JudikaturOGH

6Ob234/24s – OGH Entscheidung

Entscheidung
Finanzierungsrecht
13. August 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer Zeni Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. P* N*, vertreten durch Kosch Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei S* AG, *, vertreten durch Pacher Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 260.146,44 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 7. November 2024, GZ 16 R 139/24i 26, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die beklagte Bank gewährte einer Kommanditgesellschaft (in der Folge: Gesellschaft), die in wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen investierte, diese sanierte und die Beteiligungen dann wieder veräußerte, einen Kredit über 2,5 Mio EUR. Der Kläger war Kommanditist dieser Gesellschaft und Geschäftsführer zu sanierender Gesellschaften.

[2] Der Kläger begehrt den Klagsbetrag als Schadenersatz bzw aus dem Titel der unrechtmäßigen Bereicherung. Die Beklagte habe eine von ihm zur Besicherung eines Gesellschaft Kredits verpfändete Spareinlage in Höhe von 260.000 EUR unberechtigt realisiert, indem sie nach Zahlung eines Abschlagsbetrags anderer Gesellschafter von 1,4 Mio EUR gegenüber der Gesellschaft auf den restlichen Kreditsaldo verzichtet und daher die Hauptschuld im Zeitpunkt der Realisierung nicht mehr bestanden habe. Damit sei das Pfandrecht erloschen gewesen.

[3] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab .

Rechtliche Beurteilung

[4] Die außerordentliche Revision des Klägers , die keine erheblichen Rechtsfragen iSd §502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist nicht zulässig :

[5]1. Der übereinstimmende Parteiwille ist die oberste Norm des Vertrags. Die Auslegung nach dem objektiven Erklärungswert, nach der redlichen Verkehrssitte, kommt erst dann in Betracht, wenn eine Willensübereinstimmung der Parteien nicht feststellbar ist (RS0017811). Daher verliert der objektive Erklärungswert seine Bedeutung, wenn sich die Parteien in der Sache einig sind. Es gilt dann ihr übereinstimmender Wille, gleichgültig, ob die Ausdrucksmittel diesen Willen nach objektiven Kriterien zutreffend wiedergeben (RS0014005). Erst wenn eine übereinstimmende Parteiabsicht nicht als erwiesen gilt, darf der Gehalt einer schriftlichen Willenserklärung im Wege der rechtlichen Beurteilung durch Auslegung ermittelt werden (RS0017783).

[6] 2. Nach den Feststellungen warf die Beklagte dem Kläger vor, die Rückführung des der Gesellschaft gewährten Kredits schuldhaft vereitelt zu haben . In einem darüber geschlossenen außergerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Kläger gegenüber der Beklagten, ein Sparbuch über 260.000 EUR als persönlichen Beitrag „zur weiteren Besicherung bzw teilweisen Reduktion“ des Kreditobligos zu verpfänden. Im Gegenzug erklärte die Beklagte, sämtliche Ansprüche gegenüber dem Kläger als bereinigt und verglichen anzusehen. Beiden Parteien war dabei klar, dass es sich bei dem „verpfändeten“ Sparbuch nicht um eine weitere Sicherheit für den Kredit der Gesellschaft handelte, sondern um einen Eigenbetrag des Klägers, um den Schaden der Bank durch den als sehr wahrscheinlich angesehenen Kreditausfall zu verringern. Wenn die Schadenshöhe aus dem Kreditausfall festst ehen würde , sollte das Sparbuch, begrenzt im Umfang dieses Ausfalls, von der Beklagten realisiert werden.

[7] 3. Das Berufungsgericht war der Ansicht, der Kläger und die Beklagte hätten das Sparbuch als Eigenbetrag des Klägers zur Schadensreduktion des als sehr wahrscheinlich anzunehmenden Kreditausfalls verwenden wollen. Es habe nach dem übereinstimmenden Parteiwillen der Verpflichtung des Klägers zur A bdeckung des als Schaden angesehenen Kreditausfalls gedient. Letzterer habe nach Verwertung sämtlicher Kreditsicherheiten und nach Berücksichtigung der Zahlungen anderer Gesellschafter 508.000 EUR betragen. Das Sparbuch des Klägers sei vereinbarungsgemäß zur teilweisen Abdeckung dieses Ausfalls verwendet worden.

[8] 4. Diese Auffassung steht im Einklang mit den erörterten Rechtsprechungsgrundsätzen und bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof. Soweit die Revision den festgestellten Parteiwillen bezweifelt, wendet sie sich in unzulässiger Weise gegen die im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfbare Beweiswürdigung der Vorinstanzen.

[9] Der Beurteilung des Berufungsgerichts steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte im Zuge der Vereinbarung mit anderen Gesellschaftern über Zahlungen von 1,4 Mio EUR durch diese auf das Kreditobligo auf die sodann noch verbleibende Kreditforderung gegenüber der Gesellschaft verzichtet hat . Warum es dadurch zu einer Vergrößerung des Kreditausfalls gekommen sein sollte, legt die Revision nicht dar und ist auch sonst nicht erkennbar. Vielmehr wurde festgestellt, dass ohne diesen Teilverzicht die weitgehende Reduzierung des Kreditobligos auf restliche 508.000 EUR nicht erreicht werden hätte können, weil die anderen Gesellschafter sonst nicht zu den vereinbarten (freiwilligen) Zahlungen bereit gewesen wären .

[10] 5. Ausgehend von der nicht korrekturbedürftigen Ansicht des Berufungsgerichts, hatte die Vereinbarung der Streitteile gerade keine Verpfändung des Sparbuchs als Sicherheit für den Kredit der Gesellschaft zum Inhalt. D amit kommt der in der Revision als erheblich angesehenen Rechtsfrage, ob eine Durchbrechung des Akzessorietätsprinzips durch einen Schulderlass gegenüber dem Hauptschuldner „unter Vorbehalt der [ Haftung der ] Pfandsache“ zulässig sei, im vorliegenden Fall keine Relevanz zu.