JudikaturOLG Graz

9Bs119/25f – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
23. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Senatspräsidentin Mag a . Kohlroser als Vorsitzende, den Richter Mag. Scherr, LL.M. BA, und die Richterin Mag a . Berzkovics in der Strafsache gegen A*wegen der Vergehen der Schlepperei nach § 114 Abs 1 FPG über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 20. März 2025, GZ **-19, nach der am 23. Juli 2025 in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Dr. Kirschenhofer, des Angeklagten und seines Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Messnarz durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* eines Vergehens (richtig: zweier Vergehen) der Schlepperei nach § 114 Abs 1 FPG schuldig erkannt und hiefür nach dieser Bestimmung unter Anrechnung der Vorhaft von 15. Dezember 2024, 21.40 Uhr bis 16. Dezember 2024, 15.55 Uhr zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Gemäß § 389 Abs 1 StPO wurde er zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

Dem Schuldspruch nach hat der Angeklagte am 15. Dezember 2024 in ** die rechtswidrige Einreise von Fremden in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit dem Vorsatz gefördert, sich durch ein dafür geleistetes Entgelt von zumindest 250 Euro unrechtmäßig zu bereichern, indem er als Lenker des Fahrzeugs Toyota Yaris mit dem amtlichen Kennzeichen **) die Staatsangehörigen der Russischen Föderation B* und C* von Slowenien nach Österreich transportierte.

Dagegen richtet sich die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 3, 5 und 9 lit b StPO) und wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe (ON 23).

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Mit der nominell auf die Z 3 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Verfahrensrüge wird kein Verstoß gegen Vorschriften geltend gemacht, deren Einhaltung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit anordnet, sondern der Sache nach eine aus der Z 4 relevante Verletzung der richterlichen Manuduktionspflicht durch unzureichende Belehrung des unvertretenen Angeklagten über die Möglichkeit der Stellung von Anträgen behauptet. Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 20. März 2025 ergibt sich allerdings, dass der Angeklagte vom Erstrichter sehr wohl über sein Recht, Beweisanträge zu stellen und die Ladung von B* als Zeugin zu beantragen, belehrt wurde (ON 18 Seite 14 und 15). Dem Protokoll ist ferner zu entnehmen, dass zur Verhandlung ein Dolmetscher beigezogen wurde, sodass das unsubstantiierte Vorbringen, es gehe aus dem Protokoll nicht hervor, ob die Belehrungen über das Antragsrecht überhaupt übersetzt worden seien, rein spekulativ ist. Auch in Bezug auf die vor der Hauptverhandlung erstattete schriftliche Äußerung des Angeklagten (ON 17) fällt dem Erstgericht keine Verletzung der Manuduktionspflicht zur Last, weil dem Angeklagten die Gelegenheit gegeben wurde, den Inhalt dieses Schriftstücks in der Hauptverhandlung mündlich vorzutragen, mag er auch davon keinen Gebrauch gemacht haben (ON 18 Seite 14). Damit ist der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht erfüllt.

Die Mängelrüge (Z 5) moniert inhaltlich einen Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a), weil das Erstgericht keine Feststellungen dazu getroffen habe, ob und in welchem Umfang sich der Angeklagte unrechtmäßig bereichert habe. Voraussetzung für die Verwirklichung des Tatbestands des § 114 Abs 1 FPG ist jedoch nur, dass der Täter mit dem Vorsatz handelt, sich oder einen Dritten durch ein für die Förderung der rechtswidrigen Einreise oder Durchreise geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern. Eine tatsächlich eingetretene Bereicherung ist hingegen nicht erforderlich (RS0131308).

Die auf Z 9 lit b gestützte Rechtsrüge, die die Sachverhaltsannahmen des Erstgerichts zur subjektiven Tatseite negiert, geht nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und wurde damit nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt (RS0099810, RS0099025).

Die Schuldberufung vermag keine Zweifel an der überzeugenden Beweiswürdigung des Erstgerichts hervorzurufen und bleibt daher ebenfalls ohne Erfolg. Der Erstrichter begründete schlüssig, weshalb er davon ausging, dass die unmittelbar nach der Festnahme getätigten, in der Hauptverhandlung jedoch widerrufenen Angaben des Angeklagten der Wahrheit entsprachen. Damit bestehen keine Bedenken gegen die Annahme, dass der Angeklagte bereits zum Tatzeitpunkt wusste, dass B* und C* nicht zum Aufenthalt in der Europäischen Union berechtigt waren.

Darüber hinaus wendet sich die Schuldberufung insbesondere gegen die Annahme, der Angeklagte habe mit dem Vorsatz gehandelt, sich unrechtmäßig zu bereichern. Aber auch insoweit sind die erstgerichtlichen Feststellungen unbedenklich. Dem Argument, der Angeklagte habe bloß einen „angemessenen Fuhrlohn“ erhalten, ist zu entgegnen, dass der Angeklagte zwar unselbständig als Taxilenker beschäftigt ist (US 2), die in Rede stehende Fahrt jedoch unstrittigerweise nicht im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit sondern als Privatperson unternommen hat (so auch seine eigene Verantwortung in der Hauptverhandlung ON 12 Seite 3). Damit kommt eine Orientierung an Preisen für die gewerbliche Beförderung von vornherein nicht in Betracht (RS0130267 [T1]). Wenn in der Schuldberufung argumentiert wird, das lukrierte Entgelt (von unstrittig 250 Euro) habe die tatsächlichen Aufwendungen des Angeklagten nicht überstiegen, so vermag dies nicht zu überzeugen. Ausgehend davon, dass der Angeklagte die Wegstrecke von seinem Wohnort ** nach ** in Slowenien und retour (insgesamt sohin rund 520 km) zurückzulegen hatte, so wäre ihm vom genannten Entgelt nach Abzug seiner eigenen Aufwendungen, die das Erstgericht schlüssig mit dem amtlichen Kilometergeld von 0,42 Euro im Jahr 2024 beziffert hat (insgesamt sohin etwa 218 Euro), ein, wenn auch bloß geringfügiger Vermögensvorteil verblieben, auf den er keinen Anspruch hatte. Dafür, dass der Angeklagte die Fremden, wie in der Berufung vorgebracht wird, um das Entgelt von 250 Euro vereinbarungsgemäß weiter nach ** bringen und sie allenfalls sogar über Nacht beherbergen und verpflegen hätte sollen, sodass er aufgrund seiner das Entgelt übersteigenden Kosten tatsächlich einen Vermögensnachteil erlitten hätte, hat das Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben, zumal dies nicht einmal vom Angeklagten so ausgesagt wurde. Damit überzeugen auch die beweiswürdigenden Erwägungen des Erstrichters zur Entgeltlichkeit und zum Bereicherungsvorsatz.

Bei der Strafzumessung ist von der in § 114 Abs 1 FPG normierten Strafbefugnis von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auszugehen.

Als erschwerend ist das Zusammentreffen von zwei Vergehen zu werten (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB). Als mildernd hingegen ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Taten mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stehen (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB). Mildernd ist außerdem, dass er durch seine – wenn auch später in Teilen widerrufenen – Angaben vor der Polizei, auf die sich das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung stützte, wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB).

Bei diesem Strafzumessungssachverhalt erweist sich die vom Erstgericht verhängte Sanktion als schuld- und tatangemessen und damit keiner Reduktion zugänglich.

Die Verpflichtung des Angeklagten zum Ersatz der Kosten des Berufungsverfahrens ergibt sich aus § 390a Abs 1 StPO.