12Os78/25z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 5. August 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. SetzHummel LL.M., Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Artner in der Strafsache gegen * C* wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 erster Satz StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Jänner 2025, GZ 114 Hv 142/24y 63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung im Übrigen kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 erster Satz StGB (A./) und des Vergehens der Amtsanmaßung nach § 314 erster Fall StGB (B./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 1. August 2024 in W* in einverständlichem Zusammenwirken mit zwei unbekannten Mittätern
A./ mit Gewalt gegen eine Person unter Verwendung einer Waffe * A* eine fremde bewegliche Sache mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen oder abzunötigen versucht, indem ihn die unbekannten Mittäter festhielten, der Angeklagte zunächst ein Schweizer Taschenmesser hervorholte, die Hosentasche des A* durchsuchte und ihn aufforderte, ihm sein Handy zu übergeben, und sodann mit dem Messer zustach, wobei der Genannte durch die ausgeübte Gewalt schwer (§ 84 Abs 1 StGB) in Form einer 18 Zentimeter langen und vier Zentimeter tiefen klaffenden Schnittwunde am rechten Unterarm sowie einer zwei Zentimeter langen Schnittverletzung am rechten Mittelfinger verletzt wurde;
B./ sich die Ausübung eines öffentlichen Amtes angemaßt, indem der Angeklagte dem A* einen gefälschten Polizeiausweis vorzeigte, er und die Mittäter sodann behaupteten, von der Polizei zu sein und ankündigten, eine Personendurchsuchung vornehmen zu wollen.
Rechtliche Beurteilung
[3]Die dagegen aus Z 3, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.
[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 3) ist ein Aufruf zur Urteilsverkündung im Gesetz nicht vorgesehen. Dass diese unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt sei, behauptet die Beschwerde im Übrigen (zu Recht – vgl ON 62 S 2) nicht.
[5]Die von der weiteren Rüge vermisste Übersetzung der Angaben des Zeugen A* stellt keinen Verstoß gegen eine Vorschrift dar, deren Einhaltung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit anordnet (vgl den Katalog des § 281 Abs 1 Z 3 StPO; vgl Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 9.80 f). Die Kritik, der Angeklagte wäre bei entsprechender Information über den Inhalt der Aussage des Zeugen in die Lage versetzt worden, gezielte Fragen und Beweisanträge zu stellen, muss daher auf sich beruhen. Einen auf Übersetzung des Aussageinhalts gerichteten Antrag (vgl § 281 Abs 1 Z 4 StPO) hat der anwaltlich vertretene Angeklagte im Übrigen nicht gestellt.
[6]Die weitere Rüge (Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) bezweifelt der Sache nach den Einsatz des Messers als Raubmittel (§ 143 Abs 1 zweiter Fall StGB). Sie geht aber prozessordnungswidrig (RISJustiz RS0099810) an den Konstatierungen vorbei, wonach der mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz handelnde Angeklagte dem Opfer die im Urteil beschriebenen Gegenstände durch das Zustechen mit dem Messer wegnehmen oder abnötigen wollte (US 5 f).
[7]Nach den weiteren Feststellungen litt das Opfer aufgrund seiner Verletzungen 21 Tage an leichten und weitere fünf Tage an mittelstarken Schmerzen (US 5). Weshalb diese Konstatierungen die Annahme der qualifizierenden Raubfolge (§ 143 Abs 2 erster Satz StGB) einer schweren Köperverletzung in Form einer mehr als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung (§ 84 Abs 1 erster Fall StGB) nicht tragen sollten, wird nicht klar. Damit kann der Einwand fehlender Feststellungen in Bezug auf das vom Erstgericht herangezogene Tatbestandsmerkmal einer Berufsunfähigkeit im Sinn des § 84 Abs 1 zweiter Fall StGB auf sich beruhen.
[8] Die gegen den Schuldspruch B./ gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Feststellungen dazu, ob sich der Angeklagte beim Vorzeigen des „Polizeiausweises“ behördliche Autorität anmaßen wollte. Solcherart lässt das Rechtsmittel aber erneut prozesswidrig den genau darauf abstellenden Urteilssachverhalt unberücksichtigt. Danach bezog sich der Vorsatz des Angeklagten darauf, dass es sich beim Polizeiberuf um ein öffentliches Amt handelt (US 6).
[9]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Dies gilt auch für die im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehene (bloß angemeldete – ON 62 S 33) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (§ 283 Abs 1 StPO; RISJustiz RS0098904). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung im Übrigen (§ 285i StPO).
[10]Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.