JudikaturOLG Graz

10Bs259/25a – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
25. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag. Wieland und Mag a . Haas in der Strafvollzugssache des A*wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 3. September 2025, GZ **-6, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.

Text

begründung:

Der am ** geborene A* verbüßt in der Justizanstalt Graz-Jakomini die über ihn im Verfahren AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz wegen des Vergehens des Hausfriedensbruchs nach § 109 Abs 1 Z 1 und 3 StGB, des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB und der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB und nach § 83 Abs 1 StGB verhängte Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren.

Errechnetes Strafende ist der 4. November 2026. Die Hälfte der Strafzeit war am 4. August 2025 verbüßt, zwei Drittel der Strafe werden am 4. Jänner 2026 vollzogen sein (ON 2.2, 1 und 2).

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Erstgericht konform der Äußerung der Staatsanwaltschaft (ON 1.2) den Antrag des Strafgefangenen auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbots gemäß § 133a StVG aufgrund der Schwere der von ihm begangenen Straftaten ab.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und gemäß § 133a StVG vom Strafvollzug vorläufig abzusehen (ON 8).

Die Oberstaatsanwaltschaft Graz äußerte sich dazu inhaltlich nicht.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Die zeitlichen Voraussetzungen nach § 133a Abs 1 StVG waren am 4. August 2025 erfüllt. Auch liegen mit dem (rechtskräftigen) Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, ** vom 1. April 2025, GZ **, mit dem wider dem Beschwerdeführer ein für die Dauer von acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde (ON 2.8), und dem Fehlen von der Ausreise entgegenstehenden rechtlichen oder tatsächlichen Hindernissen die weiteren Voraussetzungen des § 133a Abs 1 Z 2 und 3 StVG vor.

Allerdings sind seine Taten von solcher Schwere, dass es – konform dem Erstgericht – ausnahmsweise des weiteren Vollzugs bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Die Wortfolge „Schwere der Tat“ (§ 133a Abs 2 StVG) stellt auf den sozialen Störwert (die kriminelle Bedeutung [RIS-Justiz RS0091863]) einer Tat ab, der durch Handlungs- und Erfolgsunwert determiniert wird. Für die Annahme einer Tatschwere nach § 133a Abs 2 StVG müssen – als Ausnahmesatz – somit gewichtige Umstände vorliegen, die sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig auftretenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben, wobei nicht nur der Abschreckungseffekt bei potentiellen Tätern, sondern auch das Interesse an der Festigung genereller Normentreue in der Bevölkerung zu beachten ist ( Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 16; Pieber in WK 2StVG § 133a Rz 18).

Das dem Strafgefangenen (u.a.) zur Last liegende Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bedroht. Hierin liegt eine gesetzliche Vorbewertung, die zum Ausdruck bringt, dass es sich dabei um eine Tat handelt, der ein hoher sozialer Störwert innewohnt.

Konkret liegt der in Vollzug stehenden Verurteilung (soweit hier von Bedeutung) zugrunde, dass A* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit seinen beiden Söhnen durch das Eintreten einer Wohnungstür gewaltsam den Eintritt in die Wohnstätte des B*, der die um 2.00 Uhr nachts alkoholisiert im Stiegenhaus des Mehrparteienhauses Lärmenden um Ruhe ersucht hatte, erzwang und sie dem Genannten sodann zu dritt Faustschläge u.a. gegen den Kopf und ins Gesicht sowie wuchtige Tritte versetzten und diese Übergriffe selbst dann fortsetzten, als das Opfer infolge ihrer Attacken bereits eine Stiege hinuntergestürzt war und am Boden lag.

In der Tatausführung aus nichtigem Anlass, in Gesellschaft und auf brutale Weise liegen aber genau jene gewichtigen Umstände, die sich aus der Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen solchen strafbaren Verhaltens auffallend abheben.

Es bedarf daher des weiteren Vollzugs der Sanktion, um potentiellen Delinquenten im Milieu und Lebenskreis des Beschwerdeführers von der Begehung derartiger Straftaten gesichert abzuhalten.

Insoweit der Beschwerdeführer auf spezialpräventive Aspekte (insbesondere die Auseinandersetzung mit seinen Straftaten auch im Rahmen einer Therapie, das von ihm als besonders hart empfundene Haftübel und sein ernsthaftes Bemühen um eine künftig straffreie Lebensführung) rekurriert, verfehlt er den Bezugspunkt. Sein Verweis auf den Entfall generalpräventiver Erwägungen bei der Entscheidung über bedingte Entlassung durch Streichung des § 46 Abs 2 StGB mit 1. Jänner 2026 infolge des Artikels 24 des Budgetbegleitgesetzes 2025, BGBl I 25/2025, übersieht, dass eine Änderung auch des § 133a Abs 2 StVG vom Gesetzgeber damit (gerade) nicht vorgenommen wurde. Der behauptete mangelnde wissenschaftliche Nachweis generalpräventiver Wirkungen der konkreten Dauer des Strafvollzugs ist mit Blick auf die geltende Rechtslage unbeachtlich.

Der Rechtsmittelausschluss gründet auf § 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO.