JudikaturOGH

15Os51/25a – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
16. Juli 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Juli 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Dr. Haslwanter LL.M., Dr. Sadoghi und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Artner in der Strafsache gegen * V* wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 letzter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9. Jänner 2025, GZ 18 Hv 118/24a 63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Strafausspruch und gegen den Privatbeteiligtenzuspruch werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * V* der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 letzter Fall StGB (I./) und der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (II./1./) sowie der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (II./2./), der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II./3./) und der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (II./4./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er R* Vi*

I./ im September 2023 in N* durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper zu einer Unterlassung, die besonders wichtige Interessen der genötigten Person verletzte, nämlich zur Abstandnahme von der Aufnahme einer Beziehung zu einem anderen Mann zu nötigen versucht, indem er, nachdem er sie zuvor zu Boden gestoßen hatte, ankündigte, dass er sie umbringen werde,

II./ am 8. September 2024 in B*

1./ außer den Fällen des § 201 StGB mit Gewalt zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er sie an einem Oberarm erfasste, sie festhielt und kraftvoll zudrückte und sie mit den Fingern seiner anderen Hand im Bereich der unbekleideten Vulva berührte,

2./ mit Gewalt zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Verständigung der Polizei genötigt, indem er sie mit einer Hand am Hals erfasste und würgte und ihr mit seiner anderen Hand das Mobiltelefon aus der Hand riss,

3./ durch die unter Punkt 2./ dargestellte Handlung vorsätzlich am Körper verletzt (anhaltende Schmerzen beim Schlucken),

4./ dadurch geschädigt, dass er eine fremde bewegliche Sache, nämlich ihr Mobiltelefon dauernd aus ihrem Gewahrsam entzog, ohne die Sache sich oder einem Dritten zuzueignen, indem er nach der zu Punkt 2./ beschriebenen Tat mit dem Mobiltelefon die Wohnung des Opfers verließ und das Gerät wegwarf.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die gegen dieses Urteil aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.

[4] Entgegen de m zu II./ des Schuldspruchs erstatteten Rechtsmittelvorbringen sind die Entscheidungsgründe weder undeutlich (Z 5 erster Fall) noch unvollständig (Z 5 zweiter Fall) oder widersprüchlich (Z 5 dritter Fall). Die Videoüberwachungsaufnahmen, aus welchen ersichtlich ist, dass sich der Angeklagte am Tattag lediglich von 7:19 Uhr bis 7:25 Uhr im Tatortbereich aufhielt, haben die Tatrichter entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) nicht unberücksichtigt gelassen (US 9). Der Rechtsmittelwerber argumentiert bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung, indem er ausführt, sämtliche als Zeugen vernommenen Hausbewohner hätten nur Wahrnehmungen über einen Streit gemacht, die Zeugin R* Vi* hätte diesen gegenüber zunächst nur die Wegnahme des Handys erwähnt und die als Zeugen vernommenen Kinder des Opfers D* Vi* und V* Vi* wären unglaubwürdig (RIS-Justiz RS0099649 [T1, T15]).

[5] Das weitere Vorbringen zu II./, das Schöffengericht hätte zur „Durchführung einer nachvollziehbaren Chronologie der Ereignisse anhand der Videoaufnahmen, der erforderlichen Fahrtzeiten und Wegstrecken“ einen Abgleich mit den vorhandenen Zeugenaussagen und den Angaben des Angeklagten durchführen müssen, übt neuerlich bloß unzulässige Beweiswürdigungskritik (vgl im Übrigen US 8 ff).

[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Das gilt auch für die ausgeführte Berufung gegen den Ausspruch über die Schuld (vgl § 283 Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung betreffend den Strafausspruch und den Privatbeteiligtenzuspruch (§ 285i StPO).

[7] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.