2Ob91/25h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richterin und weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am * 2021 verstorbenen J*, wegen Feststellung des Erbrechts zwischen den Antragstellern 1. M*, 2. H*, 3. D*, Erst bis Drittantragstellerin vertreten durch Dr. Wolf Heistinger, Rechtsanwalt in Wien, 4. H*, 5. T*, 6. G*, 7. M*, 8. A*, vertreten durch Putz Haas Riehs Hilbert Rechtsanwälte OG in Wien, 9. M*, 10. A*, 11. H*, Zehnt und Elftantragsteller vertreten durch Dr. Nina Ollinger, Rechtsanwältin in Purkersdorf, 12. R*, 13. M*, vertreten durch Nagler Rechtsanwalts GmbH in Wien, 14. A*, und 15. D*, Vierzehnt- und Fünfzehntantragsteller vertreten durch Dr. Nina Ollinger, Rechtsanwältin in Purkersdorf, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erst bis Drittantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. März 2025, GZ 43 R 734/24w 147, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1]1. Nach § 579 Abs 2 Satz 1 ABGB (in der hier nach § 1503 Abs 7 Z 5 ABGB anzuwendenden Fassung des ErbRÄG 2015) haben bei einem fremdhändigen Testament die Zeugen, deren Identität aus der Urkunde hervorgehen muss, auf der Urkunde mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeugen hinweisenden und eigenhändig geschriebenen Zusatz zu unterschreiben.
[2] Die Nichtanführung der in den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 688 BlgNR 25. GP 9 f) genannten Kriterien zur Identifizierbarkeit der Testamentszeugen („Geburtsdatum, [Berufs ]Adresse“) führt nicht automatisch zur Ungültigkeit des Testaments. Das Gesetz schreibt nämlich nur vor, dass die Identität der Zeugen aus der Urkunde hervorgehen muss. Wann dies jeweils der Fall ist, sagt das Gesetz nicht und ist daher nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen ( 2 Ob 86/21t Rz 18 f;RS0133647).
[3]2. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 579 Abs 2 Satz 1 ABGB muss die Identität der Zeugen aus der Urkunde selbst hervorgehen. Es reicht nicht aus, wenn die Zeugen aufgrund anderer Umstände identifiziert werden können. Ob die Testamentszeugen den Erbansprechern bekannt sind, ist damit nicht entscheidend. Allerdings ist die Identifizierung eines Testamentszeugen auch allein anhand seiner lesbaren Unterschrift oder auch einer unlesbaren Unterschrift im Zusammenhang mit der lesbaren Angabe seines Namens (zB in Maschinschrift) möglich. In beiden Fällen liegt mit der Unterschrift (genauer: mit dem Schriftzug) ein aus der Urkunde selbst hervorgehendes Identitätsmerkmal vor, das durch Schriftvergleich die Identifizierung des Zeugen ermöglicht. Dafür kann auch der eigenhändige Zeugenzusatz herangezogen werden ( 2 Ob 139/20k Rz 19 f).
[4] 3. Das Rekursgericht hat den ihm nach dieser Rechtsprechung des Fachsenats zukommenden Entscheidungsspielraum nicht überschritten, wenn es eine unleserliche Unterschrift des dritten Testamentszeugen ohne jeglicheAngabe zur Identität dieses Zeugen in der Urkunde selbst als zur Erfüllung der Formvorschrift des § 579 Abs 2 Satz 1 ABGB nicht ausreichend ansah.