15Os101/25d – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Oktober 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. MichelKwapinski und Dr. Sadoghi sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Rathmayr in der Strafsache gegen C* A* wegen der Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3a Z 1 erster Fall und Abs 4 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9. April 2025, GZ 261 Hv 7/25s-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde C* A* der Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3a Z 1 erster Fall und Abs 4 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in T* gegen unmündige Personen jeweils länger als ein Jahr hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt, und zwar
1./ gegen seine Tochter L* A*, geboren am * 2010, indem er sie im Zeitraum von September 2017 bis Jänner 2024 mehrmals pro Monat
a./ durch Versetzen von Schlägen mit der flachen Hand gegen ihren Kopf sowie mit diversen Ruten und einer Fliegenklatsche gegen ihren Kopf, Rücken und ihre Finger vorsätzlich am Körper zu verletzen versuchte;
b./ durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper zu einer Handlung, nämlich der Nennung des Namens eines der Geschwister, nötigte, indem er „unter Vorhalt einer Rute oder eines Wanderstocks deutete, er werde die Kinder schlagen, sollte kein Name genannt werden“;
2./ gegen seinen Sohn S* A*, geboren am * 2014, indem er ihn im Zeitraum von Jänner 2019 bis Jänner 2024 mehrmals wöchentlich
a./ durch Versetzen von Schlägen mit der flachen Hand gegen dessen Kopf, Gesicht und Gesäß, wobei er ihn dabei teilweise festhielt, um ein Ausweichen/Weglaufen zu verhindern, sowie mit diversen Ruten und einer Fliegenklatsche gegen dessen Rücken, Beine, Gesäß und Finger am Körper vorsätzlich teils verletzte „(Hämatome am Gesäß)“, teils zu verletzen versuchte;
b./ durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper zu einer Handlung, nämlich der Nennung des Namens eines der Geschwister, nötigte, indem er „unter Vorhalt einer Rute oder eines Wanderstocks deutete, er werde die Kinder schlagen, sollte kein Name genannt werden“;
3./ gegen seinen Sohn Le* A*, geboren am * 2016, indem er ihn im Zeitraum von Jänner 2019 bis Jänner 2024 mehrmals wöchentlich
a./ durch Versetzen von Schlägen mit der flachen Hand gegen dessen Kopf, Gesicht und Gesäß, wobei er ihn dabei teilweise festhielt, um ein Ausweichen/Weglaufen zu verhindern, sowie mit diversen Ruten und einer Fliegenklatsche gegen dessen Rücken, Beine, Gesäß und Finger am Körper vorsätzlich zu verletzen versuchte sowie durch Ziehen an den Ohren am Körper vorsätzlich misshandelte;
b./ durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper zu einer Handlung, nämlich der Nennung des Namens eines der Geschwister, nötigte, indem er „unter Vorhalt einer Rute oder eines Wanderstocks deutete, er werde die Kinder schlagen, sollte kein Name genannt werden“.
Rechtliche Beurteilung
[3]Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5a sowie 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
[4] Die Mängelrüge (nominell Z 5a, der Sache nach Z 5 dritter Fall) ortet einen „logischen Widerspruch im Urteil“, weil das Erstgericht von der Glaubwürdigkeit der Zeugin L* A* ausgegangen sei, obwohl es „Teile [ihrer] Aussage“ (in Bezug auf die von ihr behauptete Zerstörung eines Kastens durch den Angeklagten) nach Vorlage von Lichtbildern als widerlegt angesehen habe. Mit diesem Vorbringen wird ein nichtigkeitsbegründender (hier: in den Beweiswerterwägungen gelegener) Widerspruch im Sinn der Z 5 dritter Fall (vgl hiezu RISJustiz RS0119089) allerdings nicht dargetan. Denn die Urteilspassagen, den Angaben des Opfers in einem (zudem keine entscheidende Tatsache betreffenden) bestimmten Punkt zwar nicht zu folgen, dessen Aussagen jedoch im darüber hinaus gehenden Umfang (insbesondere in Bezug auf das geschilderte Tatgeschehen) – aufgrund näher bezeichneter beweiswürdigender Erwägungen (vgl US 6 ff) – als glaubwürdig anzusehen (US 9), können nach den Kriterien der Logik und Empirie nebeneinander bestehen.
[5] Soweit sich die Tatsachenrüge (Z 5a) mit dem Hinweis auf eine „in weiten Teilen übertriebene“ Aussage der Zeugin L* A* gegen die erstgerichtlichen Annahmen zu deren Glaubwürdigkeit richtet (US 6 ff), verfehlt sie den gesetzlichen Bezugspunkt des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (vgl RISJustiz RS0099649).
[6]Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) releviert zu 1./, 2./ und 3./ des Schuldspruchs das Fehlen von Feststellungen, „ob“ der Angeklagte „zum Zeitpunkt der einzelnen gesetzten Tathandlungen“ einen „Vorsatz auf die Fortsetzung der Gewaltausübung“ auch „in der Zukunft“ hatte. Sie übergeht dabei jedoch prozessordnungswidrig die erstgerichtlichen Konstatierungen (RIS-Justiz RS0099810), wonach er es „bei sämtlichen der [im Urteil näher dargestellten – US 3 ff] Übergriffe“ ernstlich für möglich hielt und sich billigend damit abfand, „auf diese Weise“ gegen seine drei unmündigen Kinder „regelmäßig und wiederholt wie festgestellt“, nämlich „mehrmals pro Monat“ (1./) bzw „mehrmals wöchentlich“ (2./ und 3./), jeweils „länger als ein Jahr hindurch fortgesetzt“ Gewalt auszuüben (US 6). Weshalb diese Sachverhaltsannahmen nicht zur rechtsrichtigen Subsumtion ausreichen sollten (siehe im Übrigen Schwaighofer in WK 2StGB § 107b Rz 27 und Winkler , SbgK § 107b Rz 112 zu den Feststellungserfordernissen in Bezug auf die subjektive Tatseite), vermag die Beschwerde nicht darzulegen (RISJustiz RS0099620).
[7]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
[8]Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.