Gemäß § 122 Abs 1 StPO hat die Kriminalpolizei über jede Durchsuchung nach § 120 Abs 1 erster Satz letzter Halbsatz StPO sobald wie möglich der Staatsanwaltschaft zu berichten, welche im Nachhinein eine Entscheidung des Gerichtes über die Zulässigkeit der Durchsuchung zu beantragen hat.
Ausgehend von der im Bericht der PI B* dargestellten Sachlage hätte eine Verständigung des staatsanwaltlichen Journaldienstes und die Einholung einer gerichtlichen Bewilligung nicht abgewartet werden können und lagen die Voraussetzungen für die Durchführung der Hausdurchsuchung wegen Gefahr in Verzug vor, weshalb die einschreitenden Beamten berechtigt waren, ohne Einholung einer gerichtlich bewilligten Anordnung der Staatsanwaltschaft Feldkirch die Ermittlungsmaßnahme aus eigenem durchzuführen, zumal ansonsten zu befürchten war, dass Suchtmittel (beispielsweise über die Toilette) hätten beseitigt werden können.
Die Ermittlungsmaßnahme entsprach auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß § 5 StPO. Die nachträgliche Bewilligung nach § 122 Abs 1 StPO war daher zu erteilen.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Beschuldigten durch seine Verteidigerin fristgerecht eingebrachte Beschwerde gegen diesen Beschluss, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, ist nicht berechtigt.
Der angefochtene Beschluss gibt die Aktenlage sowie die zitierten Gesetzesstellen richtig wieder.
Die Beschwerde argumentiert damit, dass es aufgrund der Tatsache, dass in der Wohnung kein Cannabis gefunden wurde, nicht nach Cannabis gerochen haben kann. Aufgrund der Wahrnehmungen der einschreitenden Beamten der PI B* am 21.2.2025 um 18.30 Uhr anlässlich des ersten Versuchs, dem Beschuldigten ein Schriftstück der BH B* zuzustellen sowie der abermaligen Wahrnehmung von starkem Cannabisgeruch aus der Wohnung des Beschuldigten beim zweiten Zustellversuch um 20.35 Uhr (ON 2.2 Seite 2) bestand aus Sicht der einschreitenden Beamten der konkrete Verdacht, dass sich in der Wohnung des Beschuldigten Suchtmittel oder sonstige Beweismittel befinden. Zumal Suchtmittel in einer Wohnung sehr leicht und schnell vernichtet werden können und für die Beamten unklar war, ob sich weitere Personen in der Wohnung des Beschuldigten aufhalten, da der Beschuldigte die Wohnungstüre hinter sich geschlossen hielt (ON 2.2 Seite 2), bestand unter diesen Umständen jene "Gefahr in Verzug", welche § 120 Abs 1 StPO für eine Durchführung durch Kriminalbeamte aus eigener Macht - also ohne Anordnung und zunächst auch ohne Bewilligung - voraussetzt. Eine weniger beeinträchtigende und gleichermaßen zielführende Ermittlungsmaßnahme wäre nicht erkennbar gewesen, weshalb die Durchsuchung auch dem in § 5 StPO normierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprach.
Somit waren alle gesetzlichen Voraussetzungen der Durchsuchung erfüllt.
Die Voraussetzungen einer Durchsuchung sind nach dem Kenntnisstand vor ihrem Beginn zu beurteilen. Für die nachträgliche Bewilligung kommt es nicht darauf an, ob und wenn ja, welche Gegenstände dabei gefunden wurden. Der Schluss, welchen die Beschwerde zieht, wonach es nicht nach Cannabis gerochen haben könne, weil kein Cannabis vorhanden war, ist nicht richtig, zumal nicht zwingend von der einen auf die andere Tatsache geschlossen werden kann. Es ist durchaus möglich, dass am 21.2.2025 in der Wohnung des Beschuldigten Cannabis vorhanden war, welches noch vor Beginn der Durchsuchung vernichtet oder verraucht worden war und deshalb von den Polizeibeamten keine Suchtmittel gefunden werden konnten. Dafür, dass die einschreitenden Polizeibeamten das Vorhandensein von starkem Cannabisgeruch erfunden hätten, gibt es keine Anhaltspunkte.
Da die Haft- und Rechtsschutzrichterin die Durchsuchung zu Recht nachträglich bewilligt hat, war der Beschwerde nicht Folge zu geben.