12Os67/25g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17. September 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Oshidari, Dr. Setz-Hummel LL.M., Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi PMM in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Hinteregger in der Strafsache gegen * T* und andere Angeklagte sowie in der Verbandsverantwortlichkeitssache der C* GmbH wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Beschwerde des * T* gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. Mai 2025, GZ 124 Hv 3/22b 1019, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Gründe:
[1] Im Verfahren AZ 124 Hv 3/22b des Landesgerichts für Strafsachen Wien wurde die C* GmbH (im Folgenden: C*) mit – in gekürzter Form ausgefertigtem (RISJustiz RS0131921) – Urteil dieses Gerichts als Schöffengericht vom 28. März 2025 (ON 1000) gemäß § 3 Abs 1 Z 1 und Abs 2 VbVG wegen dem Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB unterstellter Straftaten, die ihr Entscheidungsträger (§ 2 Abs 1 Z 3 VbVG) * T* rechtswidrig und schuldhaft zu ihren Gunsten begangen hatte, verantwortlich erkannt und zu einer (bedingt nachgesehenen) Verbandsgeldbuße verurteilt (ON 1000 S 8, ON 1001). Weiters wurde hinsichtlich der C* gemäß § 20 Abs 1 und 2 StGB iVm § 12 Abs 1 VbVG der Verfall eines Geldbetrags und von Goldbarren angeordnet (vgl Oberressl in Birklbauer/Oberressl/Wiesinger, VbVG § 22 Rz 63)
[2] Mit Eingabe vom 31. März 2025 (ON 1005) meldete * T* als „Angeklagter/Haftungsbeteiligter“ Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das über die C* ergangene Urteil vom 28. März 2025 an.
[3]Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 1019) wies das Landesgericht für Strafsachen Wien diese Rechtsmittelanmeldung gemäß „§ 285a Ziffer 1, 2 und 3 StPO“ mangels Rechtsmittellegitimation zurück.
Rechtliche Beurteilung
[4] Gegen diesen Beschluss richtet sich die (rechtzeitige und zulässige; vgl Ratz , WKStPO § 285b Rz 2) Beschwerde des * T* (ON 1024) mit der Behauptung, er sei als faktischer Machthaber und Entscheidungsträger sowie als Haftungsbeteiligter rechtsmittellegitimiert.
[5] Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
[6]Gemäß § 285a Z 1 StPO hat das Landesgericht, bei dem eine gegen ein Endurteil gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet wird, diese (ua dann) zurückzuweisen, wenn sie von einer Person eingebracht wurde, der die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zukommt.
[7]Die Anfechtungslegitimation eines Angeklagten beschränkt sich stets auf das über ihn selbst ergangene Urteil (vgl § 282 Abs 1 StPO; Oberressl, ÖJZ 2020/99, 823). Zwar ist der die Verantwortung des Verbandes begründende – hier – faktische Entscheidungsträger iSd § 2 Abs 1 Z 3 VbVG kraft der ausdrücklichen Anordnung des § 17 VbVG als Beschuldigter zu laden und zu vernehmen (vgl Stricker/Haumer in Birklbauer/Oberressl/Wiesinger, VbVG § 17 Rz 3 f, 16); darüber hinausgehende prozessuale Rechte der natürlichen Person im Verfahren gegen den belangten Verband, etwa die Möglichkeit der Anfechtung des über den Verband ergangenen Urteils, sieht das Gesetz jedoch nicht vor (vgl 13 Os 52/17x).
[8]Das Urteil über den belangten Verband kann wiederum von diesem mit Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft werden (§ 24 VbVG iVm § 282 Abs 1 StPO; Rebisant in Birklbauer/Oberressl/Wiesinger, VbVG § 24 Rz 37). Der Verband handelt durch seine zur Vertretung nach außen berufenen Organe (vgl § 16 VbVG), somit im Fall einer – wie hier – Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch die Geschäftsführer; diese üben für den Verband die prozessgestaltenden Beschuldigtenrechte (vgl § 13 Abs 1 letzter Satz VbVG; Haslwanter in Birklbauer/ Oberressl/Wiesinger, VbVG § 13 Rz 17 f) aus und können auch entsprechende Rechtsmittelerklärungen für den Verband abgeben ( Moringer/Lukas/Kollmann in Birklbauer/ Oberressl/Wiesinger,VbVG § 16 Rz 8; Stricker/Haumer in Birklbauer/Oberressl/Wiesinger, VbVG § 17 Rz 17 f). Einem faktischen Geschäftsführer kommt hingegen keine Außenvertretungsbefugnis für den Verband zu; er kann demnach auch keine wirksamen Prozesserklärungen für den Verband abgegeben ( Stricker/Haumer in Birklbauer/Oberressl/ Wiesinger, VbVG § 17 Rz 17).
[9] Zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Verbandsurteil war * T* als (bloß) faktischer Geschäftsführer (vgl ON 1000 S 1, S 4, S 8) somit nicht befugt.
[10]Gemäß § 11 VbVG ist für Sanktionen und Rechtsfolgen, die den Verband treffen (vgl hiezu Eckert/Wess in Birklbauer/Oberressl/Wiesinger, VbVG § 11 Rz 4 f), ein Rückgriff auf den Entscheidungsträger ausgeschlossen. Insofern kommt * T* auch nicht die Stellung eines rechtsmittellegitimierten Haftungsbeteiligten (§ 64 StPO) zu.
[11]Die Zurückweisung der gegenständlichen Rechtsmittelanmeldung erfolgte demnach zu Recht, sodass der dagegen gerichteten Beschwerde (§ 285b Abs 2 StPO) – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – keine Folge zu geben war.