JudikaturOGH

12Os91/25m – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. August 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. August 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. SetzHummel LL.M., Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Artner in der Strafsache gegen * W* wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 36 Hv 155/24d des Landesgerichts Wiener Neustadt, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO vom 18. September 2024, GZ 36 Hv 155/24d-21.3, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Staatsanwalt Mag. Lang, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 36 Hv 155/24d des Landesgerichts Wiener Neustadt verletzt der zugleich mit dem Urteil dieses Gerichts vom 18. Dezember 2024 gefasste Beschluss insoweit, als damit vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 4. September 2024, GZ 48 Hv 81/24k26.3, gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 erster Satz StGB.

Dieser Beschluss wird im Umfang des Ausspruchs der Verlängerung der Probezeit ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

[1] * W* wurde mit sogleich in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 4. September 2024, GZ 48 Hv 81/24k 26.3, mehrerer Vergehen schuldig erkannt und zu einer Zusatzfreiheitsstrafe verurteilt, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

[2]Mit weiterem, in gekürzter Form ausgefertigtem (§ 270 Abs 4 StPO iVm § 488 Abs 1 StPO) Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 18. Dezember 2024, GZ 36 Hv 155/24d 21.3, wurde W* wegen einer am 24. August 2024begangenen Tat der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB sowie des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 [erster Fall] StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.

[3]Zugleich fasste die Einzelrichterin – soweit hier von Bedeutung – gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO den Beschluss auf Absehen vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 4. September 2024, GZ 48 Hv 81/24k 26.3, gewährten bedingten Strafnachsicht und verlängerte die diesbezügliche Probezeit auf fünf Jahre (US 2). Dieser Beschluss erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Rechtliche Beurteilung

[4] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht der Beschluss auf Verlängerung der Probezeit mit dem Gesetz nicht im Einklang:

[5]Gemäß § 53 Abs 1 erster Satz StGB kommt der Widerruf einer bedingten Strafnachsicht – abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen des § 53 Abs 1 letzter Satz StGB – nur bei einer Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung in Betracht (RISJustiz RS0112811). Wird die bedingte Strafnachsicht in einem solchen Fall nicht widerrufen, so kann das erkennende Gericht die Probezeit bis auf fünf Jahre verlängern (§ 53 Abs 3 erster Satz StGB; § 494a Abs 6 StPO).

[6] Die dem in Rede stehenden Beschluss unterliegenden Vergehen wurden am 24. August 2024, somit vor Rechtskraft des Urteils des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 4. September 2024, GZ 48 Hv 81/24k26.3, und demzufolge auch vor Beginn der zu jenem Verfahren bestimmten Probezeit (§ 49 erster Satz StGB) begangen. Der Beschluss verletzt daher das Gesetz in § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 erster Satz StGB.

[7]Die aufgezeigte Gesetzesverletzung wirkt im Umfang der Verlängerung der Probezeit zum Nachteil der Verurteilten. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher veranlasst, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

[8]Von der aufgehobenen Entscheidung rechtslogisch abhängige Entscheidungen und Verfügungen gelten damit gleichfalls als beseitigt (RIS-Justiz RS0100444).