15Os64/25p – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10. September 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Sadoghi und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Rechtspraktikantin Schurich LL.M., LL.M. im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung der * E* in einem forensischtherapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 12. März 2025, GZ 50 Hv 20/25k 22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Text
Gründe:
[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Antrag der Staatsanwaltschaft auf strafrechtliche Unterbringung der * E* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB abgewiesen.
[2]Dem Antrag zufolge habe die Betroffene am 11. und 12. Februar 2024 in R* unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, nämlich einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus (F60.31), einer Anpassungsstörung mit Störung anderer Gefühle (F43.22), einer rezidivierenden depressiven Störung (F33.0) sowie einer langzeitlich bestehenden, rezidivierenden intermittierenden explosiven Störung (F23.8), sohin im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB)
I. zwei Polizeibeamte mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich ihrer Verbringung in das Landeskrankenhaus R* zu hindern versucht, indem sie in Richtung des Schienbeins eines Beamten und gegen das linke Schienbein des anderen Beamten trat;
II. durch Versetzen von Tritten mehrere Polizeibeamte während der Vollziehung ihrer im Urteil bezeichneten Aufgaben vorsätzlich am Körper zu verletzen versucht,
sohin mit einem Jahr übersteigender Freiheitsstrafe bedrohte Taten begangen, die ihr außerhalb dieses Zustands (zu I.) als Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB und (zu II.) als Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB zugerechnet würden (ON 14).
Rechtliche Beurteilung
[3]Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – keine Berechtigung zukommt.
[4]Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist stets der Ausspruch des Gerichts über entscheidende, im Verfahren zur Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB sohin für das Erkenntnis über die Begehung und die Subsumtion der (Anlass-)Tat einschließlich der Zurechnungs (un)fähigkeit bedeutsame Tatsachen (RIS-Justiz RS0135227; Haslwanterin WK² StGB Vor §§ 21 – 25 Rz 8). D ie Anklagebehörde verlässt den Anfechtungsrahmen dieses Nichtigkeitsgrundes (RISJustiz RS0106268), indem sie die Begründung der Gefährlichkeitsprognose als unvollständig, nicht nachvollziehbar und teils widersprüchlich (Z 5 zweiter, vierter und dritter Fall) beanstandet.
[5]Gleichfalls bloß einen Berufungsgrund zeigt die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) mit der gegen die Verneinung der hohen Wahrscheinlichkeit einer Prognosetat (US 5) gerichteten Kritik auf (vgl RIS-Justiz RS0118581). Dass diese – auf der Basis der aus den gesetzlich angeordneten Erkenntnisquellen (Person, Zustand der Rechtsbrecherin und Art der Tat) gebildeten Feststellungsgrundlage – willkürlich (RIS-Justiz RS0113980 [T7]) erfolgt wäre, wird von der Beschwerde nicht nachvollziehbar behauptet.
[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits beinichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).