10Nc17/25v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Nowotny als Vorsitzenden, sowie den Vizepräsidenten Hon. Prof. PD Dr. Rassi und den Hofrat Dr. Annerl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *, vertreten durch Mag. Barbara Freundorfer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei *, vertreten durch Dr. Walter Müller und andere, Rechtsanwälte in Linz, wegen 62.400 EUR und Feststellung (Gesamtstreitwert 69.400 EUR), über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird anstelle des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz das Landesgericht Wels bestimmt.
Text
Begründung:
[1] Die Klägerin macht vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz gegen die beklagte Haftpflichtversicherung mit Sitz in Graz Schadenersatzansprüche wegen eines behaupteten Behandlungsfehlers in einem Welser Spital geltend.
[2] In ihrer Klagebeantwortung stellt die Beklagteden Antrag, die Rechtssache aus Zweckmäßigkeitsgründen an das Landesgericht Wels zu delegieren (§ 31 Abs 1 JN). Sie weist darauf hin, sämtliche behandelnden Ärzte und Pflegekräfte, die Klägerin und die von der Klägerin beantragte Zeugin würden in Oberösterreich wohnen.
[3] Die Klägerin sprach sich gegen die Delegierung aus. Sie verwies auf den Sitz der Beklagten in Graz. Zudem habe das angerufene Gericht die Bestellung von zwei Grazer Sachverständigen ins Auge gefasst.
Rechtliche Beurteilung
[4]Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung bzw Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit ( RS0046333 [T4, T6, T22]). Ob eine Delegierung zweckmäßig ist, ist daher anhand einer – auf Basis der absehbaren Beweisaufnahme erstellten – Prognose über den zukünftigen Verfahrensverlauf einzuschätzen. Zweckmäßigkeitsgründe sind etwa der Wohnort (Sitz) der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen sowie die Befundaufnahme des Sachverständigen vor Ort ( RS0046540 ; RS0053169 [T12]).
[5] Die von der (durch Linzer Rechtsanwälte vertretenen) Beklagten beantragte Delegierung ist nach dem bisherigen Beweisanbot vor diesem Hintergrund zweckmäßig, weil sie beiden Parteien den Gerichtszugang erleichtert und das Verfahren verbilligt.
[6] Für sämtliche bisher für die Parteien oder Zeugeneinvernahme konkret namhaft gemachten Personen werden kürzere Anreisewege und Fahrtkosten bewirkt. Sowohl die Klägerin als auch die von der Beklagten beantragten fünf Zeugen sind im Sprengel des Landesgerichts Wels wohnhaft bzw dort beschäftigt. Die von der Klägerin beantragte Zeugin wohnt im Sprengel des Landesgerichts Linz, also ebenfalls in Oberösterreich. Zum Gesundheitszustand der Klägerin beantragte diese ein medizinisches Sachverständigengutachten. Dazu kann ein Sachverständiger aus Oberösterreich beigezogen werden, dessen Fahrtkosten anlässlich der Untersuchung der Klägerin und Erörterung in geringerer Höhe zu erwarten sind.
[7] Abgesehen vom Sitz der (die Delegierung beantragenden) Beklagten gibt es bei allen im Verfahren involvierten Personen (einschließlich der Parteienvertreter) keinen Bezugspunkt zum Sprengel des angerufenen Gerichts.
[8]Der Delegierungstatbestand nach § 31 Abs 1 JN ist hier erfüllt, weshalb die Rechtssache an das Landesgericht Wels zu delegieren ist.